» "Zusammenfassung "Mädchen spurlos verschwunden" vom 03.04.03 «

Mädchen spurlos verschwunden

Die 18-jährige Sabine Binder ist verschwunden und ihre Mutter in großer Sorge. Sie glaubt fest daran, dass ihre Tochter Opfer eines Verbrechens wurde. Die Leiche des jungen Mädchens wurde aber nicht gefunden. Ist das Mädchen tatsächlich tot oder hat sie sich ins Ausland abgesetzt?

Wieder gibt es zu Beginn einen kurzen einführenden Film. Ein Sprecher schildert das geschehen. Auch dieser Fall beruht auf wahren Begebenheiten. Dieses Mal geht es um eine Mordanklage, obwohl es keine Leiche gibt. Einen ähnlichen Fall gab es schon beim RAH-Special. Ähnlich allerdings nur auf dem ersten Blick.

» Alexander Hold: »

Sabine Binder blieb verschwunden. Ihre Mutter gab eine Vermisstenanzeige auf, doch ohne Erfolg. Beim lesen von Zeitungsberichten über ein Vergewaltigungsfall vielen Doris Binder die erschreckenden Ähnlichkeiten zum Verschwinden ihrer Tochter auf. Erst ihre Hinweise brachten die Ermittlungen der Polizei entscheidend weiter, so dass in der Strafsache Sabine Binder gegen den 36 jährigen Pharmareferent und Familienvater Christian Scheffler, Anklage erhoben werden konnte. Das Ungewöhnliche an diesem Indizienprozess war, niemand konnte definitiv wissen ob das Mädchen wirklich tot war. Es gab weder ein Lebenszeichen von ihr, noch wurde ihre Leiche gefunden.

» 1. Verhandlungstag: »

Das vermisste Mädchen war mit einer Freundin in der Disco. Von dort aus rief sie ihre Mutter an, dass sie 2 Stunden später als verabredet nach Hause käme. Sie wollte den Bus nehmen, den sie aber verpasste. Daher trampte sie, doch kam nie zu Hause an.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen das verschwunden Mädchen mitgenommen, sie später in seinem Keller vergewaltigt und sie schließlich ermordet zu haben. In jener Nacht wurde er geblitzt, als das Mädchen neben ihm im Auto saß. Unter Verdacht geriet er aber auch aus einen ganz anderen Grund …
Der Angeklagte leugnet die ihm vorgeworfenen Taten. Er habe das Mädchen nur mitnehmen wollen. Unterwegs habe sie erzählt, dass sie erst nach Frankreich und von dort aus nach Südamerika auswandern wollte. Dies habe er ihr sogar noch ausreden wollen. Da ein Nasenstecker der Vermissten in seinem Keller gefunden wurde, konnte er ihren dortigen Aufenthalt nicht leugnen. Sie habe dort lediglich übernachtet. Es käme öfters vor, dass er Anhalterinnen begegnen würde, diese mitnimmt und diese auch schon mal im Keller übernachten. Seine Schwester sei früher auch getrampt, bis sie sexuell Belästigt wurde. Dieses habe er den Mädchen ersparen wollen. Der Vater zweier Kinder ist sich sicher, dass vermisste Mädchen sei am leben und hält sich irgendwo im Ausland auf.

» 1. Zeugenvernehmung: »

Die Mutter des vermissten Mädchens hat ihre Tochter zuletzt beim Frühstück am Tage ihres Verschwindens gesehen. Ihre Tochter wollte zur Schule und anschließend zu einer Freundin. Für den Abend war ein Discobesuch geplant. Ursprünglich wollte sie um 1:00 Uhr zu Hause sein, rief dann aber bei der Mutter an, dass sie spätestens um 3 Uhr zu Hause sein würde. Gegen 5:00 Uhr wachte die Mutter in dem Sessel auf, in dem sie einige Stunden zu vor, auf ihre Tochter wartend, eingeschlafen war. Ihre Tochter war noch nicht zurück. Nachdem sie versucht hatte ihr Tochter auf dem Handy zu erreichen, sich aber nur die Mailbox meldete, rief sie die Freunde ihrer Tochter an. Sie war nirgends zu finden. Schließlich gab sie eine Vermisstenanzeige auf. Doch von der Polizei fühlte sie sich nicht ernst genommen. Die könnten nichts tun, solange kein Verbrechen vorliege und zudem sei ihre Tochter ja schon volljährig.
Einige Tage später erhielt die Mutter einen Brief ihrer Tochter. Sie solle nicht nach ihr suchen, es ginge ihr gut. Die Tochter würde auswandern und die Schule schmeißen.
Es war die Schrift der Tochter. Dennoch zweifelte die Mutter an der Echtheit des Briefes. Dieser war mit "In Liebe deine Tochter" unterschrieben und nicht wie sonst üblich "Dein Bienchen". Durch einen Zeitungsartikel waren der Mutter einige Parallelen zwischen den Verschwinden ihrer Tochter und dem in der Zeitung geschilderten Fall aufgefallen.

Die Staatsanwältin sah keinen Sinn darin, dass die Tochter, trotz Auswanderungsplänen, noch kurz zuvor die Mutter anrief. Aus Sicht des Verteidigers ergab dies schon einen Sinn. Der Anruf sollte die Mutter in Sicherheit wiegen und dem Mädchen einen Vorsprung verschaffen.
Doch, von den Sachen der Tochter fehlte nichts. "Niemand wünscht sich mehr als ich, dass mein Bienchen noch lebt" sagte die verzweifelte Mutter.

» Alexander Hold: »

Auch wenn Doris Binder davon überzeugt war, das ihre Tochter ermordet wurde, es war noch lange nicht bewiesen das ihre Tochter überhaupt tot und Christian Scheffler ihr Mörder war. Denn nur anhand einer Leiche können Rechtsmediziner, Kriminalbeamte und auch die Staatsanwaltschaft wertvolle Spuren sichern, die Rückschlüsse zulassen auf die gesamten Umstände der Tat wie Tatzeitpunkt, Todesursache und den Täter. In diesem Fall musste die Staatsanwaltschaft eine lückenlose Beweiskette aufbauen, die für Richter und Schöffen nur einen Entschluss zuließ: Sabine Binder ist tot und Christian Scheffler hat sie ermordet. Die Verteidigung musste versuchen diese Beweiskette zu durchbrechen. Ein wichtiger Ansatzpunkt hierfür war die Annahme der Staatsanwaltschaft, das sich die Verbrechen zum Teil im Hause der Familie Scheffler zugetragen haben. Aber hätte dann nicht die Ehefrau des Angeklagten, davon etwas mitbekommen müssen?

» 2. Zeugenvernehmung: »

Die Ehefrau des Angeklagten ist von der Unschuld ihres Mannes überzeugt. Er sei 100%ig zuverlässig, ein guter Ehemann und Vater. Einmal jährlich spielt er im Krankenhaus einen Clown für die Kinder dort.
Von den Anhaltern, Mädchen wie Jungs, die gelegentlich auch in ihrem Keller übernachteten, habe sie gewusst. Gesehen hatte sie diese aber nie. Es war ihr egal, solange diese im Keller blieben, der einen separaten Eingang hat. "Seine jüngere Schwester ist mal beim Trampen sexuell belästigt worden ... er wollte die anderen Mädchen nur davor bewahren". Er sei halt ein hilfsbereiter Mensch. Der Keller sei das 'Reich' ihres Mannes, den sie als begabten Handwerker beschrieb. Dort würde er u.a. Aluminiumkisten selbst zusammenbasteln, die er beruflich benötigte. "Christian vergewaltigt keine Frauen! Ich wär doch die erste, die das mitbekommen hätte"

» 3. Zeugenvernehmung: »

Wie bereits erwähnt, gab es einen Zeitungsartikel, der einige Parallelen aufwies. Das Mädchen aus dem Zeitungsartikel ist die nächste Zeugin.

Sie war in derselben Disco, wie das verschwundene Mädchen. Eigentlich wollte sie mit dem Bus nach Hause, aber verpasste diesen. Daher fuhr sie per Anhalter. Ein BMW hielt und sie sah einen Kindersitz hinten im Auto und Babyschühchen am Rückspiegel. Der Fahrer machte einen sympathischen Eindruck. Sie stieg ein. Unterwegs hatten sie sich gut unterhalten. Plötzlich hielt er an und fragte sie, ob auch sie ein komisches Geräusch gehört habe. Der Fahrer stieg aus, ging ums Auto herum, riss plötzlich die Beifahrertür auf und hielt ihr einen Lappen vors Gesicht.
Als sie wieder zu sich kam, fand sie sich in einem Keller wieder. Sie war nackt und gefesselt. Im Mund einen dicken Knebel. Vom netten Familienvater keine Spur mehr. Er habe sie beschimpft und ihr ins Gesicht geschlagen, was ihm scheinbar Spaß machte. "Er hat gesagt, jetzt bist du fällig" Dann habe er sich ein Kondom übergezogen und sei in sie eingedrungen. Sie hatte keine Chance sich zu wehren und hoffte nur, dass es bald vorbei sei. Als er fertig war, habe er sich seelenruhig angezogen und sie allein zurück gelassen. Insgesamt wurde sie dreimal von ihm Vergewaltigt.
Irgendwann kam er wieder zu ihr und sie befürchtete eine erneute Vergewaltigung. Doch, er schnitt ihr die Fesseln durch, drückte ihr einen Stift in die Hand und diktierte, was sie schreiben sollte. Ein Brief an ihre Eltern, in dem sie ihren Selbstmord ankündigte. Anschließend sollte sie sich anziehen und sich dann in den Kofferraum seines Wagens legen. "Er ist total gerast", es kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Dann hielt er an und setzte die Fahrt kurz drauf fort. Schließlich hielt er wieder an und lies sie aus dem Kofferraum. Sie befanden sich mitten im Wald. "Er meinte, so, nun Lauf kleines". Sie sah sein Gewehr und rannte los. Er folgte ihr, jagte sie. Doch sie hatte Glück. Sie konnte entkommen.
Sie wurde von einem Ehepaar am Straßenrand gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Dort wurden erhebliche Verletzungen, vor allem im Genitalbereich festgestellt.
Der Verteidiger warf ein, dass die Zeugin 2 Wochen vor der Tat eine Abtreibung hatte, womit sie nicht fertig geworden sei. "Es wäre doch gut möglich, dass der Suizidversuch gescheitert war". Als sie sich dann im Krankenhaus wieder fand, habe sie Angst bekommen. Der Brief an ihre Eltern war ja schon unterwegs und sie habe befürchten müssen, wegen ihres Suizidversuches in Therapie zu müssen. Daher habe sie diese Geschichte erfunden.
Die Zeugen bestätigte die vorherige Abtreibung, habe aber deswegen keine Depressionen gehabt. "Ich hab doch gar kein Grund mich umzubringen"

» Alexander Hold: »

Die Strategie der Staatsanwaltschaft war klar. Beide Mädchen Vanessa Schmidt und Sabine Binder, waren am Abend des Verschwindens in derselben Diskothek, beide wurden vom Angeklagten als Tramperinnen mitgenommen, beide warn in seinem Keller und von beiden existieren mysteriöse Abschiedsbriefe. Der Versuch des Verteidigers die Schilderung von Vanessa Schmidt als unglaubhaft dazustellen schien wenig überzeugend. Aber hieß das wirklich das Sabine Binder tot war? Selbst wenn es ihr ähnlich ergangen war, konnte sie nicht auch entkommen sein? War es nicht möglich, das sie die Briefe aus eigenem Antrieb geschrieben und sich noch aus ganz anderen, im dunkeln liegenden Gründen ins Ausland abgesetzt hatte? All diese Möglichkeiten muss ein Gericht zweifelsfrei klären, bevor es ein Urteil fällen kann. Wenn nicht reihenweise Unschuldige verurteilt werden sollen, dann reicht es nicht das etwas wahrscheinlich ist, es darf kein vernünftiger Zweifel bleiben. Und ohne Leiche blieben Zweifel.

» 4. Zeugenvernehmung: »

Die Freundin des vermissten Mädchens bestätigt die Aussage der Mutter. Nach der Schule kam sie zu ihr und später waren sie zusammen in jener Disco. Sie habe wohl bemerkt, dass die Zeugin und ihr Freund alleine sein wollten, weshalb sie nicht mit den beiden gemeinsam nach Hause fuhr. Sie wollte, wie schon öfters in der Vergangenheit, den Bus nehmen. Als Freundin wusste sie zu berichten, dass sich die Vermisste von ihrer Mutter eingeengt fühlte. An jenem Tag hatte sie auch noch eine Klausur verpatzt und hatte etwas Angst gehabt ihrer Mutter davon zu erzählen. Diese drängte ihre Tochter dazu das Abi zu machen. Das vermisste Mädchen hingegen hatte andere Pläne. Ihr Traum sei es gewesen nach Südamerika auszuwandern. "Sie hat manchmal darüber gesprochen, aber ich hab es nie besonders ernst genommen" Der Mutter zuliebe spielte sie zu Hause das gehorsame Mädchen.
Auch die Freundin bekam einen Brief von der Vermissten, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass sie nun auswandern würde und es ihr gut ginge. Die Zeugin traute es der Vermissten schon zu, dass diese ihre Auswanderungspläne wahr machen würde "An dem Tag kam ja alles zusammen".

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