20.01.2002

Interwiev

Zum besseren Verständnis....;o)
BS = Barbara Schöneberger - MO = Matthias Opdenhövel - AH = Alexander Hold

Der echte, wahre Richter

BS: Haben Sie schon einmal ein Fehlurteil gefällt, so eins wo man hinterher sagt..
"ooh Sch****, dass hab' ich jetzt total falsch beurteilt".
AH: Oh, mit Sicherheit. Aber dafür gibt's ja in der Regel 'ne 2. Instanz. Und wer halt nicht zufrieden ist, der geht halt in die nächste Instanz.
BS
: Genau, das ist ja dann meist auch sehr vielversprechend.
AH: Ja, das ist sehr vielversprechend. Da sitzen ja dann die Nächsten, noch Schlaueren, die können das ja dann wieder beheben.

MO: Es gibt ja - das hab' ich mir zuflüstern lassen - unter den Richtern auch so
kleine Kniffe wie man Zeugen erwischt. Gibt es da irgendwie so Gesten, Körperhaltung oder wie man mit den Augen rollt, oder so.....
AH: Also zunächst ist es erst mal wirklich 'ne große Erfahrungsgeschicht'. Manchen Leut' da sieht man's wirklich schon an. Oft kriegt man's einfach
auch 'raus, wie jetzt die Sätze kommen, wie die Leute sich winden oder auch nicht. Oder wie bestimmt sie sind. Da gibt's schon so bestimmte Körperhaltungen.
Die Augen zum Beispiel oder was die Leut' mit den Händen und den Fingern machen,
woran man was erkennen kann.
MO: Zum Beispiel???
AH
: Zum Beispiel wo jemand mit den Augen hinsieht. Da kann ich natürlich nicht sagen
im Urteil ...."Du hast nach links oben g'schaut, ich weiß ganz sicher dass Du gelogen hast"... aber es sind so Anzeichen, die man dann in sich aufnehmen muss. Aus der Erfahrung macht man das dann fast automatisch und dir 'nen Anlass geben nachzubohren.
Sicherer ist es natürlich immer noch wenn man einfach auf der Sachebene versucht die Lügen
zu enttarnen. Es gibt viele Möglichkeiten die Leute die lügen, in die Enge zu treiben, Fakten abzufragen, die dann einfach nicht mehr dazu passen, und so halt die Lügen enttarnt.

BS: Ich kann mir ja vorstellen, manchmal sitzt man da und die Leute erzählen einem das Blaue vom Himmel. Muss man da auch ma lachen oder denkt man sich da...."mein Gott, sagt ma, habt ihr nix besseres zu tun...??"
AH
: Also, so arg zum Lachen findet man's meistens dann nicht. Eher wenn die Leut' ma
die Wahrheit sagen als wenn sie lügen. Interessanterweise ist es auch so, dass weniger bei den ganz großen Fällen, bei Mord und Totschlag gelogen wird. Am meisten wird gelogen wenn es irgendwo um 'nen Zivilrechtsstreit mit 1,2,4 oder 500 DM geht; da haben die Leute oft überhaupt kein Unrechtsbewusstsein. Da denkt man halt ma,
na ja...ich lüge um den Prozess zu gewinnen und wundern sich dann, wenn sie dann zum Beispiel im Gerichtssaal gleich festgenommen werden....wegen 'nem Meineid.

DER STUDENT

BS: Wann haben Sie sich dazu entschlossen Jurist zu werden?
AH: Also ich hab' ma angefangen Jura zu studieren, bisschen Politik, bisschen Philosophie. Mit Philosophie kann man kein Geld verdienen. Mit.....ja mit Politik schon, aber nicht mit Politikwissenschaft. Dann hat sich das so ergeben, dass ich Jura dann richtig bis zum Ende mach'. Vor allem es liegt
mir; ich hab' in der Schule am liebsten Deutsch und Mathe und das sind genau die zwei Fächer die man für Jura eigentlich braucht.
BS: Ja ? Warum ?
AH: Analytisches Denken. Jura hat schon so was von Algebra, das analytische abstrahierende Denken und ein bisschen mit Sprache umgehen sollte man
auch dabei.
BS: Wie waren Sie so als Student ? Wie muss man sich das vorstellen? Waren Sie so einer der auch mit Perlohrringträgerinnen befreundet war, Damen mit Einstecktüchern und so...man sagt ja viel schlimmes über die Juristen......
AH: Also ich war ein unheimlich fleißiger Student. Ich hab' zum Beispiel als Bierfahrer gearbeitet, als Vertreter, als Messeverkäufer, als Schreiner, Bauarbeiter und kann deswegen über das Leben am Campus gar nicht soviel sagen.

BS: Aber wir wissen ja doch, das ist ja schon eine ganz schöne Tortour. Ich meine, da muss man ja doch wirklich ernsthaft dafür lernen.
AH: Ja schon, aber es ist anders als die meisten Leute denken. Die meisten
denken, man muss unheimlich viele Gesetze auswendig können; man
muss überhaupt nichts auswendig können. Man muss nur lernen wo man
nachschaut im Grunde. Und das muss man kapieren; das kann man halt
nicht auswendig lernen.
BS: Wenn man sich jetzt "Juristensein" vorstellt, also so als Jugendlicher. Was hat man dann vor Augen?
AH: Zunächst einmal hat man viele Akten in der Regel vor Augen, denk' ich mal. Dann na ja, die Auftritte
vor Gericht, die aber meist eben nicht so sind, wie man sie im Fernsehen sieht. Ernüchternd ist natürlich
so'n normales Zivilverfahren wenn dann ein Anwalt vor Gericht auftritt, dann wird er aufgerufen vom Richter....."und was haben Sie zu sagen"...."ich stell' den Antrag auf'n Schriftsatz vom 5. Januar..."
und der andere sagt"....ich beantrage wie am 7. Januar beantragt"..... ja, und des war's dann schon.
Die Arbeit findet halt hauptsächlich am Schreibtisch statt.
BS: Haben Sie schon 'nen Mord verhandelt ?
AH: Mord hab' ich selber noch nicht verhandelt. Da muss man Vorsitzender von 'ner Schwurgerichtskammer sein. Also da bin ich doch noch etwas zu jung dazu.

Weiter