Laufbursche stolpert bei Millionen-Gaunerei

VON CHRISTIANE KEUTNER

Er wollte einem zwischenzeitlich inhaftierten Millionen-Betrüger nur aus der Patsche helfen. Jetzt wurde ein 45-jähriger Mann aus einer Gemeinde im westlichen Bodenseekreis selbst verurteilt: Acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung gab es für seine Beihilfe zum Betrug in besonders schwerem Fall, die er nach fast sechs Stunden Verhandlung vor dem Amtsgericht Überlingen schließlich eingestanden hatte.

Betrügereien im großen Stil: Mit imponierendem Geschäftssitz in Liechtenstein, großzügigem Lebensstil, falschem Doktor-Titel, dem Kontakt zu Spitzen der Gesellschaft und überzeugendem, weltmännischen Auftreten war es vier gewieften ehemaligen Häftlingen - drei Bankern und einem Kaufmann, die sich als Kreditvermittler ausgaben - gelungen, drei Millionen Mark von Kunden zu ergaunern. Der 45-jährige Angeklagte war nur eine kleine Randfigur und in eine betrügerische Geldübergabe verwickelt. Zu klären war, inwieweit er daran wissentlich beteiligt war.

Am 10. Januar 2001, der Tag, den der Angeklagte, nicht vorbestrafte EDV-Systemtechniker vor Gericht als den schlechtesten seines Lebens bezeichnete, wurde er von seinem Freund gebeten, einen Kunden vom Flughafen Zürich abzuholen, Geld entgegenzunehmen und dieses bei einem Mitarbeiter abzuliefern. Obwohl es ihm gesundheitlich sehr schlecht ging, sagte er dem befreundeten Geschäftsmann zu, dem er EDV- und Telefonanlage in Liechtenstein eingerichtet hatte und von dem er sich noch mehrere Aufträge über dessen Verbindungen erhoffte.

Nachdem er den heute 64-jährigen Kunden aus Brandenburg ins Bahnhofsviertel gefahren hatte, hob dieser bei seiner Bank 300000 Mark ab und übergab sie dem Chauffeur. Dieser ließ ihn im Glauben, er habe das Geld wie vereinbart kurz darauf bei einer Versicherung zur Rückversicherung eines 20 Millionen-Kredits eingezahlt. Das stimmte jedoch nicht. Das Geld hatte er laut Anweisung seines Freundes an dessen Zürcher Mitarbeiter übergeben.

Vergeblich warteten Kunde und Chauffeur danach stundenlang in einem Hotel auf den vermeintlichen Kreditgeber aus Nizza, mit dem der Darlehensvertrag geschlossen werden sollte. Dieser habe den Flug verpasst, hieß es plötzlich; die Einzahlungs-Quittung gab es dann per Fax. Sie war allerdings gefälscht, wie sich später bei der Recherche des Geschädigten herausgestellt hatte. Er und sein Geschäftspartner waren von dem vermeintlichen Kreditvermittler um gesamt 1,85 Millionen Mark geprellt worden. Den Züricher Vorgang hatte der Angeklagte allerdings etwas anders geschildert und abgestritten, etwas von einer Einzahlung gewusst zu haben - bis er schlussendlich auf Anraten seines Pflichtverteidigers Ingo Lenßen eine Mitschuld zugab.

Damit wurden auch die Lügereien seines Freundes offenbar, was für diesen ein Nachspiel hat. Dieser musste als Zeuge auftreten und war damit der Wahrheit verpflichtet. Der 44-jährige gelernte Kauffmann war zu rund neun Jahren Gefängnis verurteilt worden; anschließend gilt für ihn Sicherheitsverwahrung, was sonst nur bei Gewaltverbrechern und Triebtätern üblich ist. Charmant fröhlich erzählte er von den Betrügereien und wollte dem Gericht weismachen, dass der Angeklagte generell und auch in diesem Fall nichts von seinen Machenschaften gewusst habe. Während er sich an nichtige Details erinnern konnte, versagte sein Gedächtnis scheinbar bei den wichtigen. Allerdings wich seine unbefangene Fröhlichkeit, als er von Staatsanwältin Hübner hartnäckig in die Zange genommen wurde. Er wurde ziemlich kleinlaut, wich aus und sagte: "Tut mir leid, daran kann ich mich nicht erinnern."

"Es könnte Ihnen Leid tun, wenn Sie wegen Falschaussage dran sind, dann nämlich, wenn ich Ihr Verhalten der sozialtherapeutischen Anstalt schildere. Dann sitzen sie noch mal fünf Jahre", sagte Richter Harald Gürtler.

Nach Beweisaufnahme und Geständnis war es für die Staatsanwältin klar, dass der angeklagte EDV-Spezialist Beihilfe zum gewerbsmäßigen Betrug begangen hat. Für den nicht vorbestraften Angeklagten forderte sie eine neunmonatige Freiheitsstrafe zur Bewährung; zudem sollte er wenigstens 7200 Euro Schadensausgleich an den Geschädigten zahlen. Dem schloss sich Verteidiger Lenßen und sein Mandant an. "Haupttäter waren andere. Wären Sie aber bis zum bitteren Ende bei ihrer Version geblieben, wären 18 Monate Gefängnis fällig gewesen", hielt Richter Gürtler ihm sein Urteil von acht Monaten mit Schadensausgleich vor Augen.



© Südkurier.de, Beitrag vom 01.06.2007, 02:00
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