» Nachgefragt bei Herbert Posner «




Was haben Sie gedacht, als Sie gefragt wurden, ob Sie Interesse haben an der Sendung mitzuwirken? Und was ging nach dem Anruf in Ihnen vor?
Ich wurde per Mail angeschrieben, ob ich Lust hätte, daran mitzuwirken und habe daraufhin und nach kurzem Nachdenken zum Telefon gegriffen. Insoweit war ich zwar von der Mail überrascht, im Telefonat indes nicht mehr, da ich wusste, mit wem und warum ich telefoniere.
Ich war mir eigentlich sicher, dass man mich nicht nehmen würde, wenn man mich erst einmal "in natura" gesehen hat, hatte aber Lust, mir "die Welt" des Fernsehens einmal von der anderen Seite der Mattscheibe anzuschauen und ging darum auf die Bitte um ein Casting ein.
Als ich dann vier Wochen später angerufen wurde, ich sei dabei, war ich allerdings platt, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass man meine "Pappnase" 2 Mio. Zuschauern täglich auf den Fernseher schicken wollte.

Was hat sich, seit Ihrem Mitwirken in der Sendung, für Sie geändert?
So gut wie nichts.
Die Drehtermine sind überschaubar wenige und durch die späte Zeitplanung der KME (KirchMedia Entertainment GmbH) sind in der Regel meine Gerichts- und sonstigen Termine bereits geplant, bevor die Zeitplanung für den nächsten Drehtag erfolgt.
So kommt es nicht selten vor, dass ich zu vorgesehenen Drehtagen nicht eingesetzt werden kann oder dass hier, falls nicht wichtige Termine anstehen, evtl. der Kalender noch etwas umgebaut wird, dass es klappt.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Rolle in der Sendung am besten?

Wenn ich etwas Freiraum zum Streit mit dem Staatsanwalt bekomme oder ein Fall, der zunächst als klare Verurteilung beginnt, dann doch im Freispruch endet, was leider nur sehr selten zugelassen wird.

Beim Plädoyer haben Sie die Angewohnheit immer hinter den Stuhl zu wandern. Eine Angewohnheit, die Sie schon immer hatten, oder die erst durch die Sendung entstanden ist?
Die Angewohnheit, hinter dem Stuhl zu plädieren, habe ich schon lange, da ich dadurch mehr Bewegungsfreiheit habe.
"Neu" ist allerdings die Drehung um den Stuhl, die ich im Fernsehen ausführe.
Bei den ersten Proben verschob ich den Stuhl, wie gewohnt. Da sich jedoch vor dem linken Stuhlbein zu dieser Zeit noch ein Loch als Kabeldurchlass im Boden befand, geriet der Stuhl hinein und kippte fast um (darum habe ich köstlich gelacht, als ich die Kurzgeschichte auf der Fanpage zum kippenden Stuhl sah).
Um dies zukünftig zu umgehen, fing ich an, die Pirouette um den Stuhl zu drehen und ihn nicht zu verschieben.
Vom Drehtsart bis zur ersten Ausstrahlung vergingen so 1,5 Monate mit Pirouette. Als ich dann die erste Ausstrahlung sah, fand ich das fürchterlich und ließ die Drehung am nächst folgenden Drehtag weg. Sofort fragte die Regisseurin, wo denn die Drehung geblieben sei und überredete mich, sie doch zukünftig bitte wieder zu machen.
Also drehe ich mich auch weiterhin um den Stuhl ...

Es sind im Laufe der Zeit schon einige aus der Sendung ausgeschieden und dafür neue hinzugekommen. Wie stehen Sie dazu?
Das kann jedem von uns passieren. Fernsehen ist hartes Geschäft und ein ständiger Kampf um Quoten.
Es ist faszinierend, wie genau man anhand der minutengenauen Quoten das Zuschauerverhalten ablesen kann. Das hat zwangsläufig nicht nur Einfluss auf die Dramaturgie der Fälle oder den Zeitpunkt der Werbeblöcke, sondern eben auch auf uns Darsteller.
Ebenso, wie niemand immer dasselbe Bild anschauen mag, mag er im Fernsehen ständig vorhersagen können, wie sich eine Person verhalten wird. Wir sind also ständig gefordert, uns weiter zu entwickeln.
Hast Du aber einen schlechten Tag oder ein Drehbuch, das Dir nun gar nicht zusagt, wirkst Du ggf. blass. Mit etwas Pech, bist Du dann halt draußen. Damit muss jeder von uns ständig rechnen und es gehört dazu.
Natürlich ist es schade, wenn Du Dich an eine/n Kollegin/Kollegen gewöhnt und Dich auf Sie/Ihn eingestellt hast und beim nächsten Mal erfährst Du, Sie/Er ist raus, aber damit müssen wir leben.

Wenn einer der Kollegen ausscheidet, in wie Weit bleibt der Kontakt bestehen?
Nahezu gar nicht. Einige der Ausgeschiedenen habe ich selbst nie kennen gelernt und selbst zu denen, mit denen man öfter dreht gibt es nur wenig bis gar keinen Kontakt außerhalb des Studios. Nicht zuletzt die räumliche Entfernung hindert daran schon und es gehören zudem immer zwei dazu.

Bei unserem Besuch der Dreharbeiten ist uns das gute Arbeitsklima besonders aufgefallen. Ist dieses lockere Verhältnis bei neuen Kollegen auch gleich auf Anhieb da, oder gibt es erst eine Art Schnupperphase?

Von den Beteiligten her ist das Verhältnis schon stets locker, aber als "Neuling" bist Du selbst damit zunächst überrascht und bist vor allem viel zu angespannt und in Deinen eigenen Gedanken (wie stell ich mich an, hoffentlich versau ich's nicht etc.) gefangen, um selbst auch so sein zu können. Aber es hilft ungemein, diese persönlichen Sorgen zu überwinden.

Welche Parallelen bestehen zwischen Ihrem realen Berufsleben und Ihrer Rolle in der Sendung?

- ich schreibe während der Beweisaufnahme tatsächlich immer und viel mit
- ich dulde es nicht (im normalen Berufsleben allerdings wesentlich weniger, als in der Sendung), wenn Staatsanwalt oder Richter meinen Mandanten "anmachen" oder einem Zeugen ein falscher Vorhalt aus der Beweisaufnahme gemacht wird (Bsp.: vorangegangene Aussage wird falsch oder verfälscht wiedergegeben)
- soweit möglich, dulde ich es nicht, dass mein Mandant ausfällig wird

Welche Unterschiede gibt es zwischen Ihrem Auftreten in der Sendung und dem bei einer realen Gerichtsverhandlung?
- ich sitze immer neben meinem Mandanten
- der Richter ist keine unantastbare Person und auch mit ihm kann man streiten
- ein Wortwechsel mit Richter oder Staatsanwalt muss nicht aus Zeitgründen kurz gehalten werden
- ich stelle in der Regel nicht wenige Beweisanträge (nur ein Richter, der nicht arbeiten muss, macht keine Fehler)
- meine Plädoyers sind in der Regel recht ausführlich und nie auf 1 Minute 10 Sekunden begrenzt
- ich schreibe meine Plädoyers fast nie vor, sondern halte sie frei
- ich drehe mich nicht um den Stuhl zum Plädoyer (s.o.)

Können Sie aus Ihrer Rolle in der Sendung etwas in Ihr reales Berufsleben übernehmen?

Das Training der Körpersprache ganz am Anfang hat mir gut getan, wenngleich sie noch immer verbesserungswürdig ist.
Insoweit bin ich unserem Fernseh-Coach, Michael Voppe, sehr dankbar und denke gerne an die erste Zeit zurück, als er uns begleitete und manchmal mit einem Pokerface durchs Studio auf mich zukam, sich vor mich hinstellte und sagte: "Das war Mist!", aber ebenso auch mit Lob nicht sparte, wenn es seiner Meinung nach passte.

Wie reagieren Sie, wenn sich Ihre Mandanten in einer realen Gerichtsverhandlung ähnlich verhalten wie in der Sendung?
Ich nehme an, dass die "Ausraster" gemeint sind.
Nun, ich nehme sie mir "zur Brust", zunächst flüsternd und wenn das nicht hilft nach Unterbrechungsantrag im Anwaltszimmer.
Ich behandle meine Mandanten nicht mit Samthandschuhen sondern trete ihnen, falls nötig, auch verbal in den Hintern.
Sie erwarten von mir bestmögliche Arbeit. Die kann ich nur liefern, wenn sie selbst mit derselben Einstellung an ihren Fall gehen.

Gibt es Fälle in der Sendung, die Ihnen wohl immer in Erinnerung bleiben?
Zwei Fälle:
- In einem hatte ich einen von zwei Jungs zu verteidigen, die Wohnmobilisten auf der Urlaubsreise überfallen hatten. Während der Beweisaufnahme sollten sie sich auf die Zeugen stürzen und von den Polizisten und Frank weggezogen werden. Die Szene wurde kalt (ohne Kamera - leider!!) geprobt. Meiner war ein Bär von Mann und als er merkte, er solle weggezogen werden, erhob er sich, die Arme in Schulterhöhe. An seinem linken Arm baumelte der etwas schmächtige Polizist, sich mit beiden Armen anklammernd. Ich lag unterm Tisch vor Lachen.
- Ein anderer Fall war vom Drehbuch her so angelegt, dass ich mich weigerte, ihn ohne Änderung zu drehen, da ich einen Verteidiger, wie er in der Rolle angelegt war, niemals spielen würde und per Mail zurückschrieb "Verteidiger gesucht". Toll ist, dass in solchen Fällen, so auch in diesem, kurzfristig umgeschrieben wurde, so dass ich ohne "Gesichtsverlust" mitwirken konnte.

Sie sind von Anfang an dabei. Was hat sich Ihrer Meinung nach im Laufe der Zeit verändert?
Es muss nicht mehr so viel improvisiert werden, wie zu Anfang.
Die Kommunikation auch zwischen den Drehtagen ist erheblich besser geworden, da sich die Beteiligten inzwischen untereinander kennen und ich auch weiß, mit welcher Frage ich wen ansprechen muss.
Die Dramaturgie wird immer mehr der Quote angepasst.

Wie oft haben Sie Gelegenheit sich selbst *bei der Arbeit* zu zusehen?
Bisher drei Mal.
Ich lasse hier alle Fälle, an denen ich mitwirke, auf Video aufzeichnen und mir, wenn ein Fall verpasst wurde, aus München schicken.
Zunächst habe ich die ersten beiden Sendungen im November gesehen, danach im Februar/März mal die bis dahin gemachten Videoaufzeichnungen angeschaut.
"Life" komme ich berufsbedingt nicht dazu.

Was war das für ein Gefühl, als Sie sich erstmals selbst im Fernsehen gesehen haben?

Grausam!
Es ist schon schlimm genug, sich auf Tonbandmitschnitten reden zu hören, aber sich dann auch noch selbst zu sehen, ist ungleich schlimmer.
Zudem fallen einem selbst Sachen negativ auf, die ein normaler Zuschauer wahrscheinlich gar nicht registriert.

Gucken Sie auch gelegentlich eine der anderen Richtersendungen?
Als ich wusste, dass ich bei "Richter Alexander Hold" mitmachen werde, habe ich mir jeweils einmal "Richterin Barbara Salesch" und "Das Jugendgericht" angeschaut.
Ansonsten passiert es ab und zu, dass ich nach Hause komme und kurz vor dem zu Bett gehen mal in die RBS-Wiederholung hineing
erate. Bislang allerdings noch nie von Anfang bis Ende.

Welchen Wert hat Ihrer Meinung nach eine solche Gerichtsshow?

Auch wenn solche Sendungen für das Fernsehen zum Teil ganz erhebliche Zugeständnisse machen, die in der Realität nicht oder nur schwer vorstellbar wären, halte ich sie für nicht unwichtig.
Ein Laie hat so die Chance, sich zumindest grob über den Ablauf einer Hauptverhandlung und auch darüber zu informieren, wie durch Fragen manchmal Angeklagte oder Zeugen in eine Ecke gedrängt werden können, in die sie gar nicht wollten.
Das "Gericht" bleibt für manchen dadurch nicht mehr so völlig ein unvorstellbares nebulöses Gebilde.
Wer die zeitliche Möglichkeit hat, sollte aber dennoch einmal als Zuschauer an einer realen Hauptverhandlung eines Schöffengerichtes teilnehmen.

Was hat Sie dazu bewogen Jurist zu werden?
Der Spaß daran, den uns seinerzeit im Rechtskundeunterricht unser Lehrer (Richter, der im Nebenjob Unterricht gab) vermittelte.

In welchem Alter hatten Sie bereits den Wunsch Rechtsanwalt zu werden?
Seit meinem 16. Lebensjahr wollte ich Strafrichter werden.
Erst im Durchlauf durch die verschiedenen Stationen (Richter, Staatsanwaltschaft, Rechtsanwaltskanzlei) im Referendariat habe ich diesen Wunsch verändert, da mir der Beruf des Rechtsanwaltes am meisten Spaß machte.
Dem Strafrecht blieb ich allerdings treu.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf am meisten?
- einen zu unrecht beschuldigten Mandanten zu erleben, der am Ende tatsächlich freigesprochen wird und zunächst überhaupt nicht in der Lage ist, sein Gefühle zu bewältigen, geschweige denn sie zu ordnen
- dass es Fälle gibt, die zu Anfang ausweglos erscheinen und dann doch noch ein Ergebnis entstehen kann, das man ursprünglich nicht für möglich hielt
- dass man zum Teil taktieren und mit den anderen Berufsjuristen ringen kann, wer "gewinnt"
- dass man -leider nur manchmal- das Glück hat, in erster Instanz vergeblich gegen die Windmühlen des "sturen" Tatrichters angerannt zu sein und das Revisionsgericht dann dessen Urteil ganz oder zum Teil aufhebt und ihm um die Ohren haut
- sich ständig auf neue Personen einstellen zu dürfen und müssen

Wie glauben Sie hätten Sie reagiert, wenn Ihnen vor 10 Jahren einer gesagt hätte, dass Sie eines Tages in einer Gerichtsshow mitwirken würden?
Wie die meisten hätte wohl auch ich es als Blödsinn abgetan.

Wann und wie sind Sie auf die Fanpage aufmerksam geworden?
Ziemlich kurz nach deren Gründung durch einen Eintrag im SAT 1 Forum.

Was gefällt Ihnen auf oder an der Page besonders?
Die Vielfalt, die unglaubliche Arbeit, die Ihr Euch damit macht, der vernünftige Umgangston ...

Wenn Sie etwas für die Page erstellen würden, in welcher Sektion wäre ihr Beitrag zu finden?
* grins * habe ich schon! Einen Comic.
Ohne diesen Fragebogen evtl. auch einmal ein Bericht, wie ich zu der Sendung kam.
Leider ist meine Zeit zu sehr begrenzt, so dass es mit schriftlichen Ausführungen meist beim guten Vorsatz bleibt.

Wie viel bekommen Sie von dem Rummel um Ihre Person mit und wie gehen Sie damit um?
Ich habe nicht das Gefühl, dass darum viel Rummel gemacht wird.
Ich lebe in einer verhältnismäßig kleinen Stadt und war auch schon vorher durch Tätigkeit in verschiedenen Gremien relativ bekannt.
Natürlich werde ich ab und zu darauf angesprochen und gebe soweit wie möglich auch Auskunft dazu. Ich versuche einfach, derselbe zu bleiben, wie immer und solange mich niemand versucht, zum "Star" hochzustilisieren, der ich weder sein will, noch bin, ist es o.k.
Dass ich an dieser Show mitwirke habe ich schließlich nicht irgendwelchen beruflichen Erfolgen oder besonderen Leistungen zu verdanken, sondern einzig dem Glück, dass man meine Kanzleihomepage auf der Suche nach Strafverteidigern durch Zufall im Internet fand.

Was mochten Sie am meisten, und was weniger während Ihres Studiums?
Am meisten:
das Leben im Studentenwohnheim, Doppelkopf spielen und Strafrecht.
Am wenigsten:
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Hausarbeiten während der Ferien schreiben müssen.

Können Sie derzeitigen und künftigen Jurastudenten etwas mit auf den Weg geben?

Ein Jurist mit tollen Noten kann nichts, wenn er mit Scheuklappen durchs Studium rast und keine Lebenserfahrung gesammelt hat.
Ich empfinde es als Ausbilder erschreckend, wie "arm" manche meiner Referendare an Lebensfähigkeit außerhalb der Juristerei sind.

Gibt es etwas, dass Sie Ihren und den Fans der Sendung gerne Mitteilen möchten?
Ich hoffe, Ihr erfreut Euch an der Show ebenso, wie wir Spaß bei den Dreharbeiten haben.
Prüft bei Eurer Kritik immer, ob Ihr es selbst besser machen könntet und dass manches einerseits durch Zeitnot aber zum Teil auch durch bewusste Drehbuchanlage bei der ein oder anderen Rolle verloren geht, was ihr in einem Fall oder bezüglich einer bestimmten Rolle für angebracht gehalten hättet.

Fragen©Wuschel




 

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