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Was haben Sie gedacht, als
Sie gefragt wurden, ob Sie Interesse haben an der Sendung
mitzuwirken? Und was ging nach dem Anruf in Ihnen vor?
Ich wurde per Mail angeschrieben, ob ich Lust hätte, daran
mitzuwirken und habe daraufhin und nach kurzem Nachdenken
zum Telefon gegriffen. Insoweit war ich zwar von der Mail
überrascht, im Telefonat indes nicht mehr, da ich wusste,
mit wem und warum ich telefoniere.
Ich war mir eigentlich sicher, dass man mich nicht nehmen
würde, wenn man mich erst einmal "in natura"
gesehen hat, hatte aber Lust, mir "die Welt"
des Fernsehens einmal von der anderen Seite der Mattscheibe
anzuschauen und ging darum auf die Bitte um ein Casting
ein.
Als ich dann vier Wochen später angerufen wurde, ich sei
dabei, war ich allerdings platt, denn ich konnte mir nicht
vorstellen, dass man meine "Pappnase" 2 Mio.
Zuschauern täglich auf den Fernseher schicken wollte.
Was hat sich, seit Ihrem Mitwirken
in der Sendung, für Sie geändert?
So gut wie nichts.
Die Drehtermine sind überschaubar wenige und durch die
späte Zeitplanung der KME (KirchMedia Entertainment GmbH)
sind in der Regel meine Gerichts- und sonstigen Termine
bereits geplant, bevor die Zeitplanung für den nächsten
Drehtag erfolgt.
So kommt es nicht selten vor, dass ich zu vorgesehenen
Drehtagen nicht eingesetzt werden kann oder dass hier,
falls nicht wichtige Termine anstehen, evtl. der Kalender
noch etwas umgebaut wird, dass es klappt.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Rolle in der Sendung am besten?
Wenn ich etwas Freiraum zum Streit mit dem Staatsanwalt
bekomme oder ein Fall, der zunächst als klare Verurteilung
beginnt, dann doch im Freispruch endet, was leider nur
sehr selten zugelassen wird.
Beim Plädoyer haben Sie die
Angewohnheit immer hinter den Stuhl zu wandern. Eine Angewohnheit,
die Sie schon immer hatten, oder die erst durch die Sendung
entstanden ist?
Die Angewohnheit, hinter dem Stuhl zu plädieren, habe ich
schon lange, da ich dadurch mehr Bewegungsfreiheit habe.
"Neu" ist allerdings die Drehung um den Stuhl,
die ich im Fernsehen ausführe.
Bei den ersten Proben verschob ich den Stuhl, wie gewohnt.
Da sich jedoch vor dem linken Stuhlbein zu dieser Zeit
noch ein Loch als Kabeldurchlass im Boden befand, geriet
der Stuhl hinein und kippte fast um (darum habe ich köstlich
gelacht, als ich die Kurzgeschichte auf der Fanpage zum
kippenden Stuhl sah).
Um dies zukünftig zu umgehen, fing ich an, die Pirouette
um den Stuhl zu drehen und ihn nicht zu verschieben.
Vom Drehtsart bis zur ersten Ausstrahlung vergingen so
1,5 Monate mit Pirouette. Als ich dann die erste Ausstrahlung
sah, fand ich das fürchterlich und ließ die Drehung am
nächst folgenden Drehtag weg. Sofort fragte die Regisseurin,
wo denn die Drehung geblieben sei und überredete mich,
sie doch zukünftig bitte wieder zu machen.
Also drehe ich mich auch weiterhin um den Stuhl ...
Es sind im Laufe der Zeit
schon einige aus der Sendung ausgeschieden und dafür neue
hinzugekommen. Wie stehen Sie dazu?
Das kann jedem von uns passieren. Fernsehen ist hartes
Geschäft und ein ständiger Kampf um Quoten.
Es ist faszinierend, wie genau man anhand der minutengenauen
Quoten das Zuschauerverhalten ablesen kann. Das hat zwangsläufig
nicht nur Einfluss auf die Dramaturgie der Fälle oder den
Zeitpunkt der Werbeblöcke, sondern eben auch auf uns Darsteller.
Ebenso, wie niemand immer dasselbe Bild anschauen mag,
mag er im Fernsehen ständig vorhersagen können, wie sich
eine Person verhalten wird. Wir sind also ständig gefordert,
uns weiter zu entwickeln.
Hast Du aber einen schlechten Tag oder ein Drehbuch, das
Dir nun gar nicht zusagt, wirkst Du ggf. blass. Mit etwas
Pech, bist Du dann halt draußen. Damit muss jeder von uns
ständig rechnen und es gehört dazu.
Natürlich ist es schade, wenn Du Dich an eine/n Kollegin/Kollegen
gewöhnt und Dich auf Sie/Ihn eingestellt hast und beim
nächsten Mal erfährst Du, Sie/Er ist raus, aber damit müssen
wir leben.
Wenn einer der Kollegen ausscheidet,
in wie Weit bleibt der Kontakt bestehen?
Nahezu gar nicht. Einige der Ausgeschiedenen habe ich selbst
nie kennen gelernt und selbst zu denen, mit denen man öfter
dreht gibt es nur wenig bis gar keinen Kontakt außerhalb
des Studios. Nicht zuletzt die räumliche Entfernung hindert
daran schon und es gehören zudem immer zwei dazu.
Bei unserem Besuch der Dreharbeiten ist uns das gute Arbeitsklima
besonders aufgefallen. Ist dieses lockere Verhältnis bei
neuen Kollegen auch gleich auf Anhieb da, oder gibt es
erst eine Art Schnupperphase?
Von den Beteiligten her ist das Verhältnis schon stets
locker, aber als "Neuling" bist Du selbst damit
zunächst überrascht und bist vor allem viel zu angespannt
und in Deinen eigenen Gedanken (wie stell ich mich an,
hoffentlich versau ich's nicht etc.) gefangen, um selbst
auch so sein zu können. Aber es hilft ungemein, diese persönlichen
Sorgen zu überwinden.
Welche Parallelen bestehen zwischen Ihrem realen Berufsleben
und Ihrer Rolle in der Sendung?
- ich schreibe während der Beweisaufnahme tatsächlich immer
und viel mit
- ich dulde es nicht (im normalen Berufsleben allerdings
wesentlich weniger, als in der Sendung), wenn Staatsanwalt
oder Richter meinen Mandanten "anmachen" oder
einem Zeugen ein falscher Vorhalt aus der Beweisaufnahme
gemacht wird (Bsp.: vorangegangene Aussage wird falsch
oder verfälscht wiedergegeben)
- soweit möglich, dulde ich es nicht, dass mein Mandant
ausfällig wird
Welche Unterschiede gibt es
zwischen Ihrem Auftreten in der Sendung und dem bei einer
realen Gerichtsverhandlung?
- ich sitze immer neben meinem Mandanten
- der Richter ist keine unantastbare Person und auch mit
ihm kann man streiten
- ein Wortwechsel mit Richter oder Staatsanwalt muss nicht
aus Zeitgründen kurz gehalten werden
- ich stelle in der Regel nicht wenige Beweisanträge (nur
ein Richter, der nicht arbeiten muss, macht keine Fehler)
- meine Plädoyers sind in der Regel recht ausführlich und
nie auf 1 Minute 10 Sekunden begrenzt
- ich schreibe meine Plädoyers fast nie vor, sondern halte
sie frei
- ich drehe mich nicht um den Stuhl zum Plädoyer (s.o.)
Können Sie aus Ihrer Rolle in der Sendung etwas in Ihr
reales Berufsleben übernehmen?
Das Training der Körpersprache ganz am Anfang hat mir gut
getan, wenngleich sie noch immer verbesserungswürdig ist.
Insoweit bin ich unserem Fernseh-Coach, Michael Voppe,
sehr dankbar und denke gerne an die erste Zeit zurück,
als er uns begleitete und manchmal mit einem Pokerface
durchs Studio auf mich zukam, sich vor mich hinstellte
und sagte: "Das war Mist!", aber ebenso auch
mit Lob nicht sparte, wenn es seiner Meinung nach passte.
Wie reagieren Sie, wenn sich
Ihre Mandanten in einer realen Gerichtsverhandlung ähnlich
verhalten wie in der Sendung?
Ich nehme an, dass die "Ausraster" gemeint sind.
Nun, ich nehme sie mir "zur Brust", zunächst
flüsternd und wenn das nicht hilft nach Unterbrechungsantrag
im Anwaltszimmer.
Ich behandle meine Mandanten nicht mit Samthandschuhen
sondern trete ihnen, falls nötig, auch verbal in den Hintern.
Sie erwarten von mir bestmögliche Arbeit. Die kann ich
nur liefern, wenn sie selbst mit derselben Einstellung
an ihren Fall gehen.
Gibt es Fälle in der Sendung,
die Ihnen wohl immer in Erinnerung bleiben?
Zwei Fälle:
- In einem hatte ich einen von zwei Jungs zu verteidigen,
die Wohnmobilisten auf der Urlaubsreise überfallen hatten.
Während der Beweisaufnahme sollten sie sich auf die Zeugen
stürzen und von den Polizisten und Frank weggezogen werden.
Die Szene wurde kalt (ohne Kamera - leider!!) geprobt.
Meiner war ein Bär von Mann und als er merkte, er solle
weggezogen werden, erhob er sich, die Arme in Schulterhöhe.
An seinem linken Arm baumelte der etwas schmächtige Polizist,
sich mit beiden Armen anklammernd. Ich lag unterm Tisch
vor Lachen.
- Ein anderer Fall war vom Drehbuch her so angelegt, dass
ich mich weigerte, ihn ohne Änderung zu drehen, da ich
einen Verteidiger, wie er in der Rolle angelegt war, niemals
spielen würde und per Mail zurückschrieb "Verteidiger
gesucht". Toll ist, dass in solchen Fällen, so auch
in diesem, kurzfristig umgeschrieben wurde, so dass ich
ohne "Gesichtsverlust" mitwirken konnte.
Sie sind von Anfang an dabei.
Was hat sich Ihrer Meinung nach im Laufe der Zeit verändert?
Es muss nicht mehr so viel improvisiert werden, wie zu
Anfang.
Die Kommunikation auch zwischen den Drehtagen ist erheblich
besser geworden, da sich die Beteiligten inzwischen untereinander
kennen und ich auch weiß, mit welcher Frage ich wen ansprechen
muss.
Die Dramaturgie wird immer mehr der Quote angepasst.
Wie oft haben Sie Gelegenheit
sich selbst *bei der Arbeit* zu zusehen?
Bisher drei Mal.
Ich lasse hier alle Fälle, an denen ich mitwirke, auf Video
aufzeichnen und mir, wenn ein Fall verpasst wurde, aus
München schicken.
Zunächst habe ich die ersten beiden Sendungen im November
gesehen, danach im Februar/März mal die bis dahin gemachten
Videoaufzeichnungen angeschaut.
"Life" komme ich berufsbedingt nicht dazu.
Was war das für ein Gefühl, als Sie sich erstmals selbst
im Fernsehen gesehen haben?
Grausam!
Es ist schon schlimm genug, sich auf Tonbandmitschnitten
reden zu hören, aber sich dann auch noch selbst zu sehen,
ist ungleich schlimmer.
Zudem fallen einem selbst Sachen negativ auf, die ein normaler
Zuschauer wahrscheinlich gar nicht registriert.
Gucken Sie auch gelegentlich
eine der anderen Richtersendungen?
Als ich wusste, dass ich bei "Richter Alexander Hold"
mitmachen werde, habe ich mir jeweils einmal "Richterin
Barbara Salesch" und "Das Jugendgericht"
angeschaut.
Ansonsten passiert es ab und zu, dass ich nach Hause komme
und kurz vor dem zu Bett gehen mal in die RBS-Wiederholung
hineingerate. Bislang allerdings
noch nie von Anfang bis Ende.
Welchen Wert hat Ihrer Meinung nach eine solche Gerichtsshow?
Auch wenn solche Sendungen für das Fernsehen zum Teil ganz
erhebliche Zugeständnisse machen, die in der Realität nicht
oder nur schwer vorstellbar wären, halte ich sie für nicht
unwichtig.
Ein Laie hat so die Chance, sich zumindest grob über den
Ablauf einer Hauptverhandlung und auch darüber zu informieren,
wie durch Fragen manchmal Angeklagte oder Zeugen in eine
Ecke gedrängt werden können, in die sie gar nicht wollten.
Das "Gericht" bleibt für manchen dadurch nicht
mehr so völlig ein unvorstellbares nebulöses Gebilde.
Wer die zeitliche Möglichkeit hat, sollte aber dennoch
einmal als Zuschauer an einer realen Hauptverhandlung eines
Schöffengerichtes teilnehmen.
Was hat Sie dazu bewogen Jurist
zu werden?
Der Spaß daran, den uns seinerzeit im Rechtskundeunterricht
unser Lehrer (Richter, der im Nebenjob Unterricht gab)
vermittelte.
In welchem Alter hatten Sie
bereits den Wunsch Rechtsanwalt zu werden?
Seit meinem 16. Lebensjahr wollte ich Strafrichter werden.
Erst im Durchlauf durch die verschiedenen Stationen (Richter,
Staatsanwaltschaft, Rechtsanwaltskanzlei) im Referendariat
habe ich diesen Wunsch verändert, da mir der Beruf des
Rechtsanwaltes am meisten Spaß machte.
Dem Strafrecht blieb ich allerdings treu.
Was gefällt Ihnen an Ihrem
Beruf am meisten?
- einen zu unrecht beschuldigten Mandanten zu erleben,
der am Ende tatsächlich freigesprochen wird und zunächst
überhaupt nicht in der Lage ist, sein Gefühle zu bewältigen,
geschweige denn sie zu ordnen
- dass es Fälle gibt, die zu Anfang ausweglos erscheinen
und dann doch noch ein Ergebnis entstehen kann, das man
ursprünglich nicht für möglich hielt
- dass man zum Teil taktieren und mit den anderen Berufsjuristen
ringen kann, wer "gewinnt"
- dass man -leider nur manchmal- das Glück hat, in erster
Instanz vergeblich gegen die Windmühlen des "sturen"
Tatrichters angerannt zu sein und das Revisionsgericht
dann dessen Urteil ganz oder zum Teil aufhebt und ihm um
die Ohren haut
- sich ständig auf neue Personen einstellen zu dürfen und
müssen
Wie glauben Sie hätten Sie
reagiert, wenn Ihnen vor 10 Jahren einer gesagt hätte,
dass Sie eines Tages in einer Gerichtsshow mitwirken würden?
Wie die meisten hätte wohl auch ich es als Blödsinn abgetan.
Wann und wie sind Sie auf
die Fanpage aufmerksam geworden?
Ziemlich kurz nach deren Gründung durch einen Eintrag im
SAT 1 Forum.
Was gefällt Ihnen auf oder
an der Page besonders?
Die Vielfalt, die unglaubliche Arbeit, die Ihr Euch damit
macht, der vernünftige Umgangston ...
Wenn Sie etwas für die Page
erstellen würden, in welcher Sektion wäre ihr Beitrag zu
finden?
* grins * habe ich schon! Einen Comic.
Ohne diesen Fragebogen evtl. auch einmal ein Bericht, wie
ich zu der Sendung kam.
Leider ist meine Zeit zu sehr begrenzt, so dass es mit
schriftlichen Ausführungen meist beim guten Vorsatz bleibt.
Wie viel bekommen Sie von
dem Rummel um Ihre Person mit und wie gehen Sie damit um?
Ich habe nicht das Gefühl, dass darum viel Rummel gemacht
wird.
Ich lebe in einer verhältnismäßig kleinen Stadt und war
auch schon vorher durch Tätigkeit in verschiedenen Gremien
relativ bekannt.
Natürlich werde ich ab und zu darauf angesprochen und gebe
soweit wie möglich auch Auskunft dazu. Ich versuche einfach,
derselbe zu bleiben, wie immer und solange mich niemand
versucht, zum "Star" hochzustilisieren, der ich
weder sein will, noch bin, ist es o.k.
Dass ich an dieser Show mitwirke habe ich schließlich nicht
irgendwelchen beruflichen Erfolgen oder besonderen Leistungen
zu verdanken, sondern einzig dem Glück, dass man meine
Kanzleihomepage auf der Suche nach Strafverteidigern durch
Zufall im Internet fand.
Was mochten Sie am meisten,
und was weniger während Ihres Studiums?
Am meisten:
das Leben im Studentenwohnheim, Doppelkopf spielen und
Strafrecht.
Am wenigsten:
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Hausarbeiten während
der Ferien schreiben müssen.
Können Sie derzeitigen und künftigen Jurastudenten etwas
mit auf den Weg geben?
Ein Jurist mit tollen Noten kann nichts, wenn er mit Scheuklappen
durchs Studium rast und keine Lebenserfahrung gesammelt
hat.
Ich empfinde es als Ausbilder erschreckend, wie "arm"
manche meiner Referendare an Lebensfähigkeit außerhalb
der Juristerei sind.
Gibt es etwas, dass Sie Ihren
und den Fans der Sendung gerne Mitteilen möchten?
Ich hoffe, Ihr erfreut Euch an der Show ebenso, wie wir
Spaß bei den Dreharbeiten haben.
Prüft bei Eurer Kritik immer, ob Ihr es selbst besser machen
könntet und dass manches einerseits durch Zeitnot aber
zum Teil auch durch bewusste Drehbuchanlage bei der ein
oder anderen Rolle verloren geht, was ihr in einem Fall
oder bezüglich einer bestimmten Rolle für angebracht gehalten
hättet.
Fragen©Wuschel |