" Donnerstag, 28.07.05 "
Der Fall:
Carola soll die Todesanzeige ihres Chefs auf bösartigste
Weise verändert haben und den Toten damit im ganzen Ort
unmöglich gemacht haben.
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Was das Wesen von Roland Steffel betraf, so waren seine
Mitmenschen sehr geteilter Meinung. Für seine Frau war
er der Mustergatte, höflich, dazu auch noch beruflich erfolgreich
und hoch engagiert. In seinen Ort Kleinwesselstadt war
er hoch angesehen und durch seine Zeitung Kleinwesselstädter
Rundschau im ganzen Ort bekannt, denn dieses Blatt wurde
überall im Ort gelesen. Ja nur die Angestellten genau jenen
Blattes beschrieben Herrn Steffel mit ganz anderen Ausdrücken.
Seine Wutausbrüche waren im ganzen Betrieb berüchtigt,
außerdem schien er ganz verpasst zu haben, dass es ein
Gesetz gab, das Sklavenhaltung verbot, denn genauso behandelte
er seine Angestellten. Und so manchen von ihnen, die eine
lautstarke Auseinandersetzung mit ihm gehabt hatten, bei
denen er sich heiser brüllte und furchtbar ausfallend wurde,
konnte man heulend auf der Toilette wiederfinden. Aber
er hatte noch eine andere Seite, denn er sammelte gern
Frauen und sein neuestes Opfer war Carola, die ganz und
gar nicht die Meinung der anderen teilte. Was Inge Steffel
verborgen blieb, den Angestellten der Zeitung fiel es auf.
Carola war immer öfters in Herrn Steffels Büro und alles
tuschelte und stieß sich vielsagend die Ellenbogen in die
Seite, wenn wieder mal die Tür zu Steffels Büro verschlossen
war. Es gab durchaus mehrere Frauen im Verlag die Carola
darauf hinweisen hätten können, dass sie erstens nicht
die erste war und zweitens sie in seinen Augen nur ein
weiteres kleines Abenteuer war. Aber selbst wenn sie es
ihr gesagt hätten, Carola hätte es eh nicht geglaubt. So
ignorierte sie die Blicke ihrer Kollegen, wenn sie mit
allzu roten Gesicht aus dem Büro kam, oder ihre Haare ziemlich
zerzaust waren. Sie war überzeugt, dass es mehr war als
bloß eine kleine Affäre
Zwei Wochen nach Beginn der Affäre wurde sie ihm lästig.
So teilte er nach einen letzten Treffen mit, dass in Zukunft
sich ihre Beziehung nur rein beruflich sein würden. Carola
sah ihn an, als hätte er ihr mitgeteilt, dass er von einen
anderen Stern käme. Sie musste sich verhört haben "Bitte....
was" fragte sie und sah ihn mit geisterbleichen Gesicht
an. Der sah sie nur kühl an, jetzt hieß es sachlich bleiben.
Am Ende wurde sie vielleicht noch hysterisch und hysterische
Frauen konnten sehr viel übles anrichten. "Es ist
vorüber Carola!" sagte er überdeutlich laut und sehr
langsam. "Mach jetzt bloß kein Theater" zischte
er ihr zu. Er öffnete weit die Bürotür und sagte für jeden
hörbar "den Brief bis morgen Frau Hartinger"
und signalisierte gleichzeitig das Ende des Gespräches,
sofern es eins war. Keine Gelegenheit etwas zu sagen. Carola
hatte sich bis jetzt für eine selbstbewusste Frau gehalten
und nun ließ sie sich einfach so abservieren. Minutenlang
starrte sie die Türe an. Was war denn bloß so furchtbar
schief gelaufen? Als die Benommenheit abnahm wurde sie
stocksauer. "Ich weiß noch nicht wie, aber irgendwann
zahl ich es Dir heim" schwor sie sich. In der ungefähr
gleichen Stimmung stürmte Jobst hinein. "Muss Herrn
Steffel sprechen" knirschte er mühsam zwischen den
Zähnen hindurch und sah so ziemlich wild drein. Carola
zählte eins und eins zusammen. Als Steffels Sekretärin
wusste sie das ihr Kollege bei der Beförderung zum Redaktionsleiter
übergangen worden war, obwohl ER ihm lange den Mund wässrig
gemacht hatte auf diesen Posten. Bekommen hatte ihn ein
langjähriger Freund von Steffel. Trotz der vielen, vielen
Überstunden..... Ob er davon schon wusste? Es musste so
sein, denn kaum hatte Jobst das Büro betreten, machte er
seinem Herzen auch schon lautstark Luft. Sie schenkte dem
Gebrüll nur einen kleinen Teil ihrer Aufmerksamkeit. Sie
saß bloß ganz still auf ihren Bürostuhl. Das wirst Du mir
noch büßen, dachte sie immer wieder. Ihre Stimmung erreichte
absolut den Tiefpunkt, als sie zwei Kolleginnen belauschte,
die sich unbeobachtet fühlten und genüsslich darüber tratschten,
dass der Chef wieder eine abgeschossen hatte. Und das er
wohl jeden Rock hinterher lief. Sie schlossen sogar Wetten
ab, wer die nächste sein würde. Und sie hatte gedacht,
sie wäre etwas Besonderes für ihn gewesen. Carola sprach
ab den Tag nicht mehr, sie wurde ganz ganz still.
Eines Tages als Carola nicht mehr ein und aus wusste vor
Wut, sollte sie ihre Gelegenheit bekommen, Steffel alles
heimzuzahlen. Als sie die Bürotür öffnete, dachte sie,
sie würde der Schlag treffen. Der Chef in Strapsen!!! Er
trug schwarze Strapse mit pinker Spitze und drehte sich
neckisch im Kreise und sah sich wohlgefällig im Spiegel
an. Er posiert ja wie ein Bunnyhäschen, dachte Carola betäubt.
Und dann kam ihr siedend heiß der Gedanke "Benutz
es" Mit nervösen Händen griff sie nach einer kleinen
Kamera, die sie immer dabei hatte und fotografierte ihren
Ex-Geliebten. Mach das er den Blitz nicht bemerkt, lieber
Gott, betete sie stumm, doch der war so gefangen in seinen
in Dessous gehüllten Selbst, das er blind und taub war
für die Welt. Ja, dachte sie gehässig, posier Du nur schön,
komm schon... Und Roland drehte sich in seinen Dessous
und war selig.
Steffel fiel aus allen Wolken, als seine Ex-Geliebte Tage
später mit einen ziemlich gemeinen Grinsen das Büro betrat.
"Pink ist nicht Deine Farbe oder?" "Was?"
"Was glaubst Du wird Kleinwesselstadt und Deine Frau
denken, wenn sie erfahren, dass der hochangesehene Herr
Steffel gerne Strapse anprobiert?" Triumphierend wedelte
sie mit den Fotos vor seiner Nase herum. Ihm wurde speiübel
und sein Herz schlug wie wild. Er merkte, das sich etwas
wie eine Eisenklammer um seinen Brustkorb legte. So übel
hatte er sich noch nie gefühlt. Trotzdem fuhr er sie zornig
an, was sie denn wolle. Sein Gesicht verfärbte sich in
einen hässlichen Rotton. "Was ich will.... Pass auf"
schrie sie und wurde fuchsteufelswild "wenn Du nicht
willst, dass das hier" sie zeigte auf die Fotos öffentlich
gemacht wird, dann zahlst Du mir besser 15.000 Euro. Das
schuldest Du mir, das schuldest Du mir " kreischte
sie und warf mit Kraftausdrücken um sich. Roland merkte
wie sein Herz immer schneller schlug und unregelmäßig.
Jetzt keine Schwäche zeigen, dachte er nur, das hier vergeht
schon.
Am 11.1.05 wurde das Geld auf Carolas Bankkonto eingezahlt.
Tage später verstarb Roland an einen Herzinfarkt. Ausgerechnet
ihr musste die trauernde Witwe den Nachruf abgeben. Sie
starrte sie aus ihren verweinten Augen an und wies sie
an, dafür zu sorgen, dass es in die Druckerei ging. "Er
war ein so guter Mann" schluchzte sie und verließ
wankend das Büro. Neugierig las Carola den Nachruf durch.
Ach du liebe Güte. Guter Ehemann... engagiert... der Ort
trauert um ihn. Als ob Roland ein Heiliger gewesen wäre.
Aber warum... warum sollte sie Roland nicht einen letzten
Gruß schreiben? Also das hier stimmt auf keinen Fall. Sie
begann zu schreiben. "Roland Steffel ist tot. Endlich.
Eine Erlösung für alle die ihn kannte... Beim Schreiben
kam sie immer mehr in Fahrt.. gerade als sie perverses
Schwein eintippte, fragte sie Jobst, ob sie Kaffee wollte.
Schnell klappte sie den Bildschirm weg und starrte ihn
erschrocken an. Kopfschüttelnd ging Jobst weg, was war
denn mit der? Von wegen der Ort trauert...dachte sie derweilen...
alle hier feiern und vor allem ich. Ganz am Ende schrieb
sie "Die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen, wer
wüsste das besser als Du Roland?" Sie wartete ab,
bis sie sicher war, das keiner den Nachruf kontrollieren
würde und ab ging er in die Druckerei. Sie war hochzufrieden
wie lange nicht mehr.....
Die entsetzte Inge las den Nachruf in der Zeitung, als
aufgebrachte Verwandte sie anriefen und fragten, was denn
dieser Nachruf solle. Und nicht nur die fragten sich das,
der gesamte Ort zerriss sich das Maul. Das hat Roland nicht
verdient, dachte sie und beschloss eine Anzeige einzureichen.
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