"Mittwoch, 18.04.07"

Der Fall:
Ein Mann wird beschuldigt nach einen Fussball-Spiel den Platz eines Mitspielers mit Sekundenkleber bearbeitet zu haben, so daß er daran festklebte. Wollte er sich so an seinen Kameraden rächen, weil der ihn ständig provozierte? Und was haben das Opfer und der beste Freund zu verbergen?

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Der FC Pollstadt gehörte vielleicht nicht zu den erfolgreichsten Fussballvereinen und ganz bestimmt nicht zur Bundesliga, aber Florian spielte trotzdem voller Begeisterung mit. Mit den meisten Spielern kam er auch gut aus und sie hatten sogar einige Fans, die sie bei den Spielen anfeuerten. Alles hätte so schön sein können, wenn es nicht Martin gegeben hätte, der dummerweise auch noch der Kapitän des Fussballvereines war. Das Fussball ein Spiel war zu dem auch eine große Portion Mannschaftsgeist gehörte, schien Martin ganz entgangen zu sein. Martin war der Mann auf dem Platz der für Tore sorgte, die anderen hatten ihm gefälligst dabei nicht in die Quere zu kommen. Falls doch etwas schief lief, hatte Martin auch ganz schnell den Schuldigen gefunden, der seiner Meinung nach alles verbockt hatte. Meistens fiel Florian diese undankbare Rolle zu und Martin beschimpfte ihn schon auf dem Platz und nach dem Spiel machte er ihn richtig fertig. Man sollte meinen, daß Martin einen richtigen Narren an Florian gefressen hätte. Dabei hatte Florian es schon schwer genug.

Es gab etwas was Florian niemanden anvertrauen würde, noch nicht mal seiner Freundin. Er hatte ein Geheimnis, das machte, das er sich furchtbar blöd vorkam und seine größte Angst war, das jemand es herausfinden könnte. Bestimmt würden ihn alle auslachen. Niemand außer seiner Schwester wußte es. Florian konnte nicht lesen und schreiben. Er zog auch alle Register, damit niemand etwas davon erfuhr. Seine Hausaufgaben machte seine Schwester, sowie alles andere Schriftliche auch. Jedes Mal wenn in der Schule einer der Schüler etwas an die Tafel schreiben sollte, wurde ihm regelmäßig schlecht vor Angst. Wenn er aufgerufen wurde, täuschte er Übelkeit vor und raste auf die Toilette, wo ihn vor lauter Angst vor Blamage tatsächlich übel wurde. Alle anderen konnten lesen, warum er nicht? Nicht, daß er es nicht versucht hatte. Aber irgendwann als der Druck immer größer geworden war, hatte er einfach abgeschaltet, nachdem er zuvor immer hektischer geworden war. Wenn er jemanden gefragt hätte, der Ahnung gehabt hätte, hätte er erfahren, daß die sogenannte Legasthenie kein Zeichen für Dummheit war, sondern daß sogar Hochbegabte darunter leiden konnten. Es hätte einfach ein spezielles Lesetraining gebraucht. Aber Florian vertraute sich niemanden an und seine Schwester nahm ihm weiterhin alles schriftliche ab.

Dabei war Jaqueline gerade von Florians Briefen so begeistert. Seine Liebesbriefe gefielen ihr so übermäßig gut, daß sie sie gern immer wieder hervorkramte und aufs Neue durchlas. Sie wäre niemals auf die Idee gekommen, daß Florian die Briefe seiner Schwester diktierte. Zwangsweise nahm Florian Connie fast überall mit, was Jaqueline anfangs irritierte und dann ziemlich nervte. Sie wollte mit Florian alleine sein, warum mußte die immer dabei sein? Schließlich nahm sie es Connie sehr übel und ließ sie es auch etwas spüren. Sie war ja auch nicht die einzige, die bemerkte, daß es die beiden nur noch als Duo gab, was Martin dazu veranlaßte, sehr häßliche Gerüchte über die beiden zu verbreiten. Jaqueline glaubte das zwar nicht ganz, aber verhielt sich Florian ihr gegenüber nicht auf einmal ganz anders als am Anfang? Die Liebesbriefe blieben aus und nicht mal auf ihre SMS antwortete er noch. Probeweise schrieb sie ihm eine SMS, in der stand, daß er sich unbedingt melden sollte. Aber nicht einmal darauf reagierte er. Schließlich machte sie probeweise Schluß mit ihm, weil sie wissen wollte, ob er um sie kämpfen würde. Aber die gewünschten Reaktionen blieben aus. Anscheinend gab es wirklich keinen Platz mehr zwischen Florian und Connie. Connie dagegen redete wild auf Florian ein, Jaqueline alles zu erklären, aber Florian blieb stur. Er war sicher, daß Jaqueline ihn dann erst recht verlassen würde.

Während sich Florian abplagte sein Geheimnis zu wahren, hatte Martin ganz andere Sorgen. Das nächste Spiel würde sehr, sehr wichtig werden. Martin ging die Chancen nüchtern durch. Die gegnerische Mannschaft stand in der Tabelle um einiges über dem FC Pollstadt und ein Sieg gegen dieses Team würde wichtige Punkte bedeuten, die ihren Platz erheblich verbessern konnte. Hier zählte nur das Resultat. Per Internet bestellte er Tabletten, die die Leistung fördern sollten. Ganz allein auf seine sportlichen Leistungen zu setzen, schien ihm zu riskant. Was ihm diese Internetfirma da schickte, checkte er kaum durch. Er hatte Dopingmittel bestellt, also konnte er auch erwarten solches zu bekommen. Die Tabletten hießen Hypno noch was, das war ihm Pott wie Deckel. Die Mittel würden ihm zum Sieg verhelfen und sie würden vielleicht bald aufsteigen, daß allein zählte für ihn. Er hatte auch kein Bedenken seinen besten Freund Björn von den Tabletten zu geben, der gleichzeitig auch Torwart im Verein war. Vielleicht hätte er sich die Packung doch besser angeguckt. Björn wußte nämlich sehr wohl, daß etwas was mit Hypno anfing, sehr sehr müde machte. Aber auch sein bester Kumpel hielt Björn nicht für übermäßig schlau, also fragte er ihn erst gar nicht.

Martins Schwester Mona war bestimmt nicht sein größter Fan, aber Fußball fand sie einfach klasse und darum wollte sie das Spiel auch sehen. Natürlich wollte diese Blödbacke sie wieder nicht dabei haben und brummelte etwas sehr unfreundliches, aber das interessierte sie nur am Rande. Wenn Martin glaubte ihr etwas verbieten zu können, dann hatte er wohl eine noch größere Schramme, als sie es ohnehin schon annahm. Martin konnte sie schlecht zu Hause anbinden, also folgte sie ihren großen Bruder einfach und war so gar nicht vom Spielrand zu vertreiben. Monas Blick suchte Martin und fand ihn auch, natürlich zusammen mit Björn, der auch keine Leuchte war. Sie traute ihren Augen nicht, beide murmelten etwas vor sich hin und schluckten je eine Tablette und Martin sagte sowas wie "Kohle nach dem Spiel" . Nicht einmal Martin konnte so doof sein sich zu dopen. Was immer es auch gewesen war, die Leistung der beiden verbesserte sich nicht dadurch. Martin stolperte über das Spielfeld und vergab eine Torchance nach der anderen, während Björn wie ein Schlafwandler im Tor stand und zusah, wie die Bälle an ihm vorbeiflogen. Martin war aber noch nicht zu müde um nicht Florian die Schuld an der Misere zu geben. Ganz deutlich konnte man hören, wie er Florian als Weichei und Spasti beschimpfte. Nach dem Spiel machte sich Björn dann doch noch die Mühe zu fragen, was zur Hölle Martin ihm da für teures Geld angedreht hatte. Als er den Namen des Mittels hörte fiel er fast vom Glauben ab. Jedes Kind wußte, daß etwas mit Hypno müde machen mußte.

Ausgenommen der gegnerischen Mannschaft, die freudestrahlend ihren Sieg von 4:0 frenetisch feierten, war niemand glücklich an diesen Tag. Und eigentlich hatte Björn nur einen Gedanken, er wollte es Martin so richtig heimzahlen. Während alles seinen Frust mit reichlich Bier wegspülte, schlich er sich in die Kabine und präparierte Martins Platz mit Sekundenkleber und dem Schild "Achtung hier sitzt ein Arsch" Als Martin von der Tanke zurückkam, setzte er sich nach dem Duschen noch reichlich benebelt hin und hing seinen Gedanken nach. Er war sauer, nicht einmal daß er Florians Rad mit seinen Auto eben plattmachen konnte und der wie ein Mädchen geheult hatte, heiterte ihn auf. Er wollte aufstehen und sich anziehen, aber es ging nicht, er klebte fest. Was dann folgte, war ein einziger Alptraum. Björn kam in die Kabine, erstickte fast an seinen Lachen und trommelte alle zusammen. Und sie kamen wirklich alle. Seine Teamkollegen und sogar seine kleine Schwester. Alle sahen ihn wie er splitternackt an der Bank klebte. Mit vereinten Kräften versuchten sie ihn von der Bank zu ziehen. Es brachte nichts, außer das Martin vor Schmerz anfing zu brüllen. Und als ob das nicht noch schlimm genug gewesen wäre, filmte Björn alles mit seiner Handykamera. Martin wollte aufspringen um seinen besten Kumpel an die Gurgel zu gehen, weil er das nicht konnte, verlegte er sich darauf Björn zu beschimpfen. "Hast Du zuviel eingenommen?" Mona, die mittlerweile schon Lachtränen in den Augen hatte, machte große Ohren. Also hatte ihr Bruder und Björn wirklich gedopt.

Als Martins Elend am allergrößten war, holten sie sogar noch die Feuerwehr. Aber es blieb ihnen auch gar nichts anderes übrig. Die Feuerwehrmänner sahen auch aus, als würden sie sich prächtig amüsieren, aber sie hatten den richtigen Einfall. Sie legten Martin auf die Seite und befreiten ihn mit einen Lösemittel. Alle wie sie da standen, bestaunten seinen feuerroten Hintern und alles bepissten sich vor Lachen. Das Gelächter wollte kein Ende nehmen auch die Tage danach nicht, wenn sie sahen, daß er überall ein Sitzkissen mitschleppen mußte. Martin zeigte Florian an, denn wer sollte sonst einen Grund abhaben ihm das anzutun? Vor allen Dingen, weil er noch dessen Freundin angegraben hatte, die doch wieder zu ihm zurück wollte. Florian hätte ganz einfach beweisen können, daß er es nicht gewesen war. Schließlich konnte er den Zettel nicht geschrieben haben, weil er es gar nicht konnte. Er sagte es auch nicht seinen Anwalt, der händeringend seine Unterschrift wollte. Lieber stand er den Prozeß durch. Für Martin sollte der Prozeß auch kein Vergnügen werden. Noch nicht mal im Gerichtssaal hörten seine Mannschaft auf über ihn zu lachen.


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