"Gerichtsshow darf Justiz nicht zum Kasper machen"
Richter Hold und Justizministerin Merk diskutierten
Gersthofen (reh). Barbara Salesch
hat es vorgemacht - erfolgreich. Also folgten der "Mutter"
der TV-Gerichtssendungen viele weitere. "Richter Alexander
Hold" zum Beispiel unterhält mit seinen inszenierten
Strafprozessen täglich rund drei Millionen Zuschauer. In
einer Podiumsdiskussion in Gersthofen verteidigte der Fernsehrichter
aus Kempten seine Show gegenüber Justizministerin Beate
Merk und Oberstaatsanwalt Horst Böhm.
"Wenn es in bayerischen Gerichten so zugehen würde,
wie im Fernsehen gezeigt, müssten wir dringend etwas unternehmen."
Das stellte die Justizministerin in der Veranstaltung der
Jungen Union Schwaben klar. Glücklicherweise sei ihr aber
kein "reales" Gericht bekannt, in dem "so
freizügig bekleidete Zeugen sich in so ordinärem Tonfall
quer durch den Saal lauthals mit allen Beteiligen unterhalten,
ohne vom Richter gestoppt zu werden". Auch Horst Böhm,
Vorsitzender des Bayerischen Richtervereins, kritisierte
die Gerichtsshows: "Zwar wird der Ablauf eines Prozesses
korrekt dargestellt. Aber wie Staatsanwälte darin teilweise
massiv harmlose Zeugen angehen, trifft absolut nicht die
Realität."
Dass es in seiner Sendung in erster Linie um Unterhaltung
geht, räumte der jahrelang als Richter am Landgericht Kempten
tätige Alexander Hold ein. "Ich würde auch lieber
eine Sendung mit Bildungsanspruch machen - aber das will
heute doch keiner mehr sehen." Durch die Gerichtsshow
mit echtem Richter, echten Anwälten und Fällen, die teils
auf wahren Begebenheiten basierten, werde das Berufsbild
des Richters realitätsnaher dargestellt als das eines Arztes
oder Polizisten in anderen Fernsehsendungen. Dem stimmten
auch Merk und Böhm zu und hatten noch mehr lobende Worte
parat: Vielleicht werde bei jungen Leuten durch solche
Shows die Lust auf einen juristischen Beruf geweckt und
die Akzeptanz in der Öffentlichkeit gegenüber vermeintlich
harten Urteilen größer. Aber eines müsse klar sein: "Die
Justiz darf nicht zum Kasperl gemacht werden", so
Böhm.
Quelle: Augsburger Allgemeine-15.03.2004 |