Richter Hold im blue-Interview

(24.03.2009, 06:00)

Guten Tag, Herr Hold, Sie haben ja schon einiges in Ihrem Leben erreicht: Sie haben früher als Staatsanwalt und Richter gearbeitet, geben Autofahrern Rechtstipps, haben Rechtsratgeber geschrieben und nicht zu vergessen haben Sie eine täglich laufende Sendung auf Sat1. Können Sie überhaupt noch über die Straße laufen, ohne erkannt zu werden?
Bei täglich über 4 Millionen Zuschauern lässt es sich nicht umgehen, dass sehr viele Menschen mich schon mal gesehen haben.

Meine Oma hat früher auch gerne Gerichtssendungen gesehen. Immer, wenn ich abends weggehen wollte, hat sie es mir versucht auszureden mit Worten wie „Im Fernsehen sieht man das immer wieder, da werden armen kleinen Mädchen, Drogen in die Cola gekippt und dann wurde mit der schlimme Sachen gemacht!“ Mir persönlich kommt es bei solchen Sendungen vor, als ob nicht nur die Gerichtssituationen viel zu heftig sind, sondern auch die Taten an sich. Wie ähnlich sind die dargestellten Fälle denen in der Realität? Wären die Urteile genauso?
Meine Urteile fälle ich auch in meiner Sendung selbst, und zwar erst nach der Beweisaufnahme, den Plädoyers und dem letzten Wort des Angeklagten – und zwar genau so wie ich es in realen Fällen auch tun würde. Die Fallkonstellationen sind durchaus realitätsnah, aber der Eindruck vieler Menschen, die Welt sei ja so schlecht, gewalttätig und gefährlich, rührt vor allem daher, dass in allen Medien – meine Sendung natürlich eingeschlossen – in erster Linie über die spektakulären Fälle berichtet wird und nicht über die Masse an Ladendiebstählen und Mofafahrten ohne Fahrerlaubnis.

Wie kamen Sie überhaupt zum Fernsehen? Sind sie gecastet worden oder ist jemand auf Sie zugekommen?
Die Fernsehmacher kamen auf mich zu: Nachdem sie von einem Medienanwalt einen Tipp bekommen hatten, saß eines Tages der spätere Producer meiner Sendung im Zuschauerraum und sprach mich am Ende der Verhandlung an.

Was ist das Schöne an Ihrem Beruf?
Das Schöne am Richterberuf ist, dass ein Richter nicht einfach über Fälle oder Akten zu urteilen hat, sondern täglich gemeinsam mit den beteiligten Menschen Konflikte lösen kann und dabei immer versucht, den Menschen gerecht zu werden.
Das Schöne an meiner Fernsehtätigkeit ist darüber hinaus, dass ich genau dies täglich vielen Menschen unterhaltsam nahe bringen kann, die zuvor oft ein sehr schiefes Bild von Rechtsprechung hatten.

Gab es schon einmal eine Situation im Gericht, in der Sie gerne aufgestanden und gegangen wären?
Ja klar, wenn man in einem Zivilprozess den Streit mit Beteiligten mit dem Ziel einer vernünftige Einigung moderiert und dann, wenn nach Stunden eigentlich alle Streitpunkte geklärt sind, einer der Beteiligten plötzlich dem gemeinsam ausgearbeiteten Vergleich doch nicht mehr zustimmt.

Wollten Sie schon immer Jurist werden oder hatten Sie als Kind einen anderen Wunsch, wie zum Beispiel Feuerwehrmann oder Tierarzt?
Als Kind wollte ich Uhrmacher werden, den Wunsch habe ich allerdings aufgegeben, als sich abzeichnete, dass ich zwar ein großes Talent darin war, alle Uhren zu zerlegen, auf die ich Zugriff hatte, allerdings keine einzige mehr zusammen bauen konnte.

Sie haben 1983 angefangen zu studieren. Würden Sie das heute, in den Zeiten der Studiengebühren und der „Verschulisierung“ des Studiums durch das Bachelor- und Master-System noch tun?
Zu meiner Studienzeit hatte ich tatsächlich viel mehr studentische Freiheiten. Allerdings war das auch eine große Herausforderung, für alles selbst verantwortlich zu sein. Man wusste dabei nie, wo man stand und ob man auf dem richtigen Weg war. Je mehr „verschult“ ein Studiengang ist, desto leichter ist eigentlich der Weg zum Ziel. Ich glaube allerdings nicht, dass sich jemand von seinen Zielen durch das System der Ausbildung oder durch Gebühren abhalten lassen sollte. Auch ohne Studiengebühren habe ich mir mein Studium in erster Linie durch intensives Jobben finanziert.

Würden Sie Jugendlichen heute noch empfehlen Rechtswissenschaften zu studieren? Und wenn ja, was sollte man auf jeden Fall mit ins Studium bringen?
Aber sicher, das ist ein sehr interessantes und so gar nicht (wie viele fälschlich denken) „trockenes“ Fach und gute Juristen werden quer durch alle Branchen immer gebraucht. Was mitbringen? Ganz klar: Wem analytisches Denken und der Umgang mit Sprache Spaß macht, der ist bei Jura richtig. Wer sich schon der Schule durch Deutsch und Mathematik gequält hat, sollte sich vielleicht anders orientieren.

Neben Ihrer Fernsehkarriere sind Sie auch politisch aktiv. Sie sind seit 2008 im Stadtrat der Stadt Kempten. Dort sitzen Sie im Haupt- und Finanzausschuss, sowie im Schul- und Kulturausschuss. Wie wichtig ist für Sie politische Beteiligung? Finden Sie, dass man auch Jugendliche mehr in die (Kommunal-) Politik einbinden sollte?
Jedes Gemeinwesen funktioniert nur, wenn die Mitglieder sich für die Gemeinschaft engagieren. Beim Sportverein versteht das jeder, nur bei unserem wichtigsten Gemeinwesen, nämlich unserer Gesellschaft, mögen sich nur noch wenige engagieren. Eine Stadt, die man liebt, sollte man aber auch mitgestalten. Deswegen engagiere ich mich hier ehrenamtlich. Gerade das Desinteresse junger Menschen macht mir Sorgen, deshalb habe ich bereits eine Initiative gestartet, dass Politiker an die Schulen gehen und den Schülern nahe bringen, wie wichtig Interesse und Engagement sind.
Sie engagieren sich für die internationale Hilfs-Organisation für Not- und Katastrophenhilfe - humedica. Was ist das Besondere an dieser Organisation und warum helfen Sie dort mit?
Humedica wird von Menschen geführt und getragen, die humanitäre Hilfe nicht als Beruf, sondern als Lebensaufgabe sehen. Die Verwaltungskosten werden gering gehalten und in Katastrophenfällen ist Humedica oft schneller und flexibler vor Ort als viele weit größere Organisationen.

Neben „gerecht“ und „engagiert“ haben Sie ja auch noch mindestens ein weiteres Attribut: Sie sind „sportlich“. Das konnten Sie ja schon beim TV Total Stockcar-Rennen, Wok-Rodeln und Ski-Slalom unter Beweis stellen. Treiben Sie auch privat Sport? Wenn ja, was machen Sie? Welchen Stellenwert hat Sport in Ihrem Leben?
Für meinen eigenen Anspruch kommt der Sport leider zeitbedingt viel zu kurz in meinem Leben, außerdem geht die Familie und vor allem mein dreijähriger Sohn natürlich vor, daher mache ich zwar vielleicht viele Sportarten (Rennrad, Mountainbike, Bergsteigen, Motorrad, Rallye, Tauchen, Ski, Langlauf, Eishockey) aber keine davon allzu intensiv.

Hier noch ein paar kleine Fragen. Bitte antworten Sie spontan und begründen Ihre Entscheidung.

Der Vorhang hebt sich. Es ist Nacht in der Stadt der Helden. In wessen Kostüm kann man Alexander Hold sehen: Batman oder Superman?
Wenn schon Held, dann als Geschichtenerzähler meines Sohnes.

Jeder ist irgendwie bestechlich. Womit kann man Sie bestechen?
Mit einem ehrlichen Lachen.

Was ist Ihr größter materieller Wunsch?
Schlittschuhe, die mir perfektes Eislaufen beibringen.

Wenn Sie nicht hier wären, wo wären Sie dann?
Zuhause!

Kindergeburtstag oder Familienfeier? Was macht mehr Spaß?
Ganz klar Kindergeburtstag.

Sollte man sich Sie als Vater wünschen?
Nein, bin auch als Vater leider schon vergeben.

Mit welcher Person würden Sie am liebsten einmal tauschen?
Einen Sommer lang mit dem Hüttenwirt einer abgelegenen Alpe.

Welchen Rat würden Sie unseren Lesern geben?
Solange Sie mit Ihrem Nachbarn reden, werden Sie sich kaum mit ihm vor Gericht treffen!

Zum Ende bitte noch eine kleine Offenbarung? Haben Sie schon einmal etwas gemacht, was nicht so ganz gesetzmäßig war?
Aber klar! Allerdings liegen in meinem Keller garantiert mehr Flaschen als Leichen.


Vielen Dank, dass Sie sich meinen Fragen gestellt haben !

© DHcommunity, 24.03.2009

 

 © richter-alexander-hold-fanpage.de