» "Zusammenfassung "Todesfahrt" vom 24.04.03 «

Todesfahrt

Die achtjährige Maja stirbt bei einem Autounfall. Der Unfallfahrer, ein millionenschwerer Baulöwe, begeht Fahrerflucht. Er wird ermittelt, kommt aber schließlich mit einer Bewährungsstrafe davon. Schockiert reagieren die Eltern des Kindes öffentlich auf dieses Urteil, das ihnen zu milde erscheint. Monate später gerät Majas Vater Wolfgang Lenner daher unter einen schwerwiegenden Verdacht: Er soll aus Rachegefühlen einen beinahe tödlichen Anschlag auf den Bauunternehmer Heinrich Zerch verübt haben. Der Baulöwe wurde von einem maskierten Autofahrer vorsätzlich gehetzt und brutal angefahren. Seit dieser Tat sitzt der Bauunternehmer im Rollstuhl. Hat Wolfgang Lenner tatsächlich auf so brutale Weise für den Tod seiner Tochter Rache genommen? Die Anklage gegen ihn lautet: versuchter Totschlag.

Zunächst ein kurzer Rückblick: Der betrunkene Baulöwe kann seinen Wagen nicht unter Kontrolle halten, fährt das Kind des heutigen Angeklagten an und begeht Fahrerflucht. Er hat das Kind einfach im Straßengraben liegen gelassen. Dort fand es die Mutter kurze Zeit später, zu spät. Maja starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus.
Der Vater kam mit dem Tod seiner Tochter nicht zurecht. Er verfolgte den Baulöwen monatelang, startete immer wieder neue Aktionen, um den Baulöwen stets an jenen schrecklichen Vorfall zu erinnern. Dieser inspiziert eines Tages eine Baustelle. Ein Maskierter Mann lauerte ihm dort in seinem eigenen Mercedes auf. Der Wagen rast auf ihn zu und quetsch ihn zwischen Mauer und Auto ein.


» Alexander Hold: »

Heinrich Zerch verlor bei diesem Anschlag beide Beine. Alles deutete darauf hin, dass Wolfgang Lenner, der Vater der getöteten 8-jährigen Maja, sich an Heinrich Zerch rächen wollte. Ein klassischer Fall von Selbstjustiz. Es mag nachvollziehbar sein, dass Eltern, die ihr Kind durch die Schuld eines anderen verlieren, einen unbändigen Hass hegen. Es darf sie aber niemals soweit bringen, die Bestrafung selbst in die Hand zu nehmen. In einer Gesellschaft, die das duldet würden Faustrecht und Chaos herrschen. Der 35-jährige Gärtner Wolfgang Lenner musste sich wegen versuchten Totschlags an Heinrich Zerch vor Gericht verantworten.

» 1. Verhandlungstag: »

Der Angeklagte macht dem Opfer noch immer zum Vorwurf, seine Tochter totgefahren zu haben: "Sie haben sie liegen lassen, wie ein Stück Vieh." Bei sofortiger Hilfe, hätte das Kind überleben können. Die ihm vorgeworfene Tat aber bestreitet er. Er sei zur Tatzeit am Grab seiner Tochter gewesen.
Bei dem damaligen Verfahren habe er das heutige Opfer beschimpft, dass dieser noch nicht genug bestraft sei und dass er sich ärgern würde, dass es die Todesstrafe nicht mehr gibt, hält ihm die Staatsanwältin weiter vor.
Eine gütliche Regelung habe er ihm angeboten, mischt sich nun der Baulöwe ein, welcher als Nebenkläger auftritt. Die 100.000,- DM habe er doch nur angeboten, um beim Prozess gut da zu stehen, unterbricht ihn der Angeklagte.
"Außerdem, Sie sind doch noch jung genug, sie können doch noch genug Kinder bekommen", meint nun das Opfer dem Angeklagten vorhalten zu müssen. Dieser reagiert äußerst erbost über diese Äußerung.
Die Staatsanwältin hält dem Angeklagten vor, den Baulöwen verfolgt und ihn mit verschiedenen Aktionen belästigt zu haben. Des Weiteren habe ihn ein Zeuge am Tatort gesehen. Die Maske, die der Täter trug, sah zudem genauso aus, wie die Maske, welche das Kind an jenem 28. Februar trug. Jede seiner Racheaktionen fand an einem 28. statt und auch das Opfer wurde an einem 28. angefahren. "Meine Aktionen zielten nur auf Erinnerungen, nie auf Zerstörung"

» Alexander Hold: »

Heinrich Zerch war am 05. Juli 1995 wegen des Unfalls mit der kleinen Maja zu einer Bewährungsstrafe von 2 Jahren, einer Geldbuße von DM 80.000 und 3 Jahren Fahrerlaubsnisentzug verurteilt worden. Im Grunde herrscht bei allen deutschen Gerichten Einigikeit darüber, dass jemand, der einen Verkehrsteilnehmer verletzt und sich dann vom Unfallort entfernt - ohne sich um den Verletzten zu kümmern - im Regelfall zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt werden sollte. Allerdings muss jeder Angeklagte nach seiner persönlichen Schuld beurteilt werden. Nur wer alle Informationen aus erster Hand hat, weil er in der Hauptverhandlung dabei war, kann diese Schuld bewerten. Natürlich erschien Maja's Eltern das Urteil zu milde für den Mann, der ihr einziges Kind getötet hatte.

» 1. Zeugenvernehmung: »

"Das war der schlimmste Tag meines Lebens", beginnt der Baulöwe mit seiner Aussage. Er habe die Baustelle inspiziert, wie üblich 2 Tage vor der Übergabe. Da er wegen dem tragischen Unfall damals seinen Führerschein abgeben musste, lässt er sich immer fahren, diesmal von seiner Tochter. Diese wollte ihn später wieder abholen. Auf der Baustelle habe er niemanden gesehen. Als er in die Tiefgarage kam, leuchteten plötzlich die Scheinwerfer seines Wagens auf. Der Wagen fuhr auf ihn zu. Er lief los. Als er nicht mehr konnte, habe er sich in einer Nische versteckt. Der Täter gab gas, fuhr auf ihn zu, quetschte ihn zwischen Wand und Wagen ein und verlies dann zu Fuß den Tatort. "Der hat mich einfach liegen lassen, der Idiot" Er erlitt so schwere Knochen und Weichteilverletzungen unterhalb und an den Knien, dass ihm beide Beine oberhalb der Knie amputiert werden mussten.
Den Täter habe er nicht direkt erkannt, nur an der Maske.
Die fragen des Verteidigers, ob ein Konkurrent oder jemand aus der Familie ein Motiv haben könne, weist er entschieden zurück: "Niemand hat einen Grund mir etwas anzutun". So etwas würde nur einem Kranken einfallen. Er berichtet von einigen Racheaktionen des Angeklagten - Einmal lagen ein Kinderfahrrad und eine Lebensgroße Puppe in seiner Einfahrt. Einmal sei ihm ein maskiertes Kind in der Stadt hinterher gelaufen. Ein andermal habe er die halbe Firma mit Postern von seinem Kind beklebt …
Von einer Anzeige habe er abgesehen, da ihm der damalige Prozess schon genug geschadet habe und die Familie Lenner eh schon die Bevölkerung auf ihrer Seite habe.

» 2. Zeugenvernehmung: »

Die Ehefrau des Angeklagten wusste nichts von seinen Aktionen: "Sonst hätte ich ja versucht, ihn davon abzuhalten". Die ihm vorgeworfene Tat traute sie ihm nicht zu. An sonsten kann sie nur vom tragischen Tod ihrer Tochter berichten. Diese sei wie jedes Jahr beim Kinderfasching gewesen. Doch diesmal kam sie nicht nach Hause. Sie habe ihre Tochter gesucht und sie schließlich regungslos am Straßenrand gefunden. "Sie hatte sogar noch ihre Maske auf". Sie habe den Notarzt gerufen, doch es war zu spät. Das Kind verstarb auf dem Weg ins Krankenhaus.

» 3. Zeugenvernehmung: »

Die Tochter des Baulöwen bestätigt, ihren Vater am Tattag zur Baustelle gefahren zu haben. Dies mache sonst ihr Bruder, der aber an jenem Tag krank war. Kaum war sie wieder zu Hause, sah sie den Angeklagten am Haus vorbei gehen. Er müsse das Auto ihres Vaters geklaut haben. Gesehen habe sie es aber nicht. "Aber wer hätte es denn sonst gewesen sein?"
Als sie sich auf den Weg machte ihren Vater abzuholen, bemerkte sie, dass dessen Auto nicht da war. Zunächst habe sie vermutet, ihr Bruder sei damit losgefahren, um sich Medikamente zu besorgen. Als sie am vereinbarten Treffpunkt ankam, war ihr Vater nicht da. Sie suchte ihn und fand ihn schließlich in der Tiefgarage. "Das war so furchtbar, mein armer Papa." Sie rief sofort den Notarzt.
"Haben Sie wirklich geglaubt, dass sie mit dem Tot meines Vaters den Tot ihres Kindes wieder wett machen können?" richtet sie sich nun verständnislos an den Angeklagten. Schließlich hätte ihr Vater alles wieder gut machen wollen.
Nun mischt sich die Ehefrau des Angeklagten ein. 100.000,- DM seinen doch kein Ersatz für das Kind "Sie sind doch kein Deut besser als Ihr Vater."

» 4. Zeugenvernehmung: »

Der Sohn des Opfers und Juniorchef in der Firma, ist sich sicher, dass der Angeklagte den Autoschlüssel geklaut haben muss. An dem Tag, als der Angeklagte die Poster seiner verstorbenen Tochter in der Firma aufhängte, habe er ihn beobachtet, wie er zwischen den Mänteln in der Garderobe gewühlt habe.
Für die Aktionen des Angeklagten zeigte er kein Verständnis. Seinem Vater habe er immer nahe gelegt, die Polizei ein zu schalten, doch dieser weigerte sich.

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