"Samstag, 02.12.06"
Der Fall:
Die ehemalige Prostitierte Silvia soll versucht haben,
ihren blinden und herzkranken Ehemann mit seinen Medikamenten
umzubringen - er überlebte den Anschlag nur knapp. Wollte
sie ihn töten, weil sie an sein Millionenerbe wollte?
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Übertriebenes Zartgefühl konnte sich Hermann Franke ganz
gewiß nicht vorwerfen. Ehrliche Menschen hätten ihm auch
gern bescheinigt, daß er ungefähr soviel Mitgefühl für
seine Mitmenschen besaß wie ein ausrangiertes altes Backblech.
Aber Ulrike betete ihn trotzdem an, egal wie gemein oder
herabwürdigend er sie auch behandelte. Ihre Tochter konnte
nur fassungslos daneben stehen und mußte mit ansehen, wie
ihre Mutter jeden Tag sich ein klein wenig elender anhörte.
"Benutz Deinen Verstand und sieh endlich ein was für
ein Schwein das ist" hätte Corinna am liebsten geschrien.
Aber das würde nichts bringen, außer daß ihre Mutter anfangen
würde zu weinen. Dabei nutzte auch die größte rosa Brille
nichts um diese Beziehung schön zu reden. Hermann wollte
Corinna nicht in der Nähe haben, also ging sie auf ein
Internat. Jetzt war sie fern ab vom Schuß und Hermann verspottete
und beleidigte Ulrike nach Herzenslust. Eines Tages sollte
er zu weit gehen. Als Ulrike ihn zusammen mit einer Prostituierten
in ihren gemeinsamen Bett erwischte, flippte sogar die
gutherzige Ulrike aus. Das ließ sich ein Hermann natürlich
nicht bieten. Er schmiß Ulrike aus dem Haus und seinen
Leben. Ulrike sollte sich das erste und letzte Mal gewehrt
haben, sie stürzte sich von einer Brücke. Corinna suchte
Hermann vergeblich auf der Beerdigung. Für ihn war die
Sache gegessen. Aber für Corinna noch lange nicht.
Hermann hatte keine Schuldgefühle nach Ulrikes Tod. Er
überlegte eher über eine neue Frau an seiner Seite nach.
Eine, die wußte was sie wollte und für Geld alles tat.
Natürlich eine mit Erfahrung. Dann kam er auf die Idee
seinen langfährigen Freund Jochen dafür einzuspannen eine
Prostituierte aus einem Bordell freizukaufen. Dabei mußte
er sich auf Jochen verlassen, da er bei einen Bootsunfall
blind geworden war. So kam er zu Elke Kampmeier, die ihrerseits
genau wußte, daß es sich bei Hermann Franke nicht um Richard
Gere handelte. Aber andererseits würde es schön sein nur
mit einen Mann schlafen zu müssen, der hoffentlich etwas
höflicher war als manche Freier. Wenn so etwas geschah,
hatte sie nicht viele Möglichkeiten sich zu wehren. Eine
Gewerkschaft für Prostituierte gab es nicht und Sozialleistungen
schon gar nicht. Wenn man sich nicht allzu viele Illusionen
über Hermann machte, war der nicht übel. Und er konnte
großzügig sein. So ein bißchen wie Pretty Woman kam sie
sich dann doch schon vor. Elke hätte ein zufriedenes Leben
führen können, wenn ein Giftanschlag nicht alles zerstört
hätte. Elke hatte das ausgespochene Pech, als Hauptverdächtige
angeklagt und auch verurteilt zu werden. 13 Jahre lang
sollte sie hinter Gitter. Die wahre Täterin hatte bestimmt
nicht vor die Behörden über die Wahrheit zu informieren.
Corinna kochte vor Wut. Warum hatte Hermann bloß überlebt?
Aber als Jochens Sprechstundenhilfe würde sie wieder eine
Gelegenheit erhalten. Sie mußte nur warten.
Als Elkes Kollegin und Freundin hatte Silvia natürlich
mitbekommen, was ihrer Freundin passiert war. Aber als
Jochen sie aus dem Bordell freikaufte um sie als Hermanns
Ehefrau zu vermitteln, überlegte sie nicht zweimal. Prostitution
war kein Geschäft, daß man bis ins hohe Alter ausüben konnte.
Außerdem wußte sie nie, ob ein Freier sich nicht vielleicht
als gewalttätig entpuppen konnte. Als Elke davon hörte,
daß Silvia eingewilligt hatte die zweite Frau Franke zu
werden, hatte sie heftige Zweifel an der Wahl ihrer Freundin.
Sie hatte lange darüber nachgedacht, was ihr passierte
und es gab nur zwei Alternativen. Entweder hatte Hermann
sie nur loswerden wollen und das alles inszeniert oder
der wahre Täter lief immer noch frei herum. Und was würde
ihn daran hindern noch ein zweites Mal zuzuschlagen? Trotzdem
blieb ihr nichts anderes übrig als Silvia viel Glück zu
wünschen. Zuerst sollte Silvia mehr Glück haben. Alle Briefe
die sie Elke schrieb, klangen glücklich und zufrieden.
Und tatsächlich schien Silvia das Glück gepachtet zu haben.
Wie Ulrike vor ihr, glaubte sie in Hermann die große Liebe
gefunden zu haben. Hermann war so witzig und so charmant.
Er konnte sie zum Lachen bringen. Schwärmerisch schrieb
sie Elke, wie schön es wäre nur mit einen Mann schlafen
zu müssen und wie gern sie das machen würde. Hermann war
ja so liebevoll. Außerdem war das Geld gar nicht mehr so
wichtig. Hermann stand ja jetzt an erster Stelle. "Ich
habe mich verliebt in meinen eigenen Mann." Die Stelle
las Elke immer wieder kopschüttelnd durch. Insgeheim sah
sie Hermann nämlich durch ganz andere Augen. Hermann zeigte
auch bald seine andere Seite. Obwohl für Silvia wie damals
für Elke die Regel galt, daß er untreu sein durfte, wurde
er seinerseits immer eifersüchtiger. Wenn Silvia das Haus
verließ, wollte er wissen wohin. Wenn sie später nach Hause
kam, wollte er wissen warum. Und das ihr Handy dauernd
klingelte, ärgerte ihn besonders. Silvia konnte ihm nicht
sagen, wo sie gewesen war. Und wer da dauernd anrief, daß
wußte sie wirklich nicht. Hermann sah rot vor Wut und glaubte,
daß ein anderer Mann dahinter steckte. Lauthals verlangte
er die Scheidung.
Die arme Silvia liebte Hermann nach wie vor und ihr wäre
nie eingefallen ihn zu betrügen. Aber er blockte ja jedes
Gespräch ab und schrie nach wie vor, daß sie keinen Cent
Unterhalt bekommen würde. So war es im Ehevertrag ausgemacht
gewesen. Im Falle seines Todes hätte Silvia zehn Millionen
geerbt. Aber Silvia interessierte wirklich nicht das Erbe,
sie wollte ihren Mann behalten. Aufgelöst besuchte sie
ihre Freundin und phantasierte über einen Liebesurlaub,
der alles nochmal retten könnte. Hilflos sah Elke sie an.
Wie machte man der besten Freundin klar, daß ihr Lebenstraum
für jeden sichtbar geplatzt war? Das war unmöglich, in
einen solchem Fall konnte man denjenigen nur in die Arme
nehmen und immer wieder versichern, daß alles wieder gut
werden würde. Auch Corinna hörte Silvia gut zu. Sie tat
dies aber nicht, weil sie so eine gute Freundin von Silvia
war. In Wirklichkeit haßte sie Silvia. Aber das wäre der
geeignete Moment um endlich ihre Rache an Hermann durchzuführen.
Und diese Frau hier würde für alles geradestehen. Corinna
tat erschrocken. Angeblich hatte sie ihr Handy in Hermanns
Haus vergessen und wollte nicht klingeln, da Hermann sie
nicht leiden konnte. Ob Silvia vielleicht so nett wäre....
Silvia versprach ihr das Handy zu bringen. Corinna grinste
gemein. Ihr ging es gar nicht um das Handy. Sie wollte
nur das Silvia in der Nähe des Hauses gesehen wurde.
Wie jeden Tag nahm Hermann seine Beta-Blocker mit dem Tee
ein, den er dafür eine Stunde vorher aufgesetzt hatte.
Er hatte eben seine festen Gewohnheiten. Er trank den Tee,
nichtsahnend daß Corinna in den Tee Calciumantagonisten
gegeben hatte, ein Medikament daß eine tödliche Wechselwirkung
mit seinen Medikamenten hatte. Er ärgerte sich immer noch,
denn er hätte schwören können, daß Silvia im Haus gewesen
war. Hermann hatte doch ihre Schritte erkannt. Ziemlich
verstimmt ging er auf die Terrasse um noch ein wenig Musik
zu hören. Ihm schwindelte leicht, daß mußte wohl die Aufregung
gewesen sein. Aber der Schwindel verstärkte sich und dann
wurde ihm richtig schlecht. Bewußtlos schlug er auf dem
Boden auf. Vielleicht wäre Corinnas Plan dieses Mal wirklich
aufgegangen. Aber Jochen entschied sich den vollgepackten
Schreibtisch zu ignorieren und seinen Freund zu besuchen.
Als ihm keiner aufmachte, schloß er die Türe auf. Mittlerweile
hatte Hermann keinen Puls mehr. Sofort leitete Dr. Jochen
Seitz die Wiederbelebung ein. Und wieder hatte Hermann
Glück im Unglück. Silvia sollte kein Glück haben, denn
schon wurde sie verhaftet und saß in Untersuchungshaft.
Silvia wußte, daß die Chancen schlecht für sie standen.
Sie hatte ein Motiv, Hermann wollte sich scheiden lassen
und statt des Erbes hätte sie dann keinen Cent Unterhalt
erhalten. Außerdem hatte man sie in der Nähe des Hauses
gesehen. Eins war jedoch klar. Jemand hatte sie und Elke
loswerden wollen. War es Paula gewesen? Im Leben wäre Silvia
nicht auf Corinna gekommen, die doch so nett war. Bei dem
darauffolgenden Prozeß sollte Herman eine Überraschung
erleben... Ein heimlich angefertigter Schlüssel zu seinem
Haus sollte auch der Schlüssel zu dem Fall werden.
cocosgirl
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