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RB: Also ich
merke, Sie sind große Fans und Anhänger des Komparsenspiels.
Warum sind Komparsen die besseren Schauspieler Herr Wetzel?
UW: Jaa sie
spielen natürlich keine Rolle im optimalen Fall, sondern
sie spielen sich selbst. Und wenn das Casting funktioniert,
wenn die Figuren typgerecht ausgewählt sind, dann sollen
sie auch nicht wie ein Schauspieler agieren, sollen sich
nicht in die Rolle eines anderen versetzen und diese kleinen
Fehler die immer angekreidet werden in en Gerichtsshows,
da stottert ja jemand und der ist ja so hölzern... ich
mein, das ist die Realität!
RB: Gibt es
noch mal im Alltag so Situationen wo Leute zu Ihnen kommen
und sagen: "Mensch Sie haben doch gestern den Fall
gehabt......"
RH: Ja, ja
toll ist das. Der kommt immer wenn ich in den Laden gehe
und dann ".... Sie haben doch gestern die Fall gemacht,
da war doch dieser Typ, der war ja schrecklich, der ist
ja über Leichen gegangen, das ist ja entsetzlich, den musste
man ja geradzu scharf bestrafen..."
RB: Jaaa, es
war aber nur ein netter Komparse.
AH: Da kann
ich Ihnen 'ne Begegnung erzählen die auch zugleich zeigt,
dass wir eben nicht immer übertreiben, sondern im Gegenteil.
Es ist ja auch oft so, wir nehmen uns auch weit weit zurück
weil wir vielen gar nicht senden können. Ich hatte 'ne
Begegnung mit 'nem Taxifahrer, ich steig' ins Taxi ein
und der dreht sich um und sagt: "Sie hatten doch vor
vier Tagen diesen Fall von dem Taxifahrer dem der andere
Taxifahrer hinten ins Auto gefahren ist, weil der dem die
Frau ausgespannt hat." Und da hab' ich gedacht, jetzt
kommt genau wieder diese Frage.... ähm sind den die Fälle,
gibt's denn solche Fälle wirklich?.....
Wissen Sie was der gesagt hat? "Wissen Sie was? Das
hat hinten und vorne gestimmt! Ich bin der Taxifahrer!
Der ist mir nicht einmal hinten reingefahren, der hat mich
den ganzen Nachmittag durch die ganze Stadt verfolgt und
bei sechs verschiedenen Gelegenheiten ist der mir 6x hinten
reingefahren!" .... Und jetzt kommt eben der Punkt
wo wir uns oft auch zurück nehmen müssen .....
RB: ..... und
hat er dem auch wirklich die Frau ausgespannt....
AH: .... ja
ja... und jetzt kommt aber die traurige Wendung an der
Geschichte und er sagt: " .... und er hat mich dann
noch 14 Tage malträtiert und nur belästigt und als ich
ihm die Polizei geschickt hab, hat er sich mit Benzin übergossen
und jetzt liegt er im Koma!"
Also die Fälle im realen Leben sind leider oft viel viel
krasser, oft abstruser, oft lustiger aber oft auch grausamer.
RB: Es geht
ja trotzdem, wenn man sich so die Sendungen anguckt ja
zwischendurch emotional hoch her bei Ihnen, ne?! Also gerade
im Jugendgericht, da sind natürlich auch Typen die mal
wirklich das Herz auf der Zunge tragen.... Wir haben ein
paar Szenen mal zusammengeschnitten: "Die
Emotionen im Gerichtssaal"
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Tja, das war doch ein wunderbarer Querschnitt dessen
was da passiert. Passiert das tatsächlich so, müssen Sie
manchmal körperlich dazwischengehen?
BS: Ich selber bestimmt
nicht....
UW: Dafür haben
wir den Wachtmeister....
RB: Da kommt
dann der Wachtmeister um die Ecke!
BS: Also ich hab
auch im wirklichen Leben schon einen Stuhl fliegen sehen,
einen Tisch fliegen sehen, so isses nicht: Also wenn man
Strafrecht macht, oder wie ich in der großen Strafkammer.....
da passiert schon 'n bisschen was.
RH: Ich hab'
auch schon mal 'ne Kugel an mir vorbeisausen......
RB: Was haben
Sie?? 'Ne Kugel an... im Gerichts...... also noch mal:
Sie alle waren Richter, damit die Zuschauer das auch wirklich
verstehen. Alle fünf waren Richter, d.h. es ging so emotional
bei Ihnen zur Sache?
RH: Nein,
da ist 'ne Schießerei im Nachbarsaal gewesen und die Kugel
flog durch die Wand durch und an meinem Kopf vorbei und
dann in den nächsten Saal.....
RB: Sind die
Wände von Justitia so aus Pappe? Das hatte ich mir nicht
so vorgestellt! Wirklich so knapp vorbei?
RH: Ja, wirklich,
ja.
RB: Das muss
ein riesen Schrecken gewesen sein. Sie wussten gar nicht
was los ist.
RH: Nein, ich
hab' erst hinterher Pudding in den Knien bekommen, weil's
so schrecklich war. Zunächst hab' ich erst gar nicht verstanden
was eigentlich passiert ist und....
RB: Was ist
denn passiert im Nebensaal?
RH: In dem
Saal war was ganz Schreckliches. Da hat n' Vater..... äh
der Sohn war verbrannt worden, weil er im Drogenhandel
verwickelt war und der Vater kam in den Gerichtssaal und
hat den Angeklagten versucht zu erschießen. Aber versucht......
er hat fast mich getroffen.
RB: Woll'n wir
bisschen bei den Klischees mal bleiben. Also es gibt ja
gewisse Klischees was Ihre Arbeit betrifft. Herr Hold,
Sie gelten als der Quotenträchtige, weil Sie so der Mann
für's Grobe sind. Warum sind Sie der Mann für's Grobe?
AH: Das glaub'
ich nicht, dass ich der Mann für's Grobe bin - im Gegenteil....
RB: So wirken
Sie auch gar nicht auf mich irgendwie heute. Sie wirken
so mild, ausgleichend......
AH: Ich hab'
das auch einmal irgendwo in der Zeitung gelesen, die mir
nicht so gewogen war. Ich glaub' an sich bin ich eher der,
der versucht - also das ist mir ein persönliches Anliegen
- ähm möglichst viel Recht und Rechtsprechung zu erklären,
ja. Also wir haben ja die seltene Gelegenheit - die Justiz
arbeitet ja gut, aber sie hat wenig Möglichkeiten es in
der Öffentlichkeit so darzustellen. Wir haben jetzt jeden
Tag die Möglichkeit vor 2 bis 3,5 Mio. Zuschauern wieder
mal 'ne Kleinigkeit zu erklären. Mal isses warum Selbstjustiz
nicht gut ist - also bei dem einen Fall wo grad hier der
Angeklagte ausflippt - da ist der 10 Sekunden ausgeflippt,
aber am Ende, da hab ich 3,5 Minuten erklärt warum Selbstjustiz
letzten Endes nicht geht.
RB: Ja aber
da sind wir auch beim wichtigen Punkt. Es ist Nachmittagsprogramm,
d.h. viele Kinder, viele Jugendliche schauen zu.... gibt
es Tabuthemen?
FE: Natürlich, jede
Menge
RB: Welche zum
Beispiel
FE: Wir können viele
Dinge nicht zeigen und wenn wir sie thematisieren, muss
man sie ganz ganz vorsichtig thematisieren. In der Prime
Time würde natürlich - was beim Strafgericht ja auch immer
sein muss - bei jeder Vergewaltigung bei jedem Mord, da
muss ja im Einzelnen geklärt werden in welche Körperöffnungen,
wie oft, von wem wie wo; bei uns - wenn überhaupt - heißt
es: er hat mich angefasst. Das reicht ja auch vollkommen
um die Geschichte zu erzählen, nämlich um ein Kind dazuhaben
z.B. das missbraucht worden ist, oder eine Ehefrau, da
reicht es ja vollkommen, dass die einmal von ihrem Mann
zusammengeschlagen worden ist. Ich brauche nicht den typischen
Fall von einer Frau die 3, 4,5, 6, 7 Jahre lang einmal
die Woche ins Krankenhaus geprügelt worden ist. Es geht
mir ja nur um die Geschichte, um dieses Schicksal; und
das kann man ja auch aufzeigen, wenn man einfach diese
Situation viel viel harmloser ähm konstruiert. Da muss
man nicht all diese blutigen schrecklichen Details.....
RH: ... ja
harmloser, aber mehr Andeutungen macht. Wir können nicht
alle Einzelheiten die wir im Gerichtssaal aufklären müssen....
können wir im Fernsehen nicht zeigen.
AH: Wir haben
aber 'n riesen Vorteil auch. Wir haben den riesen Vorteil,
dass im Gerichtssaal passieren diese Dinge ja nicht, sondern
äh deshalb werden sie ja auch nicht gezeigt. Also in jedem
Krimi sehen Sie diese ganzen schrecklichen Gewaltszenen
in der Regel und bei uns werden sie ja nur thematisiert,
aufgearbeitet. Das ist ja der große Unterschied. |
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