"Donnerstag, den 16.02.06"

Der Fall:

Der Obdachlose Werner wird beschuldigt in einer U-Bahn Station eine Passantin überfallen zu haben, beim Versuch sie zu bestehlen, wurde er überwältigt.

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Kritische Freunde sagten gleich zu Mareike das es eine Schnapsidee war. Mareike Lenz hatte sich auf eine Stelle als Sekretärin bei einer Immobilienfirma beworben. Die Stellenbeschreibung lautete, daß die Bewerberin Berufserfahrung haben sollte vor allen Dingen im Immobiliengeschäft, sie sollte belastbar und robust sein und vor allen Dingen sollte sie eins haben. Ein gutes Abitur. Belastbar und robust bin ich, entgegnete Mareike allen Spöttern stur und schlug alle Warnungen in den Wind und schickte die Bewerbung ab. Und es schien als sollte sie recht haben. Zwei Wochen später erhielt sie eine Einladung zu einen Bewerbungsgespräch. Mareike überlegte sich alle Antworten sehr gut, zwei Jahre Arbeitslosigkeit waren wirklich mehr als genug.

Das Bewerbungsgespräch war kurz und schmerzlos. Mareikes Befürchtung über das fehlende Abitur, erwiesen sich als grundlos. Das Thema wurde gar nicht groß angeschnitten. Auch ihre Erfahrungen mit Immobilien schienen Frank Auberg nicht zu interessieren. "Learning by Doing" sagte er schnell und fügte hinzu "er sei sich überaus sicher, daß ihre Fähigkeiten für diese Stellung mehr als zufriedenstellend seien." Eigentlich hatte Auberg dabei nicht an ihre Fähigkeiten als Sekretärin gedacht, aber das konnte sie natürlich nicht wissen. "Endlich jemand, der nicht nur auf den Schulabschluß achtet" freute sich Mareike. Als die Zusage kam, schien alles perfekt zu sein.

Mareike trat bald ihre Stelle an. Der Betrieb umfasste gerade 30 Angestellte und jeder kannte jeden. Frank Auberg sagte ihr bald immer, wie zufrieden er mit ihrer Arbeit sei. Glücklich über das Arbeitsklima leistete sich Mareike eine Perlenkette die zweihundert Euro kostete. Die wird mir Glück bringen, dachte sie. Sie war ein Mensch, der sich so schnell nichts Böses dachte. So wunderte sie sich gar nicht, wenn Auberg ziemlich nah an sie rückte "um zu sehen, wie sie zu recht kam" und wenn seine Hand ihr Knie oder ihren Rücken leicht berührte, konnte das ja nur freundlich gemeint sein. In einen Betrieb, der nur 30 Angestellte umfasst, blieb so schnell nichts verborgen und bald warnte eine der Kolleginnen sie, daß der Chef wohl ein Auge auf sie geworfen hätte. "Ich glaube der will nur nett sein" erwiderte Mareike noch ziemlich ahnungslos. "Na klar doch" antwortete die Kollegin, mit einen Tonfall, den jeder problemlos als ironisch hätte deuten können.

So ging sie also weiterhin ziemlich unbefangen zur Arbeit. Frank Auberg rückte immer näher und irgendwann, als er ziemlich unbefangen ihren Hintern tätschelte, konnte auch sie nicht mehr an ihre Nettigkeits-Theorie glauben. Zuerst versuchte sie es mit einen langen strengen Blick, der zuerst auch seine Wirkung zeigte. Aber einen Frank Auberg konnte so schnell nichts abschrecken und schon bald wurde er wieder ziemlich zutraulich und Mareike begann sich zu fragen, ob sie vielleicht für eine menschliche Krake arbeitete. Nebenbei wurde er auch eindeutig zweideutig. So gern Mareike am Anfang zur Arbeit gegangen war, jetzt bereitete ihr der Gedanke an den nächsten Tag ziemliche Magenschmerzen. Wenn sie ihn höflich zurecht wies, wollte er es einfach nicht verstehen. "Scheuer ihm doch einfach eine" riet eine Freundin ihr. Aber schließlich wollte Mareike doch noch ihre Stelle behalten und entschied sich für ein paar klare und nachdrückliche Worte.

Wenn Frank Auberg eins nicht leiden konnte, dann war es wenn er eine Absage bekam und schon gar nicht von einer Frau. Wenn sie klar reden konnte, er konnte es schon lange. Und das was er Mareike sagte, das konnte man nur als Drohung bezeichnen. Mareike bekam rote Ohren und wurde sehr wütend. Schwer zu sagen worüber sie am meisten zornig war, über ihre anfängliche Naivität oder ihre jetzige Hilflosigkeit. Wenn sie jetzt kündigte, dann würde sie beim Arbeitsamt eine Sperre bekommen und kein Arbeitslosengeld für drei Monate. Und wie sollte sie dann die Miete zahlen? Frank Auberg ließ nicht davon ab, ihr jeden Tag eindeutige Angebote zu machen. Mareike Antwort bestand immer aus einen knappen Nein, mochte er noch so sehr schmeicheln und drohen. Jetzt wußte sie, warum in der Stellenbeschreibung die Wörter robust und belastbar enthielten. Auf den alljährlichen betrieblichen Sommerfest platzte Frank Auberg der Kragen. Nachdem sie wirklich schon wieder ein Angebot abgelehnt hatte, was er gar nicht glauben wollte, bekam er einen Wutanfall, bei den man ihn noch weit entfernt gut und deutlich verstehen konnte. Dabei sparte er nicht mit Ausdrücken, die ein guterzogener Mensch nicht benutzen würde ohne rot zu werden. Die Reaktion der anderen war unterschiedlich. Die meisten starrten so angestrengt auf das Buffett, als hätten sie so etwas faszinierendes noch nie im Leben erblickt, einer sagte unmöglich, aber guckte dabei eine Frikadelle an. Das ganze hätte lange so weiter gehen können, dann faßte sich einer ein Herz und beendete die Brüllerei mutig indem er Auberg einfach ein Bier in die Hand drückte und ihn von Mareike wegzog, die immer noch mit einen knallroten Gesicht dastand und nichts zu sagen wußte. Wie sollte das nur weitergehen?

Nach diesen fiesen Auftritt hielt sich Frank Auberg ein wenig zurück, was ihn natürlich immer noch nicht davon abhielt, sie weiterhin immer ein wenig unter Druck zu setzen. Als sie eines Abends wieder die Haltestelle Eschenheimer Tor ansteuerte, bot er ihr seine Begleitung an. "Als ob Du ein Nein akzeptieren würdest," dachte Mareike grollend, dachte aber daß eben die paar Minuten sie auch noch überstehen könnte, wenn sie ihn schon den ganzen Tag ertragen hatte. "Die Straßen sind nicht sicher für eine Frau jetzt" behauptete Frank Auberg und Mareike verdrehte unauffällig die Augen. Versuchte sich Auberg als Kavalier? Als sie die Stufen runtergehen wollte, geschah es schon wieder. Mittlerweile war es Mareike so satt, daß die ganze Höflichkeit ihr gestohlen bleiben konnte. Ohne geht es besser, dachte sie und keifte zum ersten Mal Auberg richtig an. Ob er sie etwa hundert Mal anmachen würde, damit sie ihn auch nach dem 101. Mal abblitzen lassen könne. Mittlerweile war Frank Auberg richtig wild vor Wut und hier war niemand, der ihn jetzt hätte aufhalten können. Er schrie Beschimpfungen, die einen sensiblen Menschen zum Weinen gebracht hätten. Schließlich war es Mareike mehr als nur leid. Sie wandte ihn den Rücken zu und ging einfach die Stufen runter. Meinetwegen kannst Du schreien bis Du umfällst, dachte sie böse. Das brachte Auberg erst recht in Rage. Mareike merkte nicht wie er ihr folgte. Rücksichtslos schubste er sie und Mareike stürzte kopfüber die Stufen herab um unten bewußtlos liegen zu bleiben.

"Verdammt, ist die Kleine etwa tot." Werner Seiler, ein Obdachloser stürzte aus seinen Versteck aus dem er alles beobachtet hatte. Auberg erstarrte, ein Zeuge war das letzte was er brauchen konnte. Entsetzt beugte sich Seiler über die leblose Frau "Sag mal bist Du tot? Sag doch was..." stammelte er immer wieder, der Unlogik seiner Worte nicht bewußt.Frank Auberg hatte sie wieder gesammelt. Dann machte er Seiler ein Angebot, dem er schlecht widerstehen konnte. "2000 Euro, wenn Du genau das sagst, was ich Dir jetzt sage." Dann erklärte er Seiler solle aussagen, er habe Mareike die Stufen hinabgestoßen, weil er sie berauben wolle. Seiler dachte nach, seit fünf Jahren war er ohne Wohnung, der Winter stand an und es war so kalt...... Schließlich würde es im Gefängnis warm sein und er bekäme gutes Essen.... und dann das Geld. Schließlich sagte er zu. Er beugte sich über Mareike, faßte nach ihrer Kette. Die schlug die Augen auf, sah in sein Gesicht und tat, was jeder in ihrer Lage getan hätte. Sie begann gellend zu schreien. Das war der Moment für Auberg sich als Helden aufzuspielen. Mit überlegener Miene schritt er ein und zerrte Seiler von Mareike weg. "Die Abmachung gilt, hörst Du" zischte er Seiler leise zu.... Dieser nickte. Das er mehrere schöne Sommer vielleicht im Gefängnis verbringen könnte, daran dachte er nicht.


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