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(SAT.
1 / Elke Werner)
Richter Alexander Hold
verhandelt seit knapp
drei Jahren fiktive Fälle
im Fernsehen. |
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(SAT.1)Richter
Alexander Hold
hat gut lachen: Für seine
Gerichtsshow fällt offenbar
noch lange nicht der Hammer. |
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(SAT.1)Richterin
Barbara
Salesch feuerte vor fünf
Jahren den Startschuss für
die Gerichtsshows im
deutschen Fernsehen ab. |
Fernsehrichter Alexander Hold
über das Ende der Gerichtsshow
"Ich bin kein Schauspieler"
(tsch) Noch musste keiner der deutschen Fernsehrichter
die Robe an den Nagel hängen. Die Quoten der auch nach
fünf Jahren noch immer boomenden Gerichtsshows sorgen für
gute Laune bei den Programmverantwortlichen. SAT.1 hat
im Vergleich mit RTL die Nase vorn. "Richter Alexander
Hold" (Montag bis Samstag, 16 Uhr) erreicht mit durchschnittlich
2,45 Millionen Zuschauern (Marktanteil: 20,3 Prozent) im
laufenden Jahr ein größeres Publikum als je zuvor und konnte
inzwischen sogar "Richterin Barbara Salesch"
(Montag bis Samstag, 15 Uhr) knapp von der Spitzenposition
verdrängen. Doch der zunehmende Erfolg von Doku-Soaps und
Ermittler-Sendungen könnte den Court-Shows unter Umständen
gefährlich werden. Für Alexander Hold (42), ehemals Richter
und Staatsanwalt am Amtsgericht Kempten und seit November
2001 Vorsitzender in der Sendung "Richter Alexander
Hold" (SAT.1), ist das Ende des Formats, in dem fiktive
Strafgerichtsfälle mit Laiendarstellern und echten Juristen
verhandelt werden, noch fern.
teleschau: Herr Hold, Hand aufs Herz: Sind Sie als Richter
mit einer Gerichtsshow nicht manchmal unterfordert?
Alexander Hold: Ganz bestimmt nicht. Das Ergebnis, das
wir präsentieren, ist sicher manchmal leicht, aber der
Weg dorthin ist aufwändig. Es ist harte Arbeit: Der Drehtag
sieht so aus, dass ich in der Früh' um halb acht anfange
und in der Regel um zehn, halb elf abends fertig bin.
teleschau: Fordert Sie die Sendung auch intellektuell?
Hold: (lacht) "Richter Alexander Hold" fordert
mich sicherlich weniger von der rein wissenschaftlich-juristischen
Seite. Aber es ist eine große Verantwortung, den Leuten
die Rechtsprechung und den Rechtsstaat zu erklären, und
das mit Worten, die nicht dem Juristenjargon entstammen.
Das ist etwas sehr Schwieriges. Die Fälle sind nicht weniger
kompliziert als bei der Justiz, im Gegenteil.
teleschau: Sie waren neun Jahre lang erst Staatsanwalt,
dann Richter. Lassen Sie Ihre eigenen Erfahrungen in die
Sendung einfließen?
Hold: Ja, sicher. So etwas mit einem Schauspieler zu
besetzen funktioniert nicht, weil man die Erfahrung als
Richter dazu braucht. Ich habe immer wieder versucht, auch
eigene Erlebnisse einzubauen. Im Gedächtnis bleiben immer
die Fälle, die ganz besonders skurril oder witzig sind.
Da hat mir schon oft die Redaktion gesagt: "Nee, die
Geschichte können wir nicht nehmen, die glaubt uns keiner."
teleschau: Was war das Skurrilste, das Ihnen in Ihrer
Zeit am Gericht in Kempten widerfahren ist?
Hold: Da gibt es so viele Dinge. Ich hatte mal eine
längere Diskussion mit einem Angeklagten, der mit seinem
Hund kam und mir erzählte, das Tier sei sein Rechtsbeistand
und müsse neben ihm auf dem Stuhl Platz nehmen, sonst würde
er wieder gehen. Ein anderer kam mit einer Kiste Bier und
türmte während der Verhandlung. Er hatte ein paar Fans
im Zuschauerraum, die begannen, mit mir Verhandlungen aufzunehmen,
damit ich für die Auslieferung des Mannes die Bierkiste
herausgebe. Hat aber zu keinem Erfolg geführt.
teleschau: Ihre Kollegin Barbara Salesch gibt dem Gerichtsshow-Trend
noch mindestens zwei Jahre. Was meinen Sie, wie lange Ihre
Sendung noch laufen wird?
Hold: Das entscheidet der Zuschauer, ich weiß es nicht.
Wir drehten bisher weit über 600 Folgen. Gerade habe ich
einen Vertrag über weitere 218 Episoden unterschrieben.
Damit sind wir in einer Größenordnung, die ich mir nie
hätte träumen lassen. Inzwischen bin ich aber guten Mutes,
die magischen 1.000 Sendungen zu erreichen.
teleschau: Frau Salesch sagte, sie habe in ihrem gesamten
Hamburger Berufsleben nicht so viele Dekolletés gesehen
wie in ihrer Sendung. Man hat den Eindruck, es geht immer
mehr um Erotik. Was glauben Sie, wo der Trend hinführt?
Hold: Ich kann für unsere Sendung ganz klar sagen, dass
Taten mit sexuellem Hintergrund deutlich weniger geworden
sind. Die Erfahrung zeigte, dass der Zuschauer diese Fälle
nicht so besonders schätzt. Etwas anderes ist natürlich,
in welcher Kleidung die Protagonisten bei uns erscheinen.
Fernsehen muss die optischen Reize des Zuschauers ansprechen.
Da sind die Beteiligten sicher oftmals plakativer gekleidet
als bei der Justiz. Natürlich ist immer mal ein Dekolleté
etwas tiefer geschnitten.
teleschau: Um mit der Zeit zu gehen, sind ab und zu
auch Änderungen nötig. Welche planen Sie für Ihre Sendung?
Hold: Der Strafprozess ist nun einmal ein festes Ritual.
Wir wollen alles möglichst authentisch darstellen, damit
sind wir in vielerlei Hinsicht natürlich festlegt. Ich
glaube aber, dass der Zuschauer es schätzt, wenn nicht
dauernd etwas Neues kommt. In anderen Formaten kann ich
ein zusätzliches Gewinnspiel oder eine Außenschaltung zu
einer Wette irgendwo auf einem Berggipfel einbauen. Unsere
Neuerungen sind dagegen Marginalien. Wir zeigen neuerdings,
was in den letzten Minuten vor der Hauptverhandlung außerhalb
des Gerichtssaals stattfindet oder was die Zeugen vor ihrem
Aufruf erleben. Da gibt es dann einen kurzen Kameraschwenk
nach draußen.
teleschau: Auf welche Tabus würden Sie sich auch im
Zuge von Neuerungen nicht einlassen?
Hold: Da gibt es viele. Selbstmord ist ein ganz schwieriges
Thema. Es sind viele Sexualdelikte tabu. Wir versuchen
vor allem, Situationen zu umgehen, bei denen Kinder Gefahr
laufen, Vertrauen in Menschen zu verlieren, die für sie
wichtig sind. Das Vertrauen der Kinder in Elternhaus, Schule,
Ärzte und Polizei darf durch uns nicht in Frage gestellt
werden.
teleschau: Welche Fälle verhandeln Sie am liebsten?
Hold: In unserer Sendung entwickeln sich die Verhandlungen
manchmal völlig anders als vorgesehen. Wenn sich plötzlich
neue Entwicklungen während der Verhandlung ergeben, die
in der Redaktion niemand so bedacht hat, und ich es schaffe,
die Laiendarsteller spontan mitzureißen, dann macht mir
das am meisten Spaß.
teleschau: Es gibt ja kein richtiges Drehbuch ...
Hold: Es gibt schon eins, weil es für viele Darsteller
ein ganz gewaltiger Stressfaktor ist, wenn sie nicht wissen,
was auf sie zukommt. Sie bekommen einen Text, werden aber
gewarnt: "Lern' ja nicht das Drehbuch auswendig. Du
musst nur die Emotionen und deine Stellung in dem Ganzen
verstehen." Wir haben immer mal Leute, denen plötzlich
bewusst wird, dass sie verurteilt werden. Das wollen sie
aber nicht und fangen an, etwas ganz anderes zu sagen als
besprochen. Wir hatten schon Fälle, wo es zu einem Freispruch
kam, obwohl vorher der Fall glasklar so angelegt war, dass
der Angeklagte verurteilt wird.
teleschau: Was unterscheidet Ihre Sendung von anderen
Gerichtsshows?
Hold: Es ist überall dieselbe "Liturgie".
Ich glaube, dass wir einfach unterschiedliche Persönlichkeiten
in den Gerichtsshows vorne sitzen haben, die unterschiedlich
mit den Beteiligten umgehen. Jeder hat seine eigene Note
bei diesem überall gleich bleibenden Ritual.
teleschau: Und was ist Ihre eigene Note?
Hold: Bei der Justiz wurde mir immer nachgesagt, dass
ich schwer aus der Ruhe zu bringen bin und versuche, nah
an die Menschen heranzugehen, ohne die Distanz zu verlieren.
Ich verbiege mich nicht, ich versuche nicht, besonders
fernsehwirksam aufzutreten. Ich probiere, das Ganze für
mich so zu schaukeln, wie ich das auch bei der Justiz gemacht
habe und wie ich es auch heute dort tun würde. Ich bin
kein Schauspieler, ich könnte das auch nicht.
teleschau: Wie verstehen Sie sich mit dem Team?
Hold: Das war eine der größten Überraschungen für mich.
Ich habe mir Fernsehmenschen immer oberflächlich, zynisch
und machtbesessen vorgestellt. Es ist ganz anders gekommen,
so viele Freundschaften sind entstanden. Und ich habe eigentlich
nur Menschen kennen gelernt, die überhaupt nicht oberflächlich
sind und bei denen das Herzlich-Sein auch wirklich von
ganz tief unten kommt und über die Bussi-Bussi-Gesellschaft
hinausgeht.
teleschau: Und wenn doch irgendwann einmal Schluss ist
mit Ihrer Sendung, wie soll es für Sie beruflich weitergehen?
Hold: Momentan macht es mir zwar viel Spaß, aber ewig
möchte ich auch kein Fernsehrichter sein. Dann freue ich
mich darauf, wieder das zu tun, was ich vorher gemacht
habe. Es ist ein Beruf, der mich immer begeistert hat.
content: teleschau
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