"Samstag, den 18.03.06"

Der Fall:

Der arbeitslose "Nachbarschafts-Beschützer" Theo soll während eines nächtlichen Streifzuges durch sein Viertel den 18-jährigen Bastian mit einer verbotenen Waffe verprügelt haben.

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Eigentlich war Obermenzing ein friedliches, idyllisches Viertel in München. Die meisten Leute kannten sich und grüßten sich freundlich. Es hätte so herrlich sein können, wenn es Theo Nitschke nicht gegeben hätte. Theo Nitschke, der seit 20 Jahren in diesen Viertel wohnte, fühlte sich nämlich dazu berufen seine Nachbarschaft zu beschützen, ob es denen nun passte oder nicht. Er war überzeugt davon, daß es in Obermenzing nur so wimmelte vor Verbrechern und daß er der einzige Grund war, warum es in dem Viertel auch weiterhin friedlich zu ging. Seine Nachbarn hatten also allen Grund ihm dankbar zu sein. Wirklich dankbar war ihm die Nachbarschaft aber ganz und gar nicht. Eigentlich gab es nur eine Schreckensfigur in der Nachbarschaft und das war er selbst. Denn auf seinen Kreuzzug gegen Verbrechen und für die Sicherheit und Ordnung griff er rabiat durch. Nachts machte er seine Streifzüge und wer ihm begegnete, der fühlte sich bestimmt nicht sicher und geborgen, denn in seinen Kampfanzug und mit seiner Waffe, einer verbotenen selbstgebastelten Würgeholz, sah er zum fürchten aus. Er erschreckte die Kinder. Eine Frau, die nur ihren Hund hatte ausführen wollen und das Pech hatte ihm zu begegnen, wollte tagelang nur noch in Begleitung das Haus verlassen. Er war der Schrecken der gesamten Nachbarschaft und niemand wollte, daß er sich als Beschützer für die Nachbarschaft aufspielte, aber es gab auch wirklich niemanden, der es sich traute, ihm das ins Gesicht zu sagen.

Für seine unfreiwilligen Schützlinge war er ein Alptraum. Wenn man nachts unterwegs auf der Straße war, konnte es passieren, daß ein wildgewordener Nitschke sich in den Weg stürzte und wissen wollte, wer man sei und wohin man ginge und überhaupt was man jetzt noch auf der Straße zu suchen hätte. Jugendliche, die nach der Disco oder nach einen Kneipenbesuch nur ihre Freundin nach Hause bringen wollten, sah er als "betrunkenes pöbelndes Gesocks" an, daß verjagt werden mußte. Das die Mädchen ihn hinterher ziemlich fassungslos anstarrten, übersah er großzügig. Hinter fast jeder Ecke witterte er ein drohendes Verbrechen, was natürlich auch der Polizei mitgeteilt werden mußte. Mittlerweile war er dort bekannt oder eher berüchtigt. Von seinen Hinweisen, daß in Obermenzing Banden Schutzgeld erpressten, hielten sie gar nichts. Und erst recht weigerten sie sich als Theos Unterstützung im Stadtgarten Streife zu halten. Auch wenn Theo es nicht einsehen wollte. In Obermenzing passierte nun mal nichts. Theo Nitschke wollte ernst genommen werden und wenn ihm die Polizei nicht glaubte, dann mußte er eben Beweise liefern.

Aus diesen Gründen nahm er nachts dann auf seinen Streifzügen immer eine Kamera mit. Wenn er Beweisfotos liefern konnte, ja dann würden sie ihn ernst nehmen und wie dankbar man ihm sein würde. In seinen Kampfanzug lief er durch die Straßen und hielt alles fest was nach einen Verbrechen aussah. Eines Tages blieb er vor einen beleuchteten Fenster stehen. Eine junge Frau zog sich da gerade aus. Er überlegte, daß diese junge Frau durchaus in Gefahr sein konnte. Er sprang auf eine Mauer, natürlich nur um einen besseren Überblick zu erhalten. Das sie sich weiterhin auszog, daß störte ihn wirklich nicht. Automatisch nahm er die Kamera und begann zu knipsen. Da er seinen Beschützerjob sehr ernst nahm, wartete er auch eine Viertelstunde bevor er ging, nur um sicher zu sein, daß die junge Frau wirklich sicher war. Sie sollte nicht die letzte Frau sein, die er heimlich beim Ausziehen fotografierte. Also irgendwie stand ihm das zu, fand er und außerdem solange er da stand, konnte den Frauen ja nichts geschehen oder?

Er ging weiterhin auch diesen Hobby nach, was nicht nur strenggenommen ihm zum Spanner machte. Als er eines Abends wieder seinen Streifzug machte, sah er wie Marie Schmucker diesen Bastian Klein Geld gab und zwar große Scheine. Er wurde ziemlich aufgeregt und fing sofort an Fotos von den beiden zu schießen. Nitschke war sicher, Bastian erpresste Marie und zwang sie Schutzgeld an ihn zu zahlen. Bestimmt war Klein, ein Teil einer großen Jugendbande und erpresste die Menschen hier Schutzgeld zu zahlen. Aber er, Theo Nitschke, er war der einzige hier, der ihn aufhalten konnte. Wenn er die Fotos der Polizei vorlegen würde, würden die endlich verstehen. Dann würde er endlich die Anerkennung bekommen, die er auch verdiente. Diese kleine Szene im Park, die er beobachtet hatte, gab ihm Grund genug sich nachts vor Maries Wohnung heimlich aufzustellen und sie zu fotografieren. Warum er ausgerechnet damit wartete, bis sie sich auszog, daß konnte er, wenn er ehrlich war noch nicht mal sich selbst erklären.

Zum ersten Mal lag Nitschke richtig mit der Vermutung, daß etwas Kriminelles passierte. Aber es ging nicht um Schutzgeld, wie er vermutete. Marie Schmucker war Poltikstudentin und sie wollte einen Wagen. Bastian Klein hatte auch einen an der Hand, nur daß der ehemalige Besitzer des Ford Fiestas 97 seinen Wagen nicht freiwillig hergegeben hatte. Kurzum gesagt, der Wagen war gestohlen worden und nun über Bastian Klein an Marie Schmucker gegangen, die von der Herkunft des Wagens wußte. Sie war nicht sehr glücklich bei den Kauf gewesen. Aber glücklich hin oder her, jetzt war der Wagen geklaut und jetzt würde sie ihn auch behalten. Leider hatte sie nicht die gesamte Summe beisammen gehabt und Bastian drängte sie immer öfter auch den Rest zu zahlen. Als Nitschke dazu kam wie Bastian mit dem Handy Marie anrief und sie anblaffte "wenn Du heute abend nicht zahlst, bist Du fällig" war für Nitschke alles klar. Marie konnte das Schutzgeld nicht mehr aufbringen und Bastian Klein würde ihr etwas Schlimmes antun, wenn er sie beschützen würde. Gottseidank wußte er ja wo Marie wohnte, da er ja öfters dort gewesen war. Wenn Bastian heute da auftauchte, würde er sein blaues Wunder erleben, so wahr er Theo Nitschke hieß.

Als Bastian um elf zu Maries Wohnung ging, konnte er nicht ahnen was ihn erwarten würde. Plötzlich sprang ihn ein zu allem entschlossener Nitschke an und etwas hartes traf ihm ins Gesicht. Sofort platzte etwas in seinen Gesicht auf und er konnte fühlen, wie ihm das Blut über das Gesicht lief. Marie, die ihn ihrer Küche stand und spülte, konnte nur noch sehen, wie er blutend davon lief, während Nitschke hinterher rannte, dabei immer wieder mit seinen Würgeholz nach ihm schlagend.

Bastian überstand diese Begegnung mit einer Platzwunde ihm Gesicht, die eine Narbe hinterlassen würde, zahlreichen Hämatomen und Rippenbrüchen. Nitschke, der erwartet hatte als Held gefeiert zu werden, erwischte es eiskalt als er stattdessen eine Vorladung vor Gericht erhielt - als Angeklagter wohlgemerkt und nicht etwa als Zeuge. Freudig gestimmt waren Bastian und Marie durch die Vorladung auch nicht, auch wenn sie als Zeugen auftreten würden. Marie blickte Bastian schief an "und wenn das mit dem gestohlenen Wagen rauskommt?" Bastian antwortete mit einer Sicherheit, die er nicht empfand, daß das schon keiner merken würde. Marie war da sichtlich pessimistischer "Du wirst sehen, es wird rauskommen" sagte sie mutlos und ließ den Kopf hängen.


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