" Samstag 21.05.05 "

Der Fall:

Die 22-jährige Lottomillionärin Kathrin steht vor Gericht, weil sie sich weigert ihren Eltern Unterhalt zu zahlen. Ist sie herzlos und lässt ihre bedürftigen Eltern im Stich?

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Seit Tagen war die Luft bei Familie Saktos ziemlich dick. Dabei ging es bei dem Streit nur um eines. Seit die Großtante den Eltern ein Erbe von 50.000 hinterlassen hatte, war Kathrin durchaus der Meinung, es wäre in ihr Studium gut angelegt. Ihre Eltern fanden, sie könne sich durchaus ihr BWL-Studium selbst finanzieren und nun brachte Kathrin dieses Thema bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf den Tisch. Mutter und Tochter standen in der Küche und funkelten sich feindselig an und so langsam schwante ihrem Vater, dass das Thema noch lange nicht ausgestanden war. Im verzweifelten Bemühen Frieden zu stiften, lehnte er sich über den Küchentisch und warf begütigend ein "Sieh mal, das Erbe wollen Deine Mutter und ich für schlechte Zeiten anlegen und...." Der giftige Blick seiner Frau stoppte den Versöhnungsversuch abrupt "Du musst dich gar nicht vor der da rechtfertigen, Eduard, so weit kommt es noch... und Du, Fräuleinchen..." sie sah ihre Tochter wütend an "Arbeit schadet nicht, mir
wurde auch nie was geschenkt". "Ja und wie weit bist du gekommen?" fragte Kathrin und knallte die Tür hinter sich zu. "Toll Kathrin, super feinfühlig" murmelte ihre jüngere Schwester Diana, aber niemand hörte sie.
Mit gemischten Gefühlen betrachtete Eduard den Auszug seiner Tochter, der eher kühl ausfiel. Diesen Tag hatte er sich wahrlich anderes vorgestellt und gleichzeitig fragte er sich, woher Kathrin bloß diesen Starrsinn herhatte. Beate sah ihre Tochter nicht an, genauer gesagt starrte sie eher vor sich her. Sie war seit Tagen etwas grüblerisch und sprach nicht viel. Dies bereitete ihn einiges Kopfzerbrechen, denn er wusste, dass Beate gelegentlich diese seltsamen Launen, wie er es nannte, hatte. Aber dies hier schien ernst zu sein. Er machte sich Sorgen, als sie einfach sang- und klanglos von ihrer Arbeitstelle in der Autofirma verschwand. Wie ihm eine befreundete Kollegin berichtete, habe sie einfach ihren Putzeimer stehengelassen und war gegangen. Andere Freunde berichteten besorgt, sie hätten Beate im Park gesehen, auf einer Bank sitzend und nicht ansprechbar. Auf seine besorgten Anfragen reagierte sie nicht, zuckte mit den Achseln und lief weiter wie ein Geist durch die Wohnung. Dann
verschlechterte sich ihr Zustand soweit, dass sie noch nicht mal mehr aus dem Haus wollte. "Warum" fragte sie dann wohl und dann gar nichts mehr. Kathrin konnte er seine Sorgen nicht erzählen, denn die hatte nur Augen für ihre eigenen Probleme. Das sie für ihr Studium kellnern musste, verdross sie sehr und bei jedem Telefonat mit ihren Vater oder ihrer Schwester, beklagte sie sich bitter, dass sie mit dem Fahrrad fahren musste, wo doch alle anderen einen schicken Wagen hatten. Und die WG war wirklich das allerletzte, wetterte sie. Aber als sich Beate dann noch weigerte das Bett zu verlassen, zog Eduard einen Arzt hinzu. Der bescheinigte denn dann, was er schon insgeheim befürchtet hatte. Beate litt unter starken Depressionen. "Lenken Sie Ihre Frau ab" riet ihm der Arzt und schrieb Beate ein Berufsunfähigkeitsattest aus. Eduard versuchte es wirklich. Er benutzte das Geld vom Erbe und überbot sich geradezu mit luxuriösen Wellness Reisen, Ausflüge mit Limousinen, einer Kreuzfahrtreise. Das heiterte sie alles zwar für eine Weile auf, aber dann war alles wieder beim alten, außer das jetzt nur ein Gehalt zur Verfügung stand. Dann schlug das Schicksal wieder erneut zu, denn Vater Saktos zog sich bei seiner Arbeit als Maurer einen Bandscheibenvorfall zu, er erhielt die strenge ärztliche Auflage, dass er keine anstrengende körperliche Arbeit mehr ausführen konnte. Jetzt erhielt er nur eine kleine Rente und Geld von der Sozialhilfe. "Wie sollen wir bloß klarkommen" flüsterte Beate beklommen. Eduard Saktos hatte nicht gerade viel Ahnung von Finanzgeschäften und Anlagen, aber als er eines Tages durch Freunde von einem Projekt "Bauherrenmodell Seniorenheim" erfuhr, hielt er es für eine gute Chance den Rest des Erbes anzulegen für ein sichere Anlage für das Alter. "Eine sichere Anlage," versicherte man ihm, kurz bevor sein Geld und das der anderen Anleger sang- und klanglos im Ausland verschwand. Er war einem Betrüger aufgesessen. Jetzt stand es wirklich schlecht und es wurde eisern eingespart. Obst gab es nur selten und Fleisch gar nicht mehr. Gegen Ende des Monats musste der Durst durch den Wasserhahn gestillt werden. Als Diana dann vorschlug auf das Abitur zu verzichten, um arbeiten zu gehen, riss es Beate kurz aus ihrer Resignation "So weit sind wir noch nicht gesunken" fauchte sie.
Dann sollte sich alles ändern. Eines Tages kam Beate mit hochrotem Kopf vom Einkauf und schmiss die Tür zu. Und während Eduard seine auf einmal so äußerst lebhafte Frau bestaunte, schimpfte diese, dass Kathrin im Lotto gewonnen hatte und nun in Saus und Braus lebte. "Keinen Finger rührt sie mehr und fährt mit einen Sportflitzer daher" Sie schenkte den Möbeln, die vom Sperrmüll stammten, einen bitterbösen Blick und fuhr fort "Ich muss die Hosen deiner Tochter jeden Monat enger nähen, da sie dauernd abnimmt vor Hunger und sie baut sich ein Haus." Von Kathrins Gewinn war ihr nämlich brühwarm in Supermarkt erzählt worden. Diana hielt dies nicht für den richtigen Zeitpunkt zu erwähnen, dass sie klammheimlich ihren Mitschülern Geld aus den Taschen stahl. Das schlechte Gewissen wurde auch nur ein bisschen von der Tatsache gemildert, dass die sie schließlich wegen ihrer Secondhand-Kleider verspotteten. Und wie auf Stichwort sah Beate die Kleider ihrer Tochter an und sagte mit neuer Bestimmtheit "Und ich verspreche dir du machst dein Abitur." Sie sah dann ihren Mann an und bestimmte "Eduard, wir ziehen vor Gericht, wenn sie uns nicht hilft." Und so kam es, dass Familie Saktos sich vor dem Familiengericht wieder traf. Nicht die Art von Familientreffen, wie es sich Eduard gerade erträumt hatte. Ihm hatte nämlich eine große Versöhnung vorgeschwebt und jetzt standen sie vor Gericht und zankten wie die Kesselflicker um Unterhalt. Kathrin wollte durchsetzen, dass ihre Eltern gefälligst ihr Erbe von der Großtante aufbrauchen sollten. "Ihr wolltet es für schlechte Zeiten, bitte jetzt sind schlechte Zeiten" Sie, die jetzt im Monat locker 2.500 Euro ausgeben konnte, hatte längst ihr BWL-Studium an den Nagel gehängt und sah so gar nicht ein ihre Eltern zu unterstützen. Die hatten doch die 50.000 von der Großtante. Und so ging es hin und her und trotz teuren Anwalts wurde Kathrin dazu verurteilt ihren Eltern Unterhalt zu zahlen von je 250 Euro. "Das wird Ihnen nicht sehr wehtun" mahnte der Richter und gab Kathrin nach einer nicht sehr freundlichen Antwort ein Ordnungsgeld. Ja, das Urteil hatten sie. Aber Kathrin weigerte sich zu zahlen. Eduard, der immer noch nicht begriff, woher dieser Starrsinn seiner Tochter kam, stimmte schließlich zu eine Klage gegen Kathrin einzureichen. Und so kam es, dass Kathrin Post vom Gericht kam. Sie las fassungslos die Ladung und während sie verdaute, dass sie jetzt als Angeklagte vor Gericht kam, kam ihr ein zweiter gemeiner Gedanke. Alles was sie brauchte war ein guter Zeuge. Sie setzte sich in ihren Sportflitzer und holte Diana von der Schule ab. Mit einem bestimmten Hintergedanken führte sie Diana durch ihr großes Haus und blieb in der letzten Etage stehen. Sie breitete die Arme aus "Würdest du nicht gern hier wohnen?" Ihre Stimme klang dringlich und Diana bestaunte gerade das Schwimmbecken, das man vom Fenster aus sehen konnte. Sehnsüchtig sah diese die schöne Wohnung an und nickte mit ganz großen Augen. Sollte ihre Schwester doch nicht so eigensüchtig sein? Doch bei dem nächsten Satz, verstand sie nur zu gut. "Dann höre mal gut zu, was du vor Gericht zu sagen hast..." Sollte sie das machen?

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