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Ach, wenn es nach mir ginge, würde in
Umkleidekabinen nur schmeichelndes Kerzenlicht als Beleuchtung
zugelassen. Auf gar keinen Fall wäre ich auf dieses
grelle Neonlicht gekommen, dem man normalerweise in den
Kabinen ausgesetzt wird. Jedes Mal wenn mir eine Hose zu
eng ist und mein Blick zwangsläufig auf meine Hinterfront
gelenkt wird, wird mir eins klar. Mein Hintern wird nicht
kleiner und meine Creme gegen Orangenhaut wirkt auch nicht.
In diesen Momenten bin ich froh, daß es diese Verkäuferinnen
nicht mehr gibt, wie früher. Die kamen nämlich
ohne Vorwarnung einfach in die Kabine gestürmt um
zu fragen, ob es passt oder nicht. Und meistens hatten
sie gnadenlos laute Stimmen, die durch den ganzen Laden
schallten "Also, das ist mindestens eine Nummer zu
klein. Wissen Sie was, ich besorge Ihnen am besten direkt
etwas, daß zwei Nummern größer ausfällt."
Oh nein, in diesen schmachvollen Momenten bin ich am allerliebsten
allein mit meiner Schande. Dort stehe ich nun und versuche
unter schlangenartigen Windungen in die Hose zu kommen,
während ich die Luft anhalte, bis ich ganz rot im
Gesicht werde. Es ist mir vollkommen gleichgültig,
ob die Hose mir die Rippen bricht oder nicht. Hauptsache
ich kriege den Knopf zu. Danach lege ich sie weg und behaupte,
daß die Farbe mir nicht gestanden hat. Bloß
einmal wurde mir das fast zum Verhängnis. Ich bekam
zwar unter Hängen und Würgen die Hose zu. Aber
dann saß die auch fest und der Knopf ließ sich
nicht mehr öffnen. Ich saugte sämtliche Luft
aus meinen Körper und kämpfte und kämpfte
um diesen vermaldeiten Knopft wieder aufzukriegen. Im Spiegel
sah ich wie sich das tomatenrot in meinen Gesicht langsam
in ein häßliches purpurrot verwandelte. Aber
als ich schon fast vor dem technischen K.O. stand, bekam
ich die Hose auf und schwor mir eins.... Nie wieder würde
ich mich auf so einen kindischen Schwachsinn einlassen.
Jeder weiß doch, daß Konfektionsgröße
nicht gleich Konfektionsgröße ist. Ich habe
Kleider in XL gesehen, in denen mein Hamster Platzangst
bekommen hätte und Hosen in 38 angehabt, die mir praktisch
ans Kinn gingen. Also warum drehte ich dann durch, nur
weil eine Hose zu eng war? Blödsinn.... Das nächste
Mal ließ ich die Faxen und knirrschte zwischen fest
zusammengebissenen Zähnen "Die Hose ist zu klein".
Uff, immerhin ein Anfang. Aber das sogar die Superdünnen
ihre Komplexe haben, wurde mir letztens klar, als ich ein
enges Top anprobierte. Ich trat aus der Kabine und diese
superschlanke Frau guckte mich neidisch an und sagte "Was
für ein superschönes Delkoltee" Ich war
so baff, daß ich ihr spontan anbot, ihr etwas abzugeben.
Ich hätte sonstwas dafür gegeben so dünn
zu sein wie sie. Aber da sieht man es wieder. Man selber
ist sich selbst der schärfste Kritiker und zieht sich
oft grundlos runter, während einen andere Menschen
durch viel freundlichere Augen sehen. Also, liebe Deine
Komplexe wie Dich selbst und sag Dir, daß man sich
viel freundlicher behandeln sollte. Warum denn auch nicht?
Schließlich kochen andere doch auch nur mit Wasser.
@cocosgirl
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