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Johannes B. Kerner am 06.06.2003

Kerner: Aber Ihre Sendung ist doch Schauspiel....

A. Hold: Die anderen, aber ich.....

Kerner: Wenn man Sie da sieht an Ihrem Schreibtisch ja, und man guckt sich das Bild an... ähm es gibt ja so Leute die machen so Bilder-, Fehlersuche ja, und man guckt sich dies Bild an wie Sie da sitzen.. und das Erste was mir aufgefallen ist, ist dass die Bücher falschrum stehen.

A. Hold: Und das ist natürlich ein schrecklicher Fehler womit wir die Justiz ganz schrecklich in den Kakao ziehen....

Kerner: Nein, nein, das ist einfach nur lustig....

A. Hold: Ja, ja aber Moment mal. Ich spiel ja kein Buch in diesem Moment und ich sitz' ja auch nicht verkehrt herum da und ich spiel kein Buch. Und die Frage ist was ich mache, also ich stell' mich so dar wie ich dort auch ja....

Kerner: Die Buchrücken hier.. was was ist das... sind das Gesetztestexte oder was?

A. Hold: Der Dritte, der Dritte, der nicht mehr drauf ist der steht andersrum...

G. Neumann: Herr Kerner, das ist teilweise eine Reklamefrage, da müssen 'se ehrlich sein.

A. Hold: Ich wär' übrigens....

Kerner: Eine Reklamefrage????

G. Neumann: Ja sicher....

A. Hold: Ich wär' übrigens.....

Kerner: Was Schönf... wie heißen die Schönfelder, Satorius, Beck'sche Gesetzestexte und......

A. Hold: Ich wär' übrigens sehr gerne nach den Tabuthemen gefragt worden ja..

Kerner: Ja bitte, nur zu. Bitte anworten Sie drauf.

A. Hold: ...... ich bin nämlich der Meinung wir haben da schon 'ne Verantwortung äh und es gibt bei uns ganz klar Tabuthemen, vor allem wenn's Kinder betrifft natürlich, ja. Also ich denke wir sollten nichts machen wo wir Kinder dann mit der Problematik alleine lassen. Mit 'ner familiären Problematik z.B. ....

Kerner: Sie meinen Kinder vor dem Fernseher....

A. Hold: ja, ja... wir haben auch Kinder, die zuschauen und wir sollten sie nicht damit alleine lassen, dass sie das Gefühl haben "Mensch mein Papa könnte vielleicht gefährlich für mich sein, ja weil da ist auch ein Papa gefährlich geworden". Oder alles was Nachahmungseffekte bringt. Aber wir werden dieser Verantwortung aus meiner Sicht auch gerecht. Das darf man bei all dem auch nicht vergessen. Und wenn wir drüber diskutieren wie nah wir jetzt von der Realität weg sind, das ist eine Scheindiskussion.....

B. Salesch: Ja !! Falsch, völlig falsche Diskussion.

A. Hold: .... dann fragen Sie mal 'nen Arzt, fragen Sie 'ne Krankenschwester, fragen Sie den Polizisten. Es ist keine Berufsgruppe dieser Gesellschaft wird so wirklichkeitsnah dargestellt; liegt natürlich auch daran das 'se nicht durch Schauspieler, sondern durch echte Richter dargestellt werden.

Kerner: Richtig authentisch isses natürlich nur in 'ner Talk-Show. Aber wenn Sie schon sagen, dass wir über die Fälle ma reden sollen, dann tun wir das einfach mal. Wenn die geschrieben werden diese Fälle, da sitzen also Drehbuchautoren. Sind da auch Gag-Schreiber dabei??

B. Salesch: Äh Gag brauch ich nicht, die mach' ich meistens selber, aber die ähm bei uns schreiben viel die Redakteuere selber.

Kerner: Das müssen aber keine Juristen sein; interessierte Laien.

B. Salesch: Nee, nee, also mittlerweile haben die so eine kriminelle Fantasie, ich find' die klasse.

Kerner: Kriminelle Energie oder Fantasie??

B. Salesch: Fantasie, Fantasie!!! Mit der Energie ham'wer's noch nicht so arg. D.h. wir holen die Fälle meistens aus den Zeitungen, werden aufbereitet. Ich hab' zwei Juristen die dann erstmal mitarbeiten, damit das auch nicht nur eine Geschichte, sondern auch eben eine Geschichte mit 'nem strafrechtlichen Hintergrund wird. Ich brauch' ja hier irgendwo auch 'nen Angeklagten. Ich hab' ja hier keine Allerweltssituation. Ich hab' eine Angeklagtensituation, sonst kann ich ja nicht ein Strafverfahren machen, wenn ich nicht 'nen Bösen hab'.

Kerner: Sie sind die selbe Produktionsfirma...

R. Herz: ....ja, Filmpool.

Kerner: .... insofern wird das da ähnlich gemacht. Wie ist das bei Ihnen?

A. Hold: Die Fälle werden in der Regel auch von der Redaktion dann geschrieben aber ein Großteil ist einfach aus der Presse. Sie können Fälle aus der Presse nehmen, die sind so abstrus.....

Kerner: Aber, aber.... Tatort z.B., da ist alles geschrieben, jedes Wort, jede Bewegung, jede Handlung....

A. Hold: Das ganz und gar nicht, nein das ganz und gar nicht.....

B. Salesch: Nein, Moment.... achso halt das Drehbuch ja. Das Drehbuch ja.

Kerner: Also ich mein das Drehbuch beim Tatort, also bei 'nem Film z.B....

B. Salesch: Denn die Fälle sind.... ich kenne zwei Fälle vom Tatort Original 1:1 aus der Wirklichkeit übernommen, einschließlich Namen.

Kerner: Ja, aber es ist ein Drehbuch geschrieben, jede Bewegung, jeder Wortfetzen ist inszenziert.

B. Salesch: Naja klar, das ist bei uns nicht so. Das geht ja nicht.

Kerner: So, jetzt sagen Sie mal, wenn da jemand reingeht. Also ein Angeklagter, das sind Laien, manchmal Schauspieler, manchmal Laien. Was steht bei denen auf'm Zettel drauf, da steht drauf: heute heiß ich Eva, 33, bin vergewaltigt worden, aber Jürgen darf's nicht gesehen haben und Peter ist erst zu spät nach Hause gekommen......

R. Herz: Genau..., so ähnlich. Genau so. So ähnlich. Genau so. Ja.

A. Hold: Es geht sogar für die Laien ein bisschen weiter, weil das....

Kerner: Das ist ja auch eine klasse Leistung, was die da abliefern.

R. Herz: Ja, das isses auch. Das macht es ja gerade so authentisch, dass manche Leute sogar....

G. Neumann: Bei Sreit um Drei sind es ja Schauspieler, ne.

Kerner: Das ist ja wie in meiner Talk-Show, früher bei Sat1. Das ist ja Orignial das selbe.

B. Salesch: Das macht's für uns auch unheimlich spannend. Und wenn ein Autor alles vorgibt, hat der Autor..... er selber ist meinetwegen 30 und er soll quasi das Reden eines 16-jährigen schreiben. Das wird fürchterlich. Der schreibt heute wie damals ein 16-jähriger geredet hat. Wenn man das jetzt nicht wörtlich vorgibt, dann machen die es selber ja. Also die sprechen ihre eigene Sprache. Der Inhalt muss schon so'n bisschen angelegt sein, denn es gibt auf jeden Fall erstmal so'n Dossier, was ist wirklich passiert. Das muss natürlich erstmal...

G. Neumann: So 'ne Art Verhaltensmuster....

Kerner: Aber, aber dann muss doch für ein Richter auch so ein ein Leitfaden da sein.... da gehe ich dazwischen,

A. Hold: Ja ja, das ist aber nur ein Leitfaden......

Kerner: .....da krieg ich das Fax reingereicht, da prügeln die sich, dann geht der Polizeibeamte dazwischen und am Ende schreien 'se "halts Maauuul"....

A. Hold: Ja, so 'ne Leitfaden gibt's, aber das Spannende ist, .....es hält sich ja keiner wirklich dran. Also z.B. ob da jemand aufsteht, oder ob der nur von hinten mault, das weiß ich nicht. Das wissen auch die Redakteure nicht. Der Darsteller kriegt gesagt: "geh' ruhig aus dir raus wenn dir danach ist" ja...

Kerner: ... weil es ist besser für die Quote

G. Neumann: ..jou, das isses doch...

A. Hold: Tja, Emotionen müssen natürlich gezeigt werden. Das ist ganz klar...

R. Herz: Das ist ja auch nur 'ne halbe Stunde, da muss man ja auch was zeigen, ne.

A. Hold: ... und das Spannende daran ist.... Wir wissen ja nicht was kommt. Ich schreib auch nicht meine Urteile im voraus, sondern ich sag, wenn wir am Ende sind, nach den Plädoyers, ich brauch jetzt 'n paar Minuten - so wie es bei der Justiz auch ist - ich muss mir jetzt mein Urteil überlegen. Ich weiß im voraus nämlich nicht, ob der sich jetzt besonders reumütig oder besonders rotzig darstellt, oder oftmals kommt auch wirklich ein anderes Ergebnis raus, weil die nicht dumm sind und sagen "ich möchte' gar nicht verurteilt werden, ich sag' das ein bisschen anders".

R. Herz: Ja, z.B.... so isses.

Kerner: Herr Mackenroth, jetzt wissen wir, wie diese Geschichten entstehen und wir haben das alle schon mal im Fernsehen gesehen und wir sind alle schon mal hängen geblieben weil wir dann auch wissen wollten wie's ausgeht. Warum .....

B. Salesch: Hoffentlich....

Kerner: Ich schon. Also ich oute mich gerne. Warum sind diese Sendungen so erfolgreich? Sind wir ein Volk von Streithammeln und wollen einfach nur wissen wie die anderen streiten?

G. Mackenroth: Nein, das glaub ich nicht. Also zunächst einmal ist Justiz spannend. Da gibt's ja nun überhaupt keine Frage.

Kerner: Na, dass Sie das sagen ist ja wohl klar. Sie sind ja da alle berufstätig seit vielen Jahren. Da müsste man mal... also das ist keine repräsentative Umfrage, die wir hier machen können

G. Mackenroth: Och, nein, nein, darauf basiert das auch nicht. Also äh spannend ist es durch diese Dramaturgie. Es passiert ja eigentich in jeder Sendung was überraschendes. Ähm wenn die Sache droht langweilig zu werden, oder wenn es jemand versucht zu zappen, dann springt jemand im Zuschauerraum auf, reißt sich 'ne Perücke vom Kopf und outet sich als nichteheliches Kind des Wachtmeisters oder irgend sowas...

B. Salesch: ... eine gute Idee...

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