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Johannes B. Kerner am 06.06.2003

Kerner: Das ist dieses in rotem Plastik eingebundene...

B. Salesch: .....dicke Gesetztessammlung, ja. Also ich mit meinem Schönfelder zum Gericht und saß wirklich vor diesem.... vor dieser Tür und da setzte sich ein Mann dazu und fragte so ... was machste hier... mit dem Schönfelder..... Und ich erzählte ihm diese ganze Geschichte, schimpfte noch .... phf diese Polizeibeamten waren so unfreundlich zu mir, ich hab' doch gesehen, dass die da standen, es konnt' doch nix passieren, das kann doch ma.... dahinter war schon wieder 'ne grüne Ampel.... ich ihm also lang und breit diese Geschichte erzählt und plötzlich war er weg und dann wurd' ich aufgrufen; komm' da rein und sitzt er als Richter dahinter und sagt.... da nimm' ihn und kriegt meinen Führerschein wieder.

Kerner: Also das hat für Sie keine Konsequenzen gehabt.

B. Salesch: Ne....

Kerner: Na, Sie erzählen das so....

B. Salesch: .... die Konsequenz aber, dass war auch das letzt Mal, dass ich äh so ganz bewußt äh....

Kerner: ...wollte grade sozusagen den Moralapostel spielen und sagen jetzt woll'n mal nicht Alkohol am Steuer als Kavaliersdelikt oder als lustige Geschichte da..... Alexander Hold nämlich hat eine ganz dramatische Erfahrung gemacht. Er selbst hat nix getrunken, aber er war verwickelt in ein sch....

A. Hold: Auch mit einem Herren, der wahrscheinlich morgens noch 0,9 gehabt hätte, wenn er den Morgen noch erlebt hätte. Bin von der Produktion heimgefahren - ist jetzt genau ein Jahr her - nachts um 2 auf 'ner Bundesstraße. Man sieht irgendwann ein Licht auf einen zukommen...

Kerner: Sie leben in Kempten und produzieren in München...

A. Hold: ...produziere in München, das sind so ungefähr 150 km. Plötzlich kommt mir ein Licht entgegen und irgendwann werden da ja zwei draus und wenn man rechnet der andere fährt 130, ich fahr' 100, relative Geschwindigkeit von 230; von dem Moment, wenn man zwei Lichter sieht, bis den Moment wo's knallt, sind's echt nur noch Sekunden. Ja, da ist einfach jemand auf meine Spur rübergefahren, ja und nachher hat sich rausgestellt, dass er eben 2 Promille hatte und ich hätte dies niemals in 'nem PKW überlebt. Ich hatte das Glück ich hatte 'n VW-Bus und in diesem Fahrzeug saß ich einfach etwas über dem ganzen Geschehen. Das andere Auto war auch kein Kleines, aber des war nur noch halb so lang und naja, das war nicht so schön dann.

Kerner: Gut, der Fahrer ist ums Leben gekommen bei der....

A. Hold: Ja, ich hab' mich noch befreien können aus meinem Auto und konnte noch raus und hab' ihn auch noch gesehen und mir war klar, dass ich da nicht mehr viel helfen kann.

Kerner: Mmh, also insofern eine sehr traurige, dramatische Erfahrung. Ähm, danach, haben Sie danach Kontakt z.B. zur Familie des Opfers gehabt? Oder macht man sowas überhaupt nicht?

A. Hold: Doch ich hat....

Kerner: Sinnvoll überhaupt sein Verhalten dann besonders zu überdenken weil man ja von berufswegen mit ähnlichen Fällen zu tun haben könnte???

A. Hold: Also das Erstaunliche, jetzt rein vom Ablauf her, äh plötzlich entsteht da ein Film im eigenen Kopf; wirklich auch mit so vielen Bildern pro Sekunde, wie 'n echter Film wäre. Also ich könnte die letzten Sekunden vor dem Aufprall und die ersten Sekunden nach dem Aufprall wirklich jeweils in 20, 30 Bildern schildern.

Kerner: Das ist interessant. Viele sagen sie wissen überhaupt nix, weder vorher noch nacher. Gibt's ja auch.

A. Hold:
Also ich könnte da...phf das würde die Sendung sprengen. Aber wirklich diese Gedanken, die letzten 1, 2 Sekunden wo man sieht es ist nichts mehr zu retten, wo ich mir auch nur noch gedacht hab... Du brauchst über nichts mehr... ich hab noch die Geschwindigkeit addiert, er weit über 100, ich 100, du brauchst dir über nichts mehr Gedanken machen..... nie wieder, ja. Also so viel Zeit hat' ich noch und irgendwann hat' ich das Gefühl....

Kerner: Also Sie hatten gedacht .... jetzt isses vorbei.

A. Hold: Ja ja klar.

Kerner: Ich war in so 'ner Situation nicht, deshalb ist mir das nicht klar

A. Hold: Ich mein das sind ja wirklich... bei dieser Geschwindigkeit. Das geht rasend schnell.

Kerner: Was haben Sie für Verletzungen davon getragen, da bleibt man ja nicht...

A. Hold: Ich hatte, eben durch diesen VW-Bus, ja großes Glück. Ich hatte diese Gurtverletzung durch diesen irrsinnigen Aufprall. Brustbein gebrochen, hier alles (zeigt auf Unterbauch wo der Gurt saß) tief offen vom Gurt, und sonst eben erst ab den Knien abwärts, oder unterhalb den Knien. Also keine Revue-Beine mehr, die hab' ich aber vorher auch schon nicht gehabt. Und ähm am rechten Fuß hab ich halt etwas, was sicher nicht mehr ganz wird, aber es hätte alles ganz anders sein können.

Kerner: Es hätte dramatischer laufen können. Sie Vier, die Sie die Erfahrung haben als Richter Recht zu sprechen im Fernsehen, und als Richter Recht zu sprechen im wirklichen Leben im Gerichtssaal, also konfrontiert zu werden mit Schauspielern oder Laien - ganz je nach dem - oder eben den wirklichen Geschichten, dem echten Leben - was einem ja vergleichsweise näher gehen muss, wenn man dann sieht was für Deliquenten man da sitzen hat. Was ist schwerer Fernsehrichter/in sein oder Richter/in im Amtsgericht, Landgericht im wo auch immer???

B. Salesch: Also von der Arbeitsintensität fand ich's jetzt fast schwerer im Fernsehen Richterin zu sein, weil das einfach schwer ist solch eine Sendung so zu konzipieren, zu entwickeln usw. Aber was mein beruflichen Alltag betrifft - ich war 20 Jahre begeisterte Richterin und äh das ist jetzt ein Ausflug einer erweiterten Richterposition und dann wird man weitersehen.

Kerner: Wie ist es bei Ihnen Herr Neumann??

G. Neumann: Ja ich hab's genossen. Also man hat in dem Sinne keine Verantwortung mehr und man macht das was man ewig gemacht hat und das tolle ist dann, dass man im übrigen nicht dieses richtergbundene Distanzverhalten mit seiner Umwelt mehr einhalten muss, sondern dass man mit Leuten auch - hab' ich ja schon geschildert - richtig auf Du und Du ist und es ist toll.

Kerner: Wie is' für Sie Frau Herz ?

R. Herz:
Es ist was völlig anderes. Es ist schon.... es macht Spaß im Fernsehen. Es ist echter natürlich, also äh äh man hat mehr Macht im Gerichtssaal im wirklichen Gerichtssaal. Man entscheidet über über... in das Leben hinein von Leuten... hier hat man überhaupt keine Macht und das macht nur Spaß.

Kerner: Herr Hold, vorausgesetzt es gibt noch lange den Quotenerfolg dieser Sendung, würden Sie das noch ganz lange machen?

A. Hold: Solange es dem Zuschauer und mir Spaß macht würd' ich's schon noch machen. Es ist nicht so die Glamourwelt wie man vielleicht denkt, es ist wirklich sehr intensive Knochenarbeit, aber so lang mir's Spaß macht.... Um zu der Frage aber vorher noch zu kommen, also ich meine es ist schon was ganz anderes bei der Justiz man..... es ist einem Tag für Tag bewußt, dass man viel viel mehr Verantwortung hat und der jeden Tag jedem Mensch - nicht jedem Fall - sondern jedem Menschen gegenüber gerecht werden muss...

Kerner: ... im wirklichen Leben...

A. Hold: Ja, und deswegen ist es für mich einer der schönsten Berufe die es gibt, aber sicherlich auch der Anstrengendere, natürlich auch der Wichtigere als das was wir im Fernsehen machen

Kerner:
Herr Mackenroth sind Sie nicht in Wirklichkeit stinkesauer, dass Sie nicht auch so 'ne Sendung haben???

G. Mackenroth:
Ich glaub' ich hab' auch bei den Vieren hier 'ne Sehnsucht nach dem wirlichen Gerichtssaal durchspüren können und dass was Herr Hold eben gesagt hat äh ist wahr, wir haben einen der schönsten Berufe die es gibt und ich persönlich bin Richter und kein Schauspieler.

Kerner: Und wenn Sie der verantwortliche Richter wären, der solche Menschen resozialisieren müsste, also zurückführen müsste ans Gericht, würden Sie die nach der Moderatorentätigkeit im Fernsehen alle wieder einstellen?

G. Mackenroth:
Ich glaub' ja. Problemlos. Äh, das Problem bin nicht ich, sondern das Problem sind die Kunden, ob die das noch akzeptieren.

Kerner:
Kunden ist schön gesagt. Das wird schon noch kommen, dass die dann sagen: Frau Salesch das war doch bei Ihnen früher auch so... das woll'n wir doch mal.... he.... naja.

B. Salesch: Ich hab' keinerlei Probleme damit.

Kerner: Dann genießen wir doch einfach den nachmittaglichen Einblick in deutsche Gerichtssäle; ob sie dann ganz genauso sind wie in der Wirklichkeit.... gucken wir lieber da rein und wünschen möglichst wenigen Menschen, dass sie in wirkliche Gerichtssäle reingucken müssen.

Danke für das Gespräch. Schönen Dank für Ihren Besuch in der Sendung: Barbara Salesch, Guido Neumann, Ruth Herz, Alexander Hold und Geert Mackenroth. Im Namen des Volkes, die Messe ist gelesen. Guten Abend.

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by Pega