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Gast: Alexander Hold |
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Bruder Paulus: Zu
Gast ist Alexander Hold, ich bin Priester und bin auch
aktiv natürlich auch als Seelsorger und ich weiß auch,
dass nicht alles nur Frömmigkeit ist was ich mache, es
ist ja auch ein Stück Bedienung der eigenen Seele ein bisschen
Eitelkeit, wenn man dann auch ins Fernsehen geht, sind
Sie auch eitel?
Alexander Hold:
Also ich glaub, wer behauptet dass er überhaupt nicht eitel
ist der schummelt schon bisschen. Jeder Mensch trägt
Eitelkeit in sich und es kommt darauf an dass man sie beherrscht
würde ich sagen.
Bruder Paulus:
Ist Eitelkeit keine Sünde?
Alexander Hold:
Das müssten Sie mir am besten sagen.
Bruder Paulus: Für Sie ist es also
ob, wenn Sie sagen, ich brauch auch Eitelkeit bei meinen
Tätigkeiten?
Alexander Hold:
Ja, ich glaube so´n kleines Maß an Eitelkeit schadet dem
gar nicht, was wir hier in der Öffentlichkeit machen. Wie
gesagt, man muss schauen das die Eitelkeit nicht Oberhand
gewinnt.
Bruder Paulus:
Wie machen Sie das?
Alexander Hold:
Ähm, ich glaub ich bin gut geerdet. Das hängt mit meiner
ganzen Kindheit, mit meinem Ganzen , mit meiner ganzen
Entstehung und Erwachsenwerdung zusammen. Ich glaub dass
ich nicht besonders gefährdet bin.
Bruder Paulus:
Mein Berufserlebnis Kapuziner zu werden war als ich sechzehn
war und zum ersten Mal die Brüder gesehen habe und gedacht
habe: "Das will ich auch machen."
Was war Ihr Berufserlebnis? Sind Sie da schon sehr früh
angefangen, sofort in das Jurastudium reingegangen?
Alexander Hold:
Also, ein regelrechtes Berufserlebnis um Jura zu studieren
gab's eigentlich gar nicht, also das war sehr rational
angelegt....
Bruder Paulus:
Sie wollten viel Geld verdienen?
Alexander Hold:
Nee, dazu gar nicht, da gibts sicher bessere Wege.
Also ich hab zunächst mal überlegt, ob ich nicht Medizin
studieren sollte. Das wär ja unter dem Gesichtspunkt sicher
der bessere Weg gewesen. Ähm, da hatte ich dann Schlüsselerlebnis.
Ich hatte mal 'ne zeitlang im Krankenhaus gearbeitet und
bin drauf gekommen, dass vielleicht doch etwas besser ist,
was meinen Neigungen mehr entspricht. Und ich hab immer
in der Schule, Deutsch und Mathematik waren eigentlich
immer meine Lieblingsfächer. Mit Deutsch und Mathematik
ist man immer perfekt bei Jura aufgehoben, also es war
so ganz rational, was kann ich am besten.
Bruder Paulus:
Medizin, Theologie und Jura sind ja eine alte Trias, nich,
das für die Juristen und die Prister und äh, die Mediziner
waren in den Dörfern immer schon ganz hoch angesehen. Ging
es Ihnen nicht doch immer darum etwas zu tun, äh, wo man
angesehen ist?
Alexander Hold:
So hab ich´s noch gar nicht gesehen, also diese Trias hat
bei mir schon auch immer eine Rolle gespielt. Es gab zwar
auch schon Phasen so mit 13,14,15,16, da war ich nah dran;
da waren es zuerst auch die Kapuziner und dann, dann war
ich sehr stark in der Pfarrgemeinde engagiert, aber irgendwie
war dieser Zug bei mir nicht stark genug und der muss ja
schon stärker sein als bei der Medizin, geschweige denn
stärker als bei der Juristerei. Juristerei ist doch das
was man am ehesten von dieser Trias machen kann, glaube
ich, ohne da ganz aufzugehen.
Bruder Paulus:
Warum? Weil man nur die Gesetze studieren muss?
Alexander Hold:
Nein, weil man, glaube ich, die berufliche Tätigkeit eher
verlassen kann. Im restlichen Leben glaube ich, würde,
hab ich eben festgestellt. |
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Bruder Paulus:
Man muss nicht nur Richter und Rechtsanwalt sein...
Alexander Hold:
Man muss nicht nur Richter und Rechtsanwalt sein...
Bruder Paulus:
....man kann auch Fernsehstar werden?
Alexander Hold:
Zum Beispiel, die Stellen sind dünn gesät.
Bruder Paulus:
Da machen Sie so ein wenig so wie man heute von der Jugend
sagt, die sich ein bisschen alles offen hält, da dachten
Sie sich, wenn ich Juristerei mache, dann kann man immer
noch mal sehen, was daraus werden wird.
Alexander Hold:Ja
genau, so wars eigentlich, so war´s eindeutig. Als Jurist
hat man dann doch ein sehr weites Feld, in dem man entsprechend
tätig werden kann und dass ich Richter werden würde, mei,
das hat sich ja letztenendes erst mit dem Examen entschieden.
Bruder Paulus:
Zehn Fragen zu Ihrer Person. Wir haben schon ein wenig
über Sie geredet. Das Größte Glück in Ihrem Leben?
Alexander Hold:
Meine Frau und mein Sohn, ganz klar!
Bruder Paulus:
Ein prägendes Ereignis Ihrer Kindheit?
Alexander Hold:
Also, ein punktuelles, prägendes Ereignis könnte ich in
der Kindheit gar nicht festmachen. Da gab's sicher so prägende
Lebensumstände. Einzelne Ereignisse, die wie so´n Einschnitt
war, hatte ich eher im erwachsenen Leben. Da könnte ich
ganz klar drei sagen aber.....
Bruder Paulus:
Ihr moralisches Vorbild?
Alexander Hold:
Ein moralisches Vorbild? Och, da tu ich mich schwer. Ich
hab nie nach Vorbildern so ganz gelebt, ich hab Menschen
die mich sehr beeinflusst haben, mein Vater, Onkel und
Großvater. Ein moralisches Vorbild das ist für mich was
Abstraktes eher moralische, moralische Grundsätze.
Bruder Paulus:
Kraft gibt Ihnen?
Alexander Hold:
Kraft gibt mir zur Zeit am allermeisten mein kleiner Sohn
und die Momente, in denen ich ohne meinen Sohn Sport machen
kann.
Bruder Paulus:
Macht bedeutet für Sie?
Alexander Hold:
Macht ist 'ne große Gefahr wenn man sich ihrer bewusst
ist und nicht der Verantwortung bewusst ist!
Bruder Paulus:
Die größte Fehlentscheidung in Ihrem Leben?
Alexander Hold:
Die größte Fehlentscheidung? Ähm, davon gibts einige
und das sind alles Entscheidungen, die ich nicht getroffen
hab, also Gelegenheiten die ich ausgelassen hab, z.B. im
Ausland zu studieren oder solche Dinge.
Bruder Paulus:
Ihr Lieblingsbuch?
Alexander Hold:
Ähm, mein Lieblingsbuch ist die New York Trilogie von Paul
Auster
Bruder Paulus:
Ein perfekter Sonntag ist für Sie?
Alexander Hold:
Da müsste ich ganz eigentlich weit ausholen. Es gibt nicht
den perfekten Sonntag, es kommt auf die ganzen äusseren
Umstände an, aufs Wetter auf die Jahreszeit. Wenn die Jahreszeit,
dass Wetter danach, dann ist es ein Skifahr-Sonntag, wenn
ich ganz früh raus geh, wenn das Wetter ganz mies ist,
dann ganz lang zu Haus bleiben, lange Zeitung lesen und
Frühstücken. In letzter Zeit hab ich so festgestellt dass
es wunderschön ist am Sonntag vor dem Frühstück schon etwas
erledigt zu haben. Z.B. hab' ich den Winter über jetzt
mit Freunden immer die Eishalle gemietet und wir sind um
07:00 Uhr dann schon in die Eishalle zum Eishockey spielen
gegangen und ich bin dann eigentlich zum Frühstück heim
gekommen mit den Semmeln unterm Arm und hatte das Gefühl,
dass der Tag schon super begonnen hat. |
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Bruder Paulus:
Die Beste Entscheidung Ihres Lebens?
Alexander Hold:
Die Beste Entscheidung meines Lebens, meine Frau zu heiraten!
Bruder Paulus:
Sie glauben an.....?
Alexander Hold:
Ich glaube an Gott. Ich glaube daran, dass man sehr viel
im Leben selbst in der Hand hat. Ich glaube, dass man sich
immer bewusst sein muss, dass sehr vieles man im Leben
nicht in der Hand hat und dass man immer bereit dafür sein
muss.
Bruder Paulus:
Sie haben auch angedeutet, diese drei Ereignisse als Erwachsener,
die einschneidend waren.
Alexander Hold:
Das Erste hab ich schon angedeutet: ich hab nach dem Abitur
ein halbes Jahr im Krankenhaus gearbeitet, auch sehr viel
mit Schwerstkranken, und da ist mir sehr vieles bewusst
geworden was auch zu der jetzigen Erdung führt, nämlich
dass man dankbar sein muss, also Demut hab ich da im Grunde
gelernt und auch bei allen was gut läuft im Leben dass
man immer bereit ist und immer weiß, dass kann von heute
auf morgen auch ganz anders kommen.
Bruder Paulus:
Das lateinische Wort für Demut heißt ja Humilitas. Das
hat ja mit Erde zu tun, mit Humus. Mir gefällt das auch
sehr gut. Demut heißt ja nicht sich zu unterdrücken und
klein zu sein, sondern ein realistischen Blick zu haben
und das zweite Ereignis?
Alexander Hold:
Witzigerweise beginnt das zweite Ereignis
mit dem Wort "Humedica". Das ist 'ne Hilfsorganisation
und mit dem Wolfgang Groß, der diese Organisation managt,
war ich gemeinsam in Brasilien und hab sehr sehr viel Elend
gesehen. Wir sind auch sehr stark für Straßenkinder engagiert
und ja, das war wieder so ein einschneidendes Ereignis,
was mir immer Tag für Tag klar macht wie gut wir's haben
und wie verantwortungsvoll man damit umgehen muss.
Bruder Paulus:
Geht mir auch so, wenn ich in der Obdachlosenunterkunft
sitze und dann einfach mal 'ne halbe Stunde mich mit jemanden
zusammen setze und sehe, wie das Leben spielen kann. Dann
wird man sofort wieder froh, dass es bei einem irgendwie
dann doch besser gelaufen ist.
Alexander Hold:
Ja, und eigentlich so im 10 Jahresrhythmus
das Eine. Das erste war so ungefähr mit 20, das Zweite
war ungefähr mit 30. Und das Dritte ist dann eigentlich
schon während meiner Fernsehzeit, als grad so nen Höhenflug
begonnen hat und weiß nicht, vielleicht doch ein bisschen
die Gefahr, dass man sich für unschlagbar und unsterblich
hält, hatte ich 'nen sehr schweren Verkehrsunfall, der
mich wieder zurück geholt hat auf den Boden.
Bruder Paulus:
Wenn Sie daran denken dass so ein Unfall jetzt Ihr Leben
jetzt beeinflusst hat, wie beeinflusst das dass Denken,
wenn man auch so, Sie haben gesagt man hat jetzt einen
Höhenflug , man denkt, so jetzt kann ich alles, jetzt habe
ich's irgendwie geschafft und wohin holt dann so ein Unfall
einen?
Alexander Hold:
Das bewirkt vor allem, dass man bei allen Plänen, bei allen
Zukunftsplänen, bei allen Flausen die man auch irgendwann
mal im Kopf hat, dass man sofort immer wieder denkt: "Hoppalla,
pass mal auf, wer weiß, es kann doch alles ganz anders
kommen." Ja ich, was macht es Sinn, es macht sicher
Sinn, sich Gedanken zu machen, was zum Beispiel mit meinem
Sohn mal in ein paar Jahren ist, aber weiß ich denn, ob
ich wirklich dann noch dabei bin? Also ich glaube
es hilft sehr viel, nicht übermütig zu werden. |
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Bruder Paulus:
Diese Gerichtshows von dem Sie gesprochen haben, diese
Höhenflüge die ansetzen, das kann ich , das geht und jetzt
stehe ich da vor der Kamera und die Leute gucken mich,
Fernsehquoten, Einschaltquoten usw. Was hat Sie gereizt
dahin zu gehen?
Alexander Hold:
Also zunächst hab ich ja in andere Kategorien gedacht.
Ich kam von der Justiz, Einschaltquoten, Fernseherfolg
das war für mich sowieso absolut fremd. Zunächst hat mich
schon gereizt was anderes zu tun, nachdem ich zehn Jahre
bei der Justiz war und vor allem die Möglichkeit zu haben,
Juristerei zu erklären. Juristerei möglichst einfach, möglichst
in verständlicher Sprache zu erklären, den Menschen auch
dieses juristische Gerechtigkeitsdenken näher zu bringen.
Das war mir ganz wichtig, weil ich eigentlich dass was
ich gemacht habe - vor allem in den Medien- eigentlich
nicht so wiedergefunden hab, wie ich´s mir gewünscht hätte.
Bruder Paulus:
Aber ich hab Konzepte zum Beispiel schon gesehen, das Leute
mir gesagt haben, willst Du nicht 'ne Beichtshow machen.
Also zum Beispiel wir wollen eine Show machen mit Beichte.
Das hab ich mir durchgelesen und habe gesehen, nein ich
will das nicht, so sehr ich das möchte, das Menschen sehen
wie Beichte geht oder wie schön Versöhnung ist, ich will
das nicht in der Öffentlichkeit zelebrieren. Haben Sie
nicht beim lesen dieser Konzepte gedacht, das ist doch
eigentlich gar nicht wahr, was da gemacht wird?
Alexander Hold:
Es ist natürlich nicht wahr. Es ist ein fiktionales Programm,
in dem ich aber die Chance, die große Chance hab, die sonst
kaum 'n Jurist hat, den Leuten etwas näher zu bringen.
Ich glaub, da ist 'n himmelweiter Unterschied zu ner Beichtshow.
Ja, also er ist allein, wenn ich mein Urteil verkünde im
Fernsehstudio - und da schütteln Menschen dem Kopf beim
Urteilstenor - und dann ab ich zweieinhalb Minuten Zeit
dieses Urteil zu begründen, was unendlich wenig ist, und
nach den zweieinhalb Minuten nicken die den Kopf, dann
das ist es wert.
Bruder Paulus:
Ja, und ist es denn nicht ein bisschen Fast-Food-Verfahren?
Können Sie dann wirklich Gerechtigkeit und das Komplizierte,
das menschliche Herz, was ja letztendlich jeder Richter
hat, das er letztlich ins Herz der Menschen schauen muss
und nicht nur Gesetze anwenden, sondern auch Gerechtigkeitsspruch
fällen; ist das nicht alles ein bisschen hopplahopp und
schnell nach Drehbuch, also hat das mit Juristerei zu tun?
Alexander Hold:
Wenn mir jemand die Möglichkeit gibt, 'n Urteil in drei
Stunden zu erklären im Fernsehen, dann würde ich das auch
sehr gern machen, wobei es natürlich auch schwieriger und
auch reizvoller ist das in zweieinhalb Minuten oder dreieinhalb
Minuten zu erklären. Aber so ist die Medienwelt und ich
glaub es ist auch kaum mehr einer vor dem Fernseher, wenn
ich mir drei Stunden Zeit nehme.
Bruder Paulus:
Darf man das denn eigentlich schon was zu verkürzen? Also
ich frag mich das ständig! Ich muss ja auch den Glauben
in einer Minute erklären. Ich kanns nicht ganz erklären
und trotzdem mach ich's und denk mir , na ja, ich mach's
damit die Menschen überhapt mal über den Glauben nachdenken.
Tun Sie das dann mit dem Menschen auch...
Alexander Hold:
Ich glaub' da sind wir in einer ganz ähnlichen Position.
Ja natürlich wär's besser ich hätte die Möglichkeit alles
weit auszubreiten, aber die Menschen nehmen sich ja gar
nicht die Zeit die Menschen nehmen sich die Minute oder
nehmen sich bei mir die drei Minuten Zeit und wenn ich
jedem Zweiten ein bisschen was vermitteln kann, dann bin
ich zufrieden.
Bruder Paulus:
Sie waren ja zehn Jahre Praktiker in der Juristerei, jetzt
sind Sie im Fernsehen, wo sehen Sie selber den Unterschied
der zwischen den gespielten Gerichtsverhandlungen als Show
und dem was Sie selber tatsächlich im wirklichen Leben
erlebt haben?
Alexander Hold:
Ähm, manchmal gibts ja diesen Vorwurf, das ist sehr
weit von der Realität entfernt. Ich glaub so gut wie alles
was im Fernsehen da passiert kann auch im echten Leben
passieren. Ich hab letzte Woche erst einen Zeitungsartikel
gelesen der hat begonnen mit dem Spruch - er war über 'nen
Gerichtsprozess - "so etwas kommt normalerweise
doch nur in Gerichtsshows vor". Der Unterschied
ist zum einen, dass der Justizalltag bei weitem nicht so
spektakulär ist, ja. Alles was bei uns im Fernsehen täglich
passiert, passiert einem vielleicht bei der Justiz einmal
im halben Jahr oder so und dazwischen hab ich ganz viele
Fälle die doch immer wieder sehr schematisch und ähnlich
sind. Das ist das eine und das zweite natürlich, bei der
Justiz im echten Leben kann man sich mehr Zeit nehmen,
weil man natürlich nicht in einer Minute alles abgehandelt
haben muss. |
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Bruder Paulus:
Aber ist es nicht dann ein Stück Irreführung des Zuschauers,
wenn Sie gerade jetzt selber auch das sagen, dass die wirkliche
Justiz vielleicht alle halbe Jahre mal einen so spektakulären
Fall hat, dass der Zuschauer letztlich meint - und das
ist ja auch der Bundesbürger der sagt: "Mensch, so
scheint also dann die Justiz zu funktionieren"; und
ich kenne Richter die sagen: "Mensch, der Hold der
macht uns die ganzen Verhandlungen kaputt. Die Leute die
kommen da rein und die hauen da aufeinander ein, weil sie
denken hier sei jetzt eine Show."
Alexander Hold:
Also ich glaub der Vorwurf geht ein bisschen an der Sache
vorbei. Ich war lang genug Praktiker und hab auch sehr
sehr viel Kontakt noch zu anderen Praktikern. Also wer
jetzt behauptet dass er plötzlich einen der Verhandlungen
nicht mehr Herr wird und das auf die Gerichtsshow abschiebt,
der macht sich selber im Grunde lächerlich, die Menschen
die wirklich im echten Leben bei Gericht mit 'nem Fall
kommen, für sie gehts um so viel, sei es ,weil sie
irgendwo ihr Geld nicht bekommen, sei es, weil sie Gefahr
laufen stark bestraft zu werden, die können sehr wohl unterscheiden,
zwischen Fernsehen und Wirklichkeit. Natürlich bildet auch
'ne Gerichtssendung die Wirklichkeit nicht eins zu eins
ab, aber das tut ja Fernsehen nie, Fernsehen ist im besten
Fall, selbst ne Nachrichtensendung, selbst nen Nachrichtenkanal,
inszeniert im besten Falle die Wirklichkeit. Und wenn Sie
heutzutage nen Tatort angucken, da finden Sie auch nie
'nen Ladendieb, ja, da finden sie auch nur immer erst mal
sehr massive Straftaten, fast immer nur Mord und Totschlag
und dann immer in der Konstellation, wie sie in der Praxis
doch ehr selten ist.
Bruder Paulus:
Ja, aber der Richter ist doch eigentlich, ich sag mal,
hät schon mal da gesagt, ein geistlicher Beruf, weil ich
sag immer, die Richter sollen ja nicht Gesetze dort übertragen,
auf einen Fall, sondern sie sollen ja eigentlich mit ganzem
Herzen, die ganze Situation erfassen und sind in ihrem
Urteilsspruch an ihrem Gewissen gebunden. Geht das nicht
manchmal an Ihre Ehre, wenn Sie da vor laufender Kamera,
mal eben schnell da Typen hin, das Drehbuch hat da Typen
hingesetzt, wo man dann sich sowieso die Haare rauft und
denkt: "Du liebes bisschen, also das ist
ja jetzt wider wie zufällig zusammen geschustert, damit
die Show gut aufhört" und Sie sitzen da
mit Ihrer Amtskleidung und dann tun Sie so, als sei das
hier ein originales Gerichtsverfahren, geht das nicht gegen
Ihre Ehre?
Alexander Hold:
Also zum einen im echten Leben bei der Justiz habe ich
natürlich schon Typen erlebt, die man ins Fernsehen gar
nicht bringen könnte, das ist also, das echte leben ist
immer abstruser, als das was wir im Fernsehen machen, nur
das glauben so viele Menschen nicht, und gegen den Strich
geht mir gar nichts, in dem Moment wo ich etwas machen
müsste, was mir gegen den Strich geht, würde ich sofort
aufhören. Ich bin auch im Fernsehen frei in dem was ich
mache, in dem wie ich's mach.....
Bruder Paulus:
Schreiben Sie selber die Drehbücher?
Alexander Hold:
Ich bin daran beteiligt, und Drehbuch heißt ja bei uns
nicht, das Texte festgelegt sind und wie ich mit dem Menschen
umgehe, auch wenn´s Laiendarsteller sind, wie ich am Ende
entscheide, wie ich das Urteil begründe, das schreibt mir
niemand vor, das mach ich wirklich aus dem Innbegriff der
Hauptverhandlung
Bruder Paulus:
Aber müssen Sie dann nicht Ihre Seele verkaufen, wenn Sie
da einfach in einem fiktiven Fall irgendein Urteil fällen
müssen?
Alexander Hold:
Warum bin ich dann ein Seelenverkäufer, wenn ich in einem
fiktiven Fall entscheide? Das hab ich natürlich im Studium
die ganze Zeit gemacht, jede Klausur in 'n fiktiver Fall,
da verkaufe ich doch nicht meine Seele. Es ist viel einfacher
, dem Menschen zu Hause Rechtsprechung und auch die Tatsache
das wir eben nicht Fälle abhandeln, sondern versuchen dem
Menschen gerecht zu werden, anhand von fiktiven Fällen
nahezu, also ich fände es schrecklich, wenn ich im Fernsehen
über echte Menschen und über deren Schicksale urteilen
müsste.
Bruder Paulus:
Sie haben als Jugendrichter gearbeitet und auch jetzt in
ihren Shows sind Jugendliche zu sehen, heute wird ja sehr
viel gesprochen über Jugendkriminalität. Sie haben kriminelle
Jugendliche gesehen, haben auch Jugendliche verurteilt,
wenn Sie heute anschauen, wie Jugendliche sind, wann sind
wohl aus Ihrer Sicht Ursachen für diese Jugendkriminalität,
das Jugendliche aus heiterem Himmel, Leute, auf Leute einhauen,
ausrauben, wie auch immer , wo liegen die eigentlichen
Ursachen aus Ihrer Erfahrung?
Alexander Hold:
Also ich glaube, ganz wichtig muss man voraus schicken:
Es gibt Jugendkriminalität die einfach der typische Wegbegleiter
des Erwachsenwerdens ist und Episode bleibt und die Jugendlichen
sind einmal vorm Jugendrichter und kommen nie wieder. Die
gab's immer! Und auch die Quantität der Jugendkriminalität
hat hingegen der öffentlichen Wahrnehmung nicht zugenommen.
Nur es gibt inzwischen so 'n Randbereich qualitativ, bei
dem man wirklich Sorgen haben muss und die Ursachen sind
für mich ganz klar, ähm, dass wir es inzwischen mit Jugendlichen
zu tun haben, die einfach von vorne herein, von Schule,
aber vor allem von Familie nicht das mitbekommen haben,
was sie mitbekommen müssten, ähm, damit diese Straffälligkeiten
nur 'ne Episode bleibt.
Bruder Paulus:
Was waren die Wirkungsvollsten Strafen die Sie verhängt
haben, fällt Ihnen da ein Beispiel ein? |
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Alexander Hold:
Also, was hier auch gerade genannt wurde, Täter-Opfer-Ausgleich
ist oft etwas, was sehr sehr nützlich ist. Dass man wirklich
Täter und Opfer zusammen bringt, um letztenendes die Folgen
auszudiskutieren um auch 'nem Täter klar zu machen, was
jetzt seine Strafttat bewirkt hat. Aber ich glaub man kanns
nicht schematisch sehen. Es gibt auch Jugendliche, bei
denen muss man ganz klar Grenzen setzen, bei denen ist
es höchste Zeit mal einen Arrest zu verhängen, ja, es gibt
Jugendliche bei denen man mit einem Arrest oder 'ner Jugenstrafe
etwas kaputt machen kann, und denen unbedingt Hilfen an
die Seite geben muss. Das ist eigentlich das schöne an
der Tätigkeit des Jugendrichters, dass man da ein sehr
weites Feld an Möglichkeiten hat und wirklich auf den Einzelnen
eingehen kann je nach dem in welcher Lebenssituation er
ist und wo seine Defizite sind.
Bruder Paulus:
Das war ja eine ganz interessante Tätigkeit, warum sind
Sie nicht dabei geblieben?
Alexander Hold:
Beim Jugendrichter bin ich deshalb nicht dabei geblieben,
weil ich versucht habe, in diesen zehn Jahren bei der Justiz
möglichst viele Bereiche zu durchlaufen und möglichst viele
Erfahrungen zu sammeln. Und nachdem ich zwei Jahre Jugendrichter
war, war's Zeit auch wieder etwas anderes auszuprobieren.
Wenn ich wieder zurückkehre zur Justiz, wäre Jugendrichter
sicherlich einer der Bereiche, die mir am meisten Freude
macht.
Bruder Paulus:
Können Sie wieder zurück kehren?
Alexander Hold:
Ja, selbstverständlich!!
Bruder Paulus:
Das stelle ich mir aber schwierig vor. Wenn ich jetzt so
ein Delinquent bin und ich komme in den Gerichtssaal, da
sitzt da vorne Richter Alexander Hold, da würde ich sagen:
"um Himmels Willen...."!
Glauben Sie, dass die Justiz Sie wieder einstellen kann?
Alexander Hold:
Also die Justiz, ich habe es schwarz auf weiss....., ich
habe es schwarz auf weiss dass die Justiz mich wieder nimmt
und so wie ich bisher die Rückmeldungen hab, auch von der
Bayrischen Staatsministerein, die nehmen mich sehr gerne
wider zurück. Und ich glaube es wird auch nicht so kommen
dass irgend jemand sagt: "..da vorne sitzt
Alexander Hold hier bin ich jetzt im Fernsehen...".
Die Menschen die wirklich 'ne Ladung im echten Leben zu
Gericht bekommen haben, die wissen, dass sie ein Problem
haben und die sind so sehr mit ihrer eigenen Geschichte
beschäftigt, dass sie sehr wohl unterscheiden können, ob
ich da jetzt eine Fernsehshow mache oder ob ich mich mit
ihnen und ihrem Leben tatsächlich beschäftige.
Bruder Paulus:
Werden Sie dann anders richten, mit einer anderen Einstellung?
Alexander Hold:
Ich glaube nicht! Ich hoffe nicht dass ich anders richten
werde. Ich bin vielleicht etwas kommunikativer geworden
als vor zehn oder ein paar Jahren, aber ich werde genau
wie bisher versuchen den Menschen gerecht zu werden.
Bruder Paulus:
Also, ich hab 'ne Entwicklung durchgemacht, sag ich ganz
offen. Ich hab mit 26 anders auch moralische Fälle, wo
manche Leute tatsächlich in sehr schwierigen Situationen
gekommen sind, die habe ich damals ganz schön anders beurteilt,
'n Stück auch viel legalistischer als ich es jetzt tue
und auch jetzt sag ich, ich bin noch im Rahmen des Gesetzes.
Verändert sich nicht so ein Richterherz im Laufe der Zeit?
Alexander Hold:
Natürlich! Also ich glaube, dass da auch ne ganz große
Gefahr in ihr wohnt, wenn man das tagein tagaus tut. Man
hat jeden Tag fünf Ladendiebe und drei Trunkenheitstäter,
es besteht 'ne ganz große Gefahr, dass man zum Zyniker
wird und dessen muss man sich bewusst sein und mit ein
paar Jahren Auszeit von dieser Tätigkeit glaube ich, dass
die Gefahr eher geringer ist dass ich zum Zyniker werde,
als wenn ich das jetzt durchgehend weiter gemacht hätte.
Bruder Paulus:
Was tun Sie selber um nicht straffällig zu werden?
Alexander Hold:
Ich laß' mich nicht erwischen!
Bruder Paulus:
Viel Erfolg dabei! Alles Gute und herzlichen Dank
dass Sie mein Gast waren! |
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© N24,
Beitrag vom 25./31.03.07
Text by koko
Bilder by Pega |
Index
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