"Samstag, 21.10.06"
Der Fall:
Der 19-jährige Azubi Felix wird beschuldigt, seinen
verhassten Mitschüler Sven mit einen Auto gejagt und in
eine Baugrube gedrängt zu haben. Wollte Felix Sven dafür
bestrafen, dass er wegen ihn von der Schule flog? Oder
hat scih ein anderer Schüler dafür gerächt, dass Sven ein
brutaler Schläger ist?
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Laura Ersts Berufsschulklasse hatte sich komplett im Klassenraum
eingefunden. Nun fast komplett. Ein Schüler brauchte natürlich
wieder mal seinen großen Auftritt. Laura trommelte ungeduldig
mit den Fingern auf den Tisch herum, so wie sie Sven Bachmeier
kannte würde der in der nächsten halben Stunde, wenn es
dem gnädigen Herrn dann mal paßte, aufkreuzen. Pünktlich
zum Unterricht zu erscheinen war anscheinend unter seiner
Würde. Das Problem war allgemein bekannt und Laura tröstete
sich mit der Tatsache, daß Sven allen Lehrern hier auf
der Nase herumtanzte und das das nicht an der fehlenden
Kompetenz ihrerseits lag, wenn diesen Burschen einfach
nicht beizukommen war. Richtig laut sagte es niemand, aber
man munkelte, daß Sven es nicht nur beim Unverschämtsein
bleiben ließ, sondern auch Schüler bedrohte und auch oft
verprügelte. Ihr Blick ging über die Klasse. Na, da waren
so manche mit blauen Flecken, aber die konnten sie sich
ja auch auf der Arbeit bei ihrer Ausbildung zum Maurer
geholt haben. Obwohl manche so aussahen, als hätten sie
eine Ausbildung zum Gladiator hinter sich. Gut möglich,
daß Sven seine Mitschüler verprügelte, aber niemand sagte
einen Ton. Sensationell - Sven hatte sich heute nur um
eine Viertelstunde verspätet. Ohne ein Wort der Entschuldigung
tänzelte er wie ein Boxer auf seinen Platz zu. Wahrscheinlich
darf ich noch froh sein, daß er hier nicht auch noch auf
Cheerleadern besteht, dachte sie und fuhr mit dem Unterricht
fort.
Felix kannte sich mit Sven bestens aus, mehr als im selber
lieb war. Leider hatte Sven ihn zu seinen ganz persönlichen
Lieblingsopfer auserkoren, eine Ehre auf die er nur zu
gern verzichtet hätte. Aber er war bestimmt nicht so verrückt
darüber mit einen Lehrer zu reden. Zu was Sven fähig wäre,
wollte er ganz bestimmt nicht wissen. Über mangelnde Aufmerksamkeit
konnte sich Felix nicht beklagen. In der Schule machte
ihm Sven das Leben zur Hölle und zu Hause saß ihm sein
Vater im Nacken wegen der Ausbildung. Die Maurerausbildung
gefiel ihn nur mittelprächtig. Seine Noten in Technik waren
bestimmt irgendwo im Keller und eigentlich hätte er lieber
etwas ganz anderes gemacht. Etwas mit Musik zum Beispiel.
Er wünschte, er könnte sich mit seinen Vater in aller Ruhe
darüber unterhalten, aber das war unmöglich. Eine Andeutung
in die Richtung und sein Vater würde rot sehen und sofort
wieder etwas von Nichtsnutz und Faulpelz schreien, ehe
er auch nur die Hälfte gehört hätte. Falls er sowas wie
Zuhören überhaupt beherrschte, was er stark anzweifelte.
Nein Kommandieren und Brüllen lag seinen Vater viel mehr.
Also schleppte er sich durch diese Ausbildung und versuchte
dabei möglichst auch noch Sven zu überleben.
Man konnte nicht sagen, daß Felix sich keine Mühe gab.
Er stand in den meisten Fächern auch ganz gut, außer in
Technik. Ihm fehlte die technische Begabung und manchmal
schien es ihn so, daß die Lehrer auch auf Altägyptisch
hätten unterrichten können, er würde genauso viel verstehen.
Eines Tages kam Frau Erst und bestätigte Felix, was er
schon lange befürchtet hatte. Seine Note in Technik war
wirklich grottenschlecht. Ihm wurde speiübel, er konnte
schon seinen Vater vor sich sehen, der wie üblich total
ausflippen würde. Felix tat Laura leid und bevor sie es
sich richtig überlegt hatte, bot sie ihm Nachhilfe an,
der bei ihr zu Hause stattfinden würde. Felix kippte fast
vom Stuhl, als er erfuhr wo die Nachhilfe sein sollte,
aber das war irgendwie doch ok. Alles war recht, solange
er nicht mit einer schlechten Note vor seinen cholerischen
Vater auftauchen mußte. Jetzt hätte wirklich alles wieder
in Ordnung kommen können, wenn Sven nicht davon Wind bekommen
hätte. Und der hatte wie üblich eine ganz üble Idee, die
jemand anders natürlich für ihn ausführen sollte. Wenn
Felix bei der Erst war, dann konnte er doch prima Aufgaben
samt ihren Lösungen klauen. Wenn es aufflog, dann war es
Felix Problem und nicht seins. Er hatte gar keine Zweifel
daran, daß Felix mitmachen würde. Falls der nicht wollte,
er würde ihn schon überzeugen.
Als Sven Felix dann mit dem "Vorschlag" kam,
fiel der aus allen Wolken. Seine Lehrerin zu beklauen,
das war wirklich das allerletzte was er machen wollte.
Leider hatte er gar keine andere Wahl, den Sven hatte ihm
wortreich die Konsequenzen angedroht, falls der nicht mitspielen
würde. Und irgendwie fühlte er sich noch zu jung für ein
Leben ohne Zähne. Das Stehlen der Unterlagen war ganz einfach
gewesen, das schlechte Gewissen war nicht so einfach zu
ertragen. Frau Erst war so nett zu ihn und außerdem sagte
sie immer wieder was für Fortschritte er machen würde um
ihn aufzubauen. Die Unterlagen gingen weg wie warme Semmeln
und das Geld ging natürlich alles an Sven. Als alles aufflog
stand Felix ganz allein da und gegen eine Menge von Leuten,
die ihn einen Haufen Fragen stellten, wütend waren und
Erklärungen hören wollten, die sie ihn dann sowieso nicht
glaubten. Frau Erst wollte wissen warum er es gemacht hatte,
der Rektor wollte wissen warum er es gemacht hatte. Überhaupt
alle wollten das wissen, keiner wollte glauben, daß er
es nicht freiwillig getan hätte. Aber ihn rauswerfen, das
wollten sie und das taten sie auch. Felix Vater interessierte
nicht die Frage nach den Warum. Nein, viel lieber wollte
er seinen Zorn direkt an seinen Sohn auslassen. Er packte
Felix Gitarre und zerschmetterte sie in viele Einzelstücke
und sprach hinterher kein Wort mehr mit seinen Sohn. Irgendwie
mußte Felix das Sven heimzahlen.
Am 21.04 hatte er gesehen wie Felix seine Lieblingskneipe
betrat. An diesen Tag war wirklich alles zusammen gekommen,
sein Vater der ihn andauernd einen Versager nannte und
jetzt auch noch mußte er auch noch auf Sven treffen, der
an allen Schuld war. Ohne nachzudenken stürmte er in die
Kneipe und begann Sven mit allen möglichen Ausdrücken zu
beschimpfen und er benahm sich derart wild, daß sogar sein
Vater gestaunt hätte. Irgendwann riet dann der Wirt Felix
er möge sich doch an der frischen Luft wieder abregen.
Noch mehr Ärger wollte Felix nicht haben und er ging nach
draußen und setzte sich in sein Auto. Er hatte schon die
Hand am Schlüssel, als ihn dann doch eine Idee kam. Er
würde solange warten bis Sven rauskam und dann würde er
es dem mal zeigen. Dann würde Sven verstehen, wie es war
Angst zu haben.
Als Sven aus der Kneipe kam, hätte er noch immer lachen
können. Dieser Verlierer kreuzte hier auf und machte auf
großen Mann. Da konnte Felix solange plärren wie er wollte,
es würde ihm eh keiner glauben. Als hinter Sven die Scheinwerfer
aufleuchteten, hatte er noch keine Angst. Als der Wagen
langsam hinter Sven anfuhr, war das kein Grund zur Besorgnis.
Aber als der Wagen immer schneller hinter ihm wurde, fand
Sven es wäre Zeit zum Laufen. Frau Erst, die von einen
lustigen Abend mit einer Kollegin kam, konnte einen verblüffend
schnell laufenden Sven sehen, der von einen Wagen verfolgt
wurde, der Schlangenlinien fuhr. Sven rannte wie ein Hase
und der Wagen immer hinter ihm her. Sie konnte kaum glauben,
was sie da sah.Das da war doch Felix Golf. Da endlich,
der Wagen fuhr an Sven vorbei und jetzt würde wohl Schluß
sein. Laura irrte sich, der Wagen drängte Sven vom Weg
ab und der konnte sich nur noch durch einen Sprung retten,
direkt in die Baugrube. Als Laura endlich hinterher geklettert
war um erste Hilfe zu leisten, hätte sie bei Svens Anblick
sich am liebsten übergeben. Eine Eisenstange ragte aus
seinen Bein heraus. Notdürftig versorgte sie ihn und rief
nach einen Krankenwagen.
Als Felix angeklagt wurde, war sein Vater wie immer keine
große Hilfe. Nein, der brummte nur, er habe ja immer gewußt,
wo Felix mal enden würde. So stand Felix ziemlich hoffnungslos
auf dem Gerichtsflur, als seine Freundin Marlies kam. "Wir
haben die Videos gerade fertig bekommen" rief sie
eindringlich und dummerweise etwas zu laut. Auf den Videos
war "Sven" zu sehen, wie er auf Sebastian einprügelte.
Bloß das das gar nicht Sven war, sondern nur Felix, der
sich genauso angezogen hatte. Mit diesen Video wollten
sie dem Gericht zeigen,daß Sven Felix und alle anderen
schikanierte. Leider würde sich Sven bestimmt nicht dabei
filmen lassen, wie er andere verdrosch, so dumm war noch
nicht mal der. Also mußten sie die Gewalt eben nachstellen.
Marlies war schon ziemlich flau im Magen, als sie dem Richter
die Bänder gab. Ist ja gar keine richtige Lüge, versuchte
sie sich einzureden, das ist ja die Wahrheit und darum
geht es ja im Gericht. Irgendetwas schien Richter Hold
doch spanisch vorzukommen, denn er stellte immer mehr Fragen.
Fragen, die Marlies alle nicht beantworten wollte. Mit
der wenig beglückenden Aussicht auf Beugehaft saß Marlies
auf ihren Platz und dachte fieberhaft darüber nach, was
sie sinnvolles dem Richter sagen konnte, der sich leider
nicht an der Nase herumführen lassen wollte.
cocosgirl
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