"Donnerstag, 18.10.07"
Der Fall:
Der Frührentner Klaus wird beschuldigt seine Frau
Agnes, eine wohlhabende Unternehmerin, entführt zu
haben. Da er keinen Zugriff auf ihre Karte hat, soll er
so versucht haben, sich Geld zu beschaffen. Wollte er seine
tyrannische Frau heimlich verlassen?
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Als Pia und Roman vor den Traualtar traten, lag seine Mutter
todkrank auf der Intensivstation. Man ging vom dem Schlimmsten
aus. Eigentlich wollte Roman zu einen solch unglücklichen
Zeitpunkt lieber nicht heiraten, aber Pia hatte ihn großäugig
überzeugt, daß sie damit ein Zeichen setzen
wollte. Es sollte ein Zeichen dafür sein, daß
sie auch in schlechten Zeiten zu ihm halten würde.
Roman glaubte, was er glauben wollte und da er aus eigenen
Antrieb kaum selbst nachdachte, trat er auch brav zum Heiraten
an. "Sie liebt mich halt so" dachte er gerührt.
Das glückliche Leuchten in Pias Augen galt aber nur
den vielen Cafés ihrer Schwiegermutter. Eine todkranke
Schwiegermutter, die bald sterben würde und ein vielversprechendes
Erbe, daß sie antreten würde. Was sollte denn
so ein Stoffel wie Roman damit anfangen? Pia war überzeugt,
daß ihr frischgebackener Mann noch Schwierigkeiten
damit hätte, bis drei zu zählen, geschweige denn
mehrere Cafes leiten konnte. Nein, der würde alles
nur in den Sand setzen. Sie dachte sich schon sicher als
Geschäftsführerin, da wurde ihre Schwiegermutter
wie durch ein Wunder gesund. Freudestrahlend saß
ihr Mann, diese Dumpfbacke, an ihren Bett und verlangte
auch noch von ihr daß sie in Glückstränen
ausbrach. Das durfte doch nicht wahr sein. Aufgebracht
verließ Pia das Krankenzimmer und knallte die Tür
zu. "Das ist die Freude" erklärte Roman
seiner eher ungläubigen Mutter.
Für die Trauzeremonie war es wohl besser gewesen,
daß Agnes fehlen mußte. Denn Agnes hätte
ihren Sohn eilends an den Haaren aus dem Standesamt gezogen.
Ironischerweise überstimmte ihre Meinung über
ihren Sohn mit der ihrer neuen Schwiegertochter. Beide
hielten ihn für einen ziemlichen Döspaddel. Aber
da hörte die Übereinstimmung der beiden auch
schon auf. Beide hassten sich vom ersten Moment an bis
aufs Blut und da Roman sogar noch nach der Hochzeit bei
den Eltern wohnen bleiben wollte, trafen sie zwangsläufig
jeden Tag aufeinander. Beide vom ähnlichen Temperament
lieferten sich nur allzu gern einen Grund zum Streiten
und sprangen fast freudig darauf an. Eigentlich war Agnes
Mann Klaus schon fast dankbar, daß jetzt nicht mehr
die ganze Hauptaufmerksamkeit seiner Frau auf ihn lastete.
Seine Frau hatte nämlich gar keinen Funken Respekt
vor ihm. Sie führte ihn vor wie einen Affen an der
Leine und er mußte auch noch gute Miene zum bösen
Spiel machen. Seinen Sohn hatten sie zu seinem 30. Geburtstag
ein Haus geschenkt. Aber der wollte doch wirklich hier
in diesen Haus bei dieser Frau bleiben, mit der Klaus jetzt
schon solange verheiratet war. Sein Sohn studierte Philosophie
an der Uni und sein Ideal war das der großen glücklichen
Familie vereint unter einen Dach. Das der Haupteil der
glücklichen Großfamilie sich am liebsten vor
neune schon an die Gurgel gesprungen wäre, übersah
er meistens. Klaus hielt seine Frau auch nur aus, weil
er in Gedanken immer ganz woanders war.
Klaus war Mitglied in einen Rosenzüchterverein. Seit
längerer Zeit schon zogen ihn nicht nur die Rosen
dorthin. Seine Frau hätte es ihm niemals zugetraut,
aber der Hauptgrund hiess Susanne Grimm und sie war so
ganz anders als Agnes, was Klaus als wohltuend empfand.
Sie versüßte sein Dasein ganz enorm und bald
wechselten sie von platonisch auf eine handfeste Affaire.
Wenn er mit ihr im Hotel "Dream One" sich genüßlich
mit ihr über die Laken wälzte, war er weit weg
von Agnes, die ihn nur Diätkost erlaubte. Manchmal
saß er zu Hause und träumte von seiner sanften
Susanne. Dann saß er gedankenverloren vor sich hin
und sehr oft ertappte er sich dabei, wie er dieses niedliche
Tattoo, welches sich auf ihren Hintern befand, nachzeichnete.
Leider holte ihn oft die herbe Wirklichkeit wieder ein.
Denn Agnes konnte alles, nur ihren Mann in Frieden lassen,
das wollte sie nicht. Stets mußte sie beweisen, daß
sie ihm fest an der Kandare hatte. Bei einen Grillfest
mit Freunden und Familie, hatte Klaus ausnahmsweise mal
Grillwürstchen und Koteletts auf den Teller geladen,
die wirklich zum Anbeißen aussahen. Sofort machte
ihn seine Frau vor versammelter Mannschaft zur Minna. "Klaus
iss nicht dieses fette Zeug. Du bist zu fett. Wenn ich
Dir zuschaue, möchte ich kotzen" Klaus packte
seinen Teller und schmiss postwendend alles in den Müll
und häufte sich trotzig einen Salat auf. Roman sah
besorgt zu, wie sein Vater auf dem Salat herumkaute, daß
ihm beim Zusehen schon die Zähne wehtaten. Plötzlich
brach es aus seinen Vater heraus "Ich halte das nicht
mehr aus. Keine Sekunde." Roman sah seine Frau an,
die ihrer Schwiegermutter finstere Blicke zuwarf und sah
seinen Vater an, der erschreckend wütend wirkte. "Denen
würde ich jetzt auch kein Messer in die Hand geben"
dachte er erschrocken."
Roman wäre noch viel mehr erschrocken, wenn er gewußt
hätte, was sein Vater so im Stillen alles tat um seine
Frau loszuwerden. Agnes machte sich oft und gern lustig,
daß Klaus noch nicht mal eine Trittleiter reparieren
könnte ohne daß die auseinanderfiel und ihr
Laufband schon gar nicht. Denn das hatte nachdem Klaus
es repariert hatte ihr einen derben Stromschlag versetzt.
Wenn Agnes den wahren Hintergrund gekannt hätte, hätte
sie direkt die Polizei angerufen. Bei der Trittleiter hatte
er ausversehen eine Schraube vergessen, aber der Stromschlag
war vollkommen beabsichtigt gewesen. So dumm war Klaus
nämlich nicht, als daß er das Netzteil nicht
manipulieren hätte können. Eigentlich hätte
der Stromschlag Agnes töten sollen. Klaus verstand
immer noch nicht, warum daß nicht funktioniert hatte.
Anscheinend hielt die pure Boshaftigkeit Agnes am Leben.
Susanne und er hatten heimlich je ein Ticket nach Brasilien
gebucht. Dort wollten sie ein neues Leben beginnen. Was
er mit Agnes anstellen sollte, wußte er noch nicht.
Aber als er und Susanne wieder lustig durch die Hotelbetten
turnten, passierte etwas, was er sich in seinen kühnsten
Träumen nicht hätte vorstellen können. Agnes
wurde entführt.
Pia war eine nüchtern denkende Frau und sie war gewohnt
zu handeln. Agnes war 49 und äußerst fit und
gesund für eine Frau, die angeblich im Sterben gelegen
hatte. Täglich vollzog sie ihr Fitnessprogramm, danach
konnte man wirklich die Uhr stellen. Zu nett aber auch.
Pia hatte nicht vor ewig die zweite Geige zu spielen. Sie
wollte ihr eigenes Ding machen und daß Geld dazu
würde sie über Agnes bekommen. Die Gute wußte
nur noch nicht von ihren Glück. Geduldig wartete sie
ab bis ihre Schwiegermutter samt MP3-Player auf das Laufband
stieg und mit dem Training begann. Sie wartete ab, bis
sie ganz sicher war, daß diese sie nicht bemerken
würde. Dann nahm sie den Chloroformlappen und drüchte
ihn ihrer Schwiegermutter auf den Mund. Alles war vorbereitet.
So oft sie es auch verflucht hatte, aber jetzt erwies es
sich als Glücksfall, daß Roman das Haus abgelehnt
hatte und es leer stand. Dieses würde als ideales
Versteck für Agnes dienen. Pia mußte grinsen
bei dem Gedanken, daß die so figurbewußte Agnes
dort nur fette Würste und zuckrige Coca-Cola vorgesetzt
bekommen würde. "Geschieht Dir ganz recht, Du
alte Hexe" dachte sie. Schade, daß sie ihr Gesicht
nicht sehen konnte, wenn sie aufwachte. So nun das wichtigste
die Nachricht. "Wenn Sie Ihre Frau lebendig wiederhaben
wollen, zahlen Sie 250 000 Euro. Keine Polizei". So,
und nun der Ring in den Briefumschlag, damit auch ja allen
klar wurde, wie ernst die Sache war.
Als Klaus die Nachricht bekam, kam es ihm wie höhere
Gerechtigkeit vor. Er musste sich an dieser Furie die Hände
gar nicht schmutzig machen. Das war eindeutig die Belohnung
für alle seine Leiden. Er würde zur Bank gehen
und Geld abholen. Auch wenn er die Kontovollmacht nicht
hatte, keine Bank der Welt würde ein Entführungsopfer
im Stich lassen. Aber natürlich würde er bestimmt
nicht damit das Lösegeld bezahlen, das Geld stand
ihm zu. Susanne und er, glücklich vereint in Brasilien
- für immer. Bei diesen Gedanken wurde im warm ums
Herz. Agnes wurde es auch ganz anders ums Herz als ein
Zettel unter der abgeschlossenen Türe geschoben wurde
"Kein Lösegeld - weiterschmoren!" Das war
doch wohl der Gipfel. Bekam Klaus denn gar nichts alleine
gebacken. Wahrscheinlich lief der kopflos zu Hause herum
und plärrte vor sich hin. Was würde der nur ohne
sie tun. Dieser Mann war wirklich zu gar nichts zu gebrauchen.
Aber Agnes war schließlich nicht auf den Kopf gefallen
und hartnäckig konnte sie auch sein. Sie brachte es
wirklich fertig sich alleine zu befreien. Auf Klaus konnte
sie wie üblich lange warten.
Es war für Agnes vollkommen unverständlich, daß
ihr Mann verdächtigt wurde, hinter der Entführung
zu stecken. Mochte Agnes noch so oft aussagen "Der
ist doch viel zu doof dafür, es war meine Schwiegertochter
Pia" Dieses Mal hörte mal keiner auf sie und
Klaus wurde verhaftet und vor Gericht gestellt. Agnes sagte
es jeden der es hören wollte, dieser Mann war zu dumm
eine Entführung auf die Beine zu stellen. Da mußte
man doch nur an die Trittleiter und das Laufband denken,
was nach seiner Reparatur fast zur tödlichen Falle
geworden wäre. Komischerweise merkte der Richter bei
dieser Aussage auf. Dem mußte man dann wohl nachgehen.
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