"Montag, 29.05.06"

Der Fall:

Die Bewährungshelferin Christiane soll ihren Vater angefahren haben, weil er ihr gedroht hat ihren Ehemann wieder ins Gefängnis zu bringen. Ist der einschlägig vorbestrafte erneut straffällig geworden und hat ein Mädchen sexuell belästigt? Oder ist er wieder völlig unschuldig wie er selbst und die Angeklagte behauptet.


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Christiane Westerwald hatte natürlich keine Ahnung, was sie herauf beschwor, als sie den Brief von Erik Schmidt beantwortete, der ihr aus dem Gefängnis geschrieben hatte. Kurz zuvor hatte sie dafür gesorgt, daß ein Paul Dudik eben in dieser JVA saß, weil der gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hatte. Zufällig war Dudik Zellengenosse von Schmidt, und der gratulierte ihr, wie ernst sie ihre Arbeit als Bewährungshelferin nahm. Er saß natürlich unschuldig hinter Gittern und Erik wäre froh, wenn sein Fall so gewissenhaft bearbeitet würde. Warum wußte sie selber nicht, aber irgendetwas rührte sie an diesen Brief und sie schrieb zurück. Daraus enstand ein Briefwechsel und jeder Brief rührte sie ein wenig mehr. Sie wurde immer neugieriger auf den Mann, der diese Briefe schrieb. Sie hätte Erik wohl durch eine weitaus weniger rosigere Brille gesehen, wenn sie gehört hätte, wie er in Wirklichkeit über sie sprach. Dudik mußte Erik leider zuhören und es ging ihm mächtig auf die Nerven. Um den Finger gewickelt habe er Christiane. Erik müsse nur seine Zeit absitzen und dann säße er im gemachten Nest und so weiter und so fort. So ging es den lieben langen Tag. Wenn Dudik eine Möglichkeit gehabt hätte, er wäre davon gelaufen, aber in seiner Lage konnte er das schwerlich. Es kam zu einen Treffen zwischen Christiane und Erik. Anscheinend hatte Erik die richtigen Knöpfe bei Christiane gedrückt, denn noch hinter Gitter folgte die Hochzeit. Fast hätte sie Paul leid getan, aber eben nur fast.

Konrad Westerwald fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er die näheren Umstände der Hochzeit erfuhr. Anscheinend hatte seine Tochter vollkommen den Verstand verloren. Zuerst entschloß er sich die ganze Geschichte einfach nicht zu glauben, dann präsentierte sie aber stolz ihren Ehering. Konrad starrte den Ring an, als sei der Schuld an allen Übel dieser Welt und brüllte los. Christiane hätte mit ihren Vater ja gern in aller Ruhe gesprochen. Aber wie kann man mit jemanden reden, der damit beschäftigt ist sich die Lungenflügel aus dem Leib zu schreien? Danach weigerte er sich glatt noch ein Wörtchen mit ihr zu wechseln. Das Gespräch konnte man durchaus als gescheitert betrachten. Christiane heulte sich bei Erik aus, der eine mitfühlende Miene zur Schau trug. Sie presste ihren Kopf an seine Schulter. Er seufzte verstohlen. So schnell würde Christiane mit dem Heulen wohl nicht aufhören. "Irgendwann kriegt der sich schon wieder ein" tröstete er.

Es sollte ganze sieben Monate dauern bis Konrad Westerwald wieder mit seiner Tochter sprach. Allerdings bedauerte das seine Tochter auch schon wieder sofort, denn er benutzte die menschliche Sprache um alle gegen seinen Schwiegersohn aufzuhetzen. Er startete einen regelrechten Kreuzzug gegen ihn. Christiane hatte ja schon gedacht der Höhepunkt sei erreicht, als er mit einen Plakat mit der Aufschrift "Hier wohnt ein Verbrecher" vor ihren Haus stand und sich um nichts in der Welt dazu überreden lassen wollte wegzugehen. Aber dann lauschte sie entgeistert der Stimme ihres Vaters, der doch tatsächlich Interviews gab, wobei er die kriminelle Vergangenheit von Erik in allen Einzelheiten preis gab. Christiane ärgerte sich schwarz. Man sollte meinen Erik sei ein moderner Jack the Ripper sowie er den Überfall auf die Tankstelle und die Attacke auf die Kassiererin schilderte. Dabei war er es noch nicht mal, dachte sie aufgebracht. Aber das schien überhaupt niemanden zu interessieren. Anscheinend entschlossen sich andere Leute ebenfalls durchzudrehen. Tag und Nacht hagelte es Drohanrufe und Erik konnte noch nicht mal in den Supermarkt gehen, ohne daß ihn jemand anpöbelte. So hatte sich Erik das mit dem gemachten Nest aber nicht vorgestellt.

Nach aussen hin mußte er natürlich den verständnisvollen und einfühlsamen Ehemann spielen. Aber innen brodelte es. Erik war nicht der sanfte und freundliche Mann für den Christiane ihn hielt. Er war zu einer Wut und Aggession fähig, die ihn niemand so leicht ansah am allerwenigsten Christiane. Der Park war sein Ziel und dort wollte er seine Wut loswerden. Julia Korn kam gerade von der Arbeit, als eine Gestalt aus dem Busch sprang. Entsetzt starrte sie die schwarze Maske an, deren roter Abnäher ihr groteskerweise sofort ins Auge fiel. Die Gestalt kam ihr bekannt vor, aber es blieb nicht viel Zeit um darüber nachzudenken. Der Mann fiel sie an, hielt sie brutal fest und dann spürte sie wie eine Hand zwischen ihre Beine fassen wollte. Die Erstarrung löste sich und sie begann wild um sich zu schlagen. Sinnlos, dachte sie machte aber trotzdem weiter. Aber das Wunder geschah. Julia traf anscheinend hart genug, denn auf einmal kam sie frei. Sofort rannte sie so schnell ihre Beine sie tragen konnten in Sicherheit. Ziemlich am Ende mit der Welt konnte sie sich nicht entscheiden sofort zur Polizei zu gehen. Sie überlegte und grübelte die ganze Nacht. Schließlich fand sie daß man ihr bei der Gemeinde wohl den besten Rat geben könnte.

Für Westerwald war es als käme dort ein Sechser im Lotto direkt durch die Tür marschiert. Natürlich tat ihm Julia leid, aber was konnte seine Tochter denn besser zur Vernunft bringen, als wenn sie sah zu was für Taten ihr sogenannter Ehemann fähig war? Konrad Westerwald fand Julia solle zum Haus von den Schmidts gehen. Eigentlich wäre die dann doch lieber zur Polizei gegangen, als den Mann gegenüber zu stehen, der sie vielleicht überfallen hatte. Aber wenn Herr Westerwald meinte, daß die Konfrontaion mit dem Täter ihr gut täte, dann mußte er wohl recht haben. Aber als beide vor der Haustüre der Schmidts standen, weigerte sich seine Tochter doch wirklich ihn reinzulassen. Das sollte ihn aber nicht davon abhalten die Wahrheit heraus zu posaunen. Herr Westerwald marschierte solange vor den Haus auf und ab und brüllte solange herum, bis seine eigensinnige Tochter auf dem Balkon stand und widerwillig zuhörte. Dabei sah sie mächtig wütend aus. Das machte ihn nichts aus, denn er war mindestens genauso sauer. Er zerrte Julia ins Blickfeld "Schau Dir dieses Mädchen an" brüllte er aus vollen Halse, während die ersten schon sehr interessiert lauschten "Dein Mann ist über sie hergefallen." Ihr Vater hatte eine sehr laute Stimme, was die Nachbarn freute, denn die konnten alles haarklein mit anhören. "Kannst Du es verantworten mit so einen Schwein unter einen Dach zu leben?" Spätestens jetzt hören bestimmt alle zu, dachte Christiane. Draussen wollte ihr Vater kein Ende finden, Ausdrücke wie Monster fielen. Ich schalte einfach auf Durchzug, überlegte sie laut. Bei einen Satz wurde ihr aber so richtig schlecht. Ihr Vater wollte Erik anzeigen. Erik würde wieder ins Gefängnis kommen, niemand würde ihnen glauben. Sie mußte etwas tun.

Julia fand nicht, daß die Konfrontation ihr gut getan hätte. Außerdem war der Mann gar nicht dabei gewesen und im übrigen sah die Ehefrau nicht so aus, als ob sie ihr glauben würde. Nun gut, jetzt würden sie zur Polizei gehen. Sie wollten die Oldenburg Straße überqueren, Herr Westerwald sah nach rechts, dabei entging ihm was Julia auf der linken Seite sah. Ein Auto hielt frontal auf sie zu. Julia schaffte es ihm letzten Moment vom Auto wegzuspringen, aber Herrn Westerwald erwischte es. Natürlich konnte sie nicht sehen, wer das Auto gefahren hatte.Aber Paul Dudik, der seinen Freigang hatte und gute Einsicht in den Wagen hatte, konnte es und dem kullerten fast die Augen aus dem Kopf. Die rechtschaffene Christiane Westerwald jetzige Schmidt saß dort, das war ein unerwarteter Anblick. Während der Notdienst Christianes Vater ins Krankenhaus brachte, fuhr seine Tochter den Wagen nach Hause, mit den sie ihren Vater überfahren hatte. Dort saß sie, bis ihr Ehemann nach Hause kam. Seltsamerweise blutete der am Finger, was er mit einen Hundebiss begründete.

Der Hund war aber ein junges Mädchen namens Mareile. Erik hatte wirklich versucht Julia zu vergewaltigen. Die war ihm entwischt und jetzt war er über Mareile hergefallen, die wie üblich im Park joggte. Wie gestern trug er die schwarze Maske und hielt sein Opfer fest im Griff. Doch die spürte aufeinmal eine Riesenkraft und war fest entschlossen, sich nicht zum Opfer machen zu lassen. Sie biss so hart wie sie konnte in den Finger des Täters. Der hatte damit gar nicht gerechnet, ließ sie kurz los. Das reichte ihr um sich umzudrehen und voll die Stelle zu erwischen, wo sich wohl kein Mann gern hintreten läßt. Obendrein riß sie ihm die Maske vom Kopf. Sie rannte sofort davon. Vergeblich versuchte ihre Mutter sie dazu zu bewegen zur Polizei zu gehen. Wenigstens konnte sie sie dazu überreden, daß sie ihre Verletzungen fotografieren durfte. Insgeheim hoffte sie, daß Mareile doch sich dazu durchrang zur Polizei zu gehen.

Als die Vorladung zu Gericht kam, tröstete Erik seine Frau und versprach ihr ein Alibi zu geben. Sie waren den ganzen Nachmittag zusammen gewesen, und nach dem Auftritt ihres Vaters hatte er sie getröstet. Jedenfalls sollte das Gericht das glauben. Seine Frau konnte nicht wissen, daß er das Alibi selber gut brauchen konnte. Westerwald, der eine Woche auf Intensivstation gelegen hatte und zwei Wochen stationär behandelt werden mußte, war immer noch dafür Erik hinter Gittern zu bringen, wo er seiner Meinung nach auch hingehörte. 500 Euro zahlte er Julia, damit sie aussagte, sie habe beim Überfall Eriks Gesicht genau erkannt. Am Tag der Gerichtsverhandlung versuchte Mareiles Mutter sie davon zu überzeugen, daß sie gegen den Schmidt aussagen müßte. Aber Mareile wurde schlecht vor Angst bei dem Gedanken. Ihre Mutter überzeugte sie zum Gericht hinzufahren. Aber auf dem Parkplatz angelangt, flehte ihre Tochter sie an sie wieder heimzubringen. Sie grübelte, dann hatte sie die Lösung. Sie erklärte ihrer Tochter, daß sie einfach die Fotos mit der Aussage durch die Gerichtstür durchschieben würden. Sie würde keiner einzigen bohrenden Frage ausgesetzt an. Ihre Tochter strahlte und küßte sie.


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