"Donnerstag, den 20.04.06"

Der Fall:

Die Putzfrauen Birgit und Jamila sollen maskiert in eine Bank gestürmt und 23.000 Euro erbeutet haben. Waren sie die Räuber, die der Bankangestellten Jutta die Pistole an den Kopf gehalten und sie damit schwer traumatisiert haben? Oder sind die Angeklagten Opfer einer Verwechslung?

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Birgit Rose hatte es wirklich nicht leicht. Sie arbeitete hart als Reinigungskraft. Theoretisch hätte sie im Monat tausend Euro nach Hause bringen müssen, aber das war eben nur graue Theorie. Der Chef behauptete nämlich, daß er sie nicht auszahlen könne, da die Kunden die Rechnungen nicht bezahlen würden. Trotzdem lief seine neueste Freundin Gerlinde mit einen Nerz herum. Gerlinde war eigentlich eine Kollegin und versüßte ihren Chef öfters die Mittagspause, deswegen trug sie die Nase auch reichlich hoch und sah sich schon als Chefin an. Die braucht auch nur mit den Hinterteil zu wackeln und schon kriegt sie einen Nerz, schimpfte Birgit, von wegen kein Geld. Trotzdem würde sie sich hüten zum Arbeitsgericht zu gehen. Heidrichs Mädels, wie er sie gern nannte, arbeiteten alle ohne Steuerkarte also schwarz. Birgit fand, wenn das Geld schon unregelmäßig kam, dann brauchte sie auch nicht regelmäßig zu erscheinen. Trotzdem meistens ging sie zur Arbeit und machte nur ab und zu blau. Schließlich mußte wenigstens einer in der Familie das Geld verdienen.

Ihr Sohn Fynn hatte wirklich mit der Arbeit nicht viel am Hut. Schließlich hätte das bedeutet, daß er vor zehn Uhr hätte aufstehen müssen. Er hielt mehr davon auf der Straße mit reichlich komischen Freunden herumzuhängen, denen Birgit allesamt nicht eine Sekunde den Rücken zugedreht hätte. Trotzdem hatte er so eine eigene Vorstellung, wie er Geld ins Haus schaffen könnte und die war in seinen Augen viel einfacher. Als Birgit in der Wohnung einen Haufen von komischen kleinen Pillen fand, wußte sie das das zu einen Problem werden könnte und warf sie einfach weg. Aber als sie die Waffe unter Fynns Matratze fand, wußte sie instinktiv, daß das Problem noch größer geworden war. Sie nahm Fynn tüchtig ins Gebet und der gestand schließlich, daß die Pillen Drogen waren insgesamt 300 an der Zahl, die er bei einen Freund der Dealer war, gekauft hatte. Das Problem war nur die Pillen waren noch nicht bezahlt. Fynn wollte bezahlen, wenn er die Drogen mit Profit verkauft hatte. Jetzt wo die Drogen irgendwo in der Kanalisation schwammen, konnten sie nicht mehr verkauft werden und der liebe Freund hatte ihn in aller Freundschaft versprochen ihm die Zähne auszuschlagen, falls er das Geld nicht aufbringen könnte. So als Anfang.... Birgit starrte ihren Sohn fassungslos an, der instinktiv einen Schritt zurück trat. Seine Mutter konnte schließlich brüllen wie ein Tiger, doch ihr hatte es glatt die Sprache verschlagen. Doch der Friede dauerte ungefähr fünf Sekunden "Hast Du eigentlich den Verstand verloren" schrie sie und ein noch paar Nettigkeiten mehr. Er dachte, sie würde ewig so weiter schreien, aber schließlich schien sie doch müde zu werden. "Wieviel Geld schuldest Du dem" sagte sie leise und schaffte es immer noch ziemlich bedrohlich zu klingen. Als sie die Summe hörte, klappte ihr der Mund wieder auf. Da könnte sie gleich eine Bank berauben.

"Wow, zwei Tage hintereinander auf der Arbeit, das ist ein Rekord" spottete ihr Chef. "Halt ja den Rand, Du schöner Fifi" murrte Birgit und knallte den Mob auf die Fliesen. Die Summe drehte sich immer noch in ihren Kopf, wenigstens die Waffe hatte sie ihren Sohn abnehmen können, sie hatte sie in einen Lüftungsschacht versteckt. Vielleicht konnte Fynn mit den Kerl ja noch reden, die waren doch sowas wie Freunde. Doch das Freundschaft mit Geld endet, mußte sie feststellen, als Fynn mit panikerfüllten Gesicht und einen ziemlich blauen Auge zu ihr kam und ziemlich lautstark die Pistole zurückverlangte. Und das ausgerechnet vor dieser Zicke Gerlinde. Schnell zerrte sie ihren Sprößling nach draußen. "Sag mal Freundchen, hast Du sie noch alle? " Der Blick auf das blaue Auge machte ihr klar, daß das Geld ziemlich dringend her mußte. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? "Verschwinde nach Hause, ich überleg mir schon was, fällt mir doch immer was ein." Wieder zurück am Arbeitsplatz fiel Jamilas mitfühlender Blick auf sie. Die wußte schließlich auch was Geldsorgen waren. Birgits Kopf fing an hart zu arbeiten. Jamila, Jamila... hatte die nicht eine kleine Tochter namens Mathilda. Und war die nicht mit diesen Bankangestellten Markus Schneider zusammen? Birgit begann zu planen.

Jamilas Vertrauen zu gewinnen war nicht schwer gewesen, schließlich hatten sie beide die gleiche Problem Geldsorgen. Jamila wollte, daß Mathilda eines Tages studierte, doch es sah nicht so aus, als sollte sie das Geld jemals zusammen haben.
Der Chef zahlte jetzt schon seit den dritten Monat kein Gehalt mehr. Langsam wurde es wirklich knapp. Birgit begann Jamila geschickt in ihren Plan einzuspannen, bald standen die Frauen immer öfters zusammen und steckten die Köpfe zusammen. Der Plan die Bank zu überfallen wurde immer greifbarer. Birgit ermutigte ihre neugewonnene Komplizin ihren Freund Markus über die Bank auszufragen. Schließlich überwand die ihr schlechtes Gewissen und fragte den Bankangestellten in aller Unschuld über die Bank aus. Wieviel Geld in der Bank wann war. Ob die Kasse eine Zeitverzögerung hätte und wie die Alarmanlage funktionierte. Eigentlich hätten bei Markus alle Alarmanlagen jetzt auf Hochtouren laufen müssen, aber der verliebte Mann deutete die Fragen als Interesse an ihn und an seiner Arbeit und beantwortete brav alle Fragen. Um die Mittagszeit waren sie dünn besetzt, nein die Kasse hatte keine Zeitverzögerung und und und......

Der Plan nahm immer mehr an Gestalt an. Die ziemlich erstaunte Gerlinde konnte Birgit Jamila ständig fragen hören "und hast Du eine? Ich habe schon längst eine." Eine was, grübelte Gerlinde nach, doch dann war es doch wieder wichtiger mit Franz sich die Mittagspause zu vertreiben. Schließlich konnte sie nicht ahnen, daß Birgit nachfragte, ob Jamila jetzt endlich eine Waffe hatte. Die hatte aber nicht die geringste Ahnung, wie man an eine Waffe kam, wenn man nicht mal einen Waffenschein hatte und umgehen konnte sie schon gar nicht damit. Sowas bekam man ja nicht im Supermarkt. Birgit kamen leise Zweifel an der Wahl ihrer Komplizin auf und schnauzte, es wäre ganz egal was sie anbrächte, es müsse nur nach Waffe aussehen, ihretwegen könne es auch eine Spielzeugpistole sein. Damit kam Jamila auch prompt an. Nun gut, dachte Birgit, wenigstens eine ist echt und wenn wir überzeugend damit herumfuchteln, wird schon keiner dämlich nachfragen. Langsam rückte der Tag näher an dem der Überfall stattfinden sollte und sie hatte ein reichlich ungutes Gefühl. Der 15.03 sollte der Stichtag sein. Jamila wollte nicht, daß Markus ausversehen erschossen wurde und bestellte ihn ins Cafe Jasmin um zwölf Uhr. Dann sollte der Überfall stattfinden.

Als die Bankangestellte Jutta Weintraub am 15.03 sah, wie ein Clown und ein Gorilla die Bank betraten, traute sie ihren Augen nicht. Fassungslos sah sie wie der Gorilla über den Schalter sprang, ihr die Waffe an den Kopf hielt und sie aufforderte das ganze Geld in eine Plastiktüte zu stecken, ansonsten würde sie sterben. Das Ganze konnte doch unmöglich ihr passieren, sowas geschah doch nur in einen Samstagabendkrimi. Wie in Trance steckte sie das Geld in die Tüte. Der Gorilla hat eine weibliche Stimme, registrierte sie verwundert und ihr war übel vor Angst. Jamila tat das ganze schrecklich leid, trotzdem hielt sie weiterhin mit der nutzlosen Spielzeugpistole auf die Angestellten und Kunden und nahm die Tüte im Empfang. Dann wurde alles zu einen Alptraum. Markus kam in die Bank gelaufen, zerrte an der Tüte. "Laß los, verdammt" sagte Jamila hektisch und Markus sah sie ganz erstaunt an. Trotz dieser blöden Clownsmaske hatte er ihre Stimme erkannt. Die beiden starrten sich an, dann zielte Birgit auf sein Knie und schoß. Wie ein Baum ging Markus sofort zu Boden. Irgendwo wie durch Watte konnte Jamila eine Sirene hören. Die Polizei war schon verständigt worden.

"Hör schon mit dem Geknatsche auf, dumme Gans" Birgit blickte aufgebracht ihre ehemalige Komplizin an, die sich bis zum bitteren Ende als nutzlos erwies. Schließlich mußte sie nachdenken. Die Polizei hatte beide sehr schnell aufgegriffen und jetzt mußte sie sich Antworten für viele, viele Fragen ausdenken. Ausgerechnet einen Tag nach den Überfall hatte ihr Chef das Geld ausgezahlt. Es war zum Lachen. Könnte aber auch eine Erklärung für das Geld sein, was die Polizei in der Wohnung gefunden hatte. Aber 10.000 Euro und bei Jamila 8000 Euro, das glaubte keiner. Die kann sich ihre Ausreden selber ausdenken, dachte sie böse. Verflixt noch mal, wenn wenigstens dieses ewige Geflenne aufhören wollte. "Verdammt noch mal, spar Dir das für das Gerichtsverfahren" raunzte sie Jamila nochmals an, die trotzdem weiter heulte. Birgit atmete tief ein, sie konnte sich ausmalen, was auf sie zukam.

Jutta Weintraub wußte nicht, wie ihr Leben weitergehen sollte. Sie litt an Schlaf- und Angststörungen und sollte schließlich ihre Arbeit auf der Bank nicht mehr aufnehmen können.


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