"Montag, 12.09.05"

Der Fall:

Dieter soll seinen kroatischen Kollegen Cedomir in der Zerlegehalle einer Schlachterei zwischen frisch geschlachteten Schweinen aufgehängt und ihn mit einen Pernament Marker "Dreckschwein" auf die Stirn geschrieben haben. Machte er so seinen Hass auf die osteuropäischen Niedriglohnarbeiter Platz oder steckt mehr dahinter?

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Nina wünschte sich nur noch eines. Sie wollte möglichst schnell nach Hause um mit einer heissen Dusche den anstrengenden Tag abspülen. Sie liebte ihre Arbeit, aber dieser Tag war einer derjenigen gewesen, an dem man sich am besten vierteilen sollte um allen gerecht zu werden, und darum hatte sie Überstunden machen müssen Es war ungewöhnlich warm für Mai und sie trug ein leichtes türkises Kleid. Sie war in Gedanken schon zu Hause, als sich plötzlich jemand in den Weg stellte. Sie kannte den Mann vom Sehen her. Er arbeitete in der Schlachterei, in der ihr Vater als Vorabeiter arbeitete. Er grinste wissend und über sein Gesicht wirkte verschlagen "Ganz allein hier, wie?" Nina entschied, daß ein schlichtes Hallo höflich genug war und wollte vorbei. Aber er ließ sie nicht "Du bleibst....." Das ungute Gefühl steigerte sich zur Panik, als sie vorbei wollte und es zu einen Handgemenge kam und er anfing sie zu betatschen. Sie wollte davonlaufen, aber er war viel stärker als sie und zerrte sie hinter sich ins Gebüsch. Ihr dämmerte was geschehen würde "Nicht mit mir, das kann hier nicht wirklich geschehen" dachte sie immer wieder. Und doch geschah es.

Als Dieter Beeringer von seiner Schicht in der Schlachterei nach Hause kam, fand er eine weinende Nina am Küchentisch vor. Sein Blick blieb an der Kleidung hängen, die verdreckt und verknautsch wirkte. Sogar Laub hing daran. Das gepaart mit den verweinten Gesicht seiner Tochter liess Schlimmes ahnen. Was sollte er sagen? Nina sah ihn mit rotgeränderten Augen eine Minute lang voll an und dann fasste sie sich ein Herz und erzählte ihren Vater von dem was ihr geschehen war. "Komm sofort mit zur Polizei" sagte er und wußte nicht was er tun konnte um seiner Tochter zu helfen. Aber zu seiner Überraschung weinte Nina und schüttelte den Kopf "Papa, nein..... ich kann darüber nicht reden. Und bei einem Prozeß da müßte ich gegen Cedomir aussagen und die würden alles nachfragen.... jede Einzelheit" Sie schnappte nach Luft und würgte. Dieter versuchte sein Bestes seine Tochter zu überzeugen, doch seine Worte klangen selbst in seinen Ohren hohl und sinnlos. Wie nie zuvor wünschte er sich, daß Ninas Mutter noch bei ihnen wäre. Sie wüßte, wie sie mit Nina reden müßte und jetzt war er hier allein und plapperte dummes Zeug von sich, was einfach nicht anschlug. Nina hatte sich entschlossen zur Tagesordnung überzugehen. Aber so einfach liess sich das nicht in die Realität umsetzen. Hilflos mußte Dieter mit ansehen, wie seine Tochter sich quälte. Aber niemals durfte er das Thema ansprechen. "Das ist nicht geschehen, Papa" pflegte Nina dann zu sagen und mit dem Vorschlag zur Polizei zu gehen, durfte er schon gar nicht kommen. Denn das hatte zur Folge,daß sie kreidebleich wurde, zitterte und sich sogar erbrach. Danach folgten stundenlange Weinkrämpfe. Seine Hilflosigkeit schlug um ihn dumpfe Wut, als Nina eines Tages zitternd und ganz weiß im Gesicht nach Hause kam. "Ich habe ihn gesehen" sagte sie und er wußte wen sie meinte. Wohlwissend das es keinen Sinn hatte zu versuchen, sie zu überreden zur Polizei zu gehen" sagte er "Du mußt Dir keine Sorgen machen. Du wirst ihn nie wiedersehen." Als sie ihn erstaunt und argwöhnisch anblickte, fügte er schnell hinzu "ich meine, daß ich dafür sorge, daß er nach Kroatien zurückkehrt." Mehr mußt Du nicht wissen, Kleines, dachte er finster.

Als Vorarbeiter der Schlachterei "Schalenbrecher" mußte er sowieso sein Auge auf jeden und alles haben, daß es nicht groß auffiel, wenn er Cedomir beobachtete. Sein scharfes Auge ruhte auf in diesen Tagen auf alles und jeden und es kam vor, daß er seiner angestauten Wut auf die kroatischen Arbeiter Luft machte. Die waren mit einen stickigen Bus nach Deutschland gekommen und ihr Leben war sowieso nicht das Paradies, da sie zu sechs Mann in einer Wohnung von 18 Quadratmeter lebten. Die finsteren Blicke und die bösen Aussprüche gegen sie häuften sich. Einzig und allein Branca Balic, Cedomirs Ehefrau, scherte sich wenig darum. Sie hatte nur eines im Sinn, Andrija, der ebenfalls in dieser winzigen Wohnung hauste. Und da der ihr nicht abgeneigt war und das Wort Privatsphäre eher ein Witz war, war die einzige Möglichkeit sich näher zu kommen in der Schlachterei. Nicht der romantischste Ort für Verliebte, aber die Würste störte es schließlich nicht, wenn sie sich dort liebten. Natürlich durfte Cedomir davon nichts erfahren. Er war nicht der Typ Mann, der stumm litt und Branca wußte nur zu gut von der gewalttätigen Seite ihres Mannes, denn sie hatte damit schon öfters Bekanntschaft gemacht. Sie und Andrija malten sich nur zu gerne aus, was wäre wenn Cedomir einfach verschwinden würde. Auch Regina Umbrandt, Beeringers Chefin störte Dieters ruppiger Ton kein Bißchen, je härter die Arbeiter arbeiteten um so besser fand sie und sie ließ Dieter freie Hand. Die Leute arbeiteten wie die Besessenen und mieden seinen Blick. Darum fiel es nicht auf, daß er Cedomir ständig beobachtete. Er wartete auf den richtigen Augenblick und er wußte, daß er kommen würde.

Und dieser Augenblick kam. In dieser Schicht hatte die Hälfte der Belegschaft gefehlt. Grund genug, Cedomir dazubehalten und ihn den Boden der Zerlegehalle putzen zu lassen. Der gereizte Mann folgte seinen Anweisungen und als ihn Beeringer anfing anzuschreien, ob er sogar zum Putzen zu dumm wäre, liess er sich schnell zu einen Streit provozieren. Der willkommene Moment für Dieter Cedomir mit einen gefroreren Schweinefuss zu schlagen. Da Schweine bekanntlich keine zierlichen Pfötchen haben, war dies eine ernstzunehmende Waffe, die auch bei dem jungen Kroaten schmerzhafte Wirkung zeigte. Zufrieden blickte er auf den jungen Mann, der jetzt zusammengekrümmt auf den Boden lag. Aber seine Wut war noch lange nicht verraucht. Er verklebte den Mund des jungen Mannes, wuchtete ihn hoch und hing ihn zwischen die frisch geschlachteten Schweine. "Da gehörst Du auch hin" knurrte um dann hinzuzufügen.... "aber Du bist noch schlechter als diese armen Viecher hier... die haben schließlich niemanden was getan." Er nahm einen großen Pernament Marker und schrieb auf Cedomirs Stirn groß und deutlich das Wort "Dreckschwein". "Jeder soll wissen was Du bist" murmelte er und ging.

Ausgerechnet Branca Balic fand ihn dann so auf. Er sieht aus wie ein totes Tier, dachte sie zu entsetzt um zu schreien. Cedomir sah in der Tat erbärmlich aus. Seine Auge zierte ein riesiges Veilchen und der Schriftzug leuchtete gespenstisch in seinen blassen Gesicht. Und er hing regungslos am Haken fest. Felsenfest überzeugt davon daß Cedomir tot war, blieb Branca erstarrt stehen. Dann in einen entsetzlichen Moment schlug er ein Auge auf. Endlich konnte sie schreien. Hysterisch riss sie Cedomir das Klebeband ab. "Wer war das, was ist passiert..." schrie sie. Cedomir sah sie mit seinen fast zugeschwollenen Auge an. "Es war Beeringer" flüsterte er....


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