" Dienstag, 08.03.05 "
Der Fall:
Manuela wird beschuldigt, ihre Schwiegermutter Ingeborg
nach einen Streit von der Leiter geworfen zu haben. Hatte
sie die ständigen Nörgeleien ihrer Schwiegermutter satt?
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Wenn es nach Manuela gegangen wäre, hätte man diesen
Tag ruhig aus dem Kalender streichen können. Nachdem sie
ihren einzigen Angestellten entlassen musste, hatte sie
nun gar keine Hilfe mehr im Laden. Das bedeutete, dass
sie länger und viel härter arbeiten musste. Sie wusste
vor Stress nicht ein und aus. Tja, sie hätte noch einen
Angestellten, wenn sie sich den leisten hätte können. Doch
seitdem ihr Mann arbeitslos war, musste sie jeden Cent
dreimal umdrehen. Und das war ja noch nicht das einzige
Problem. Denn ausgerechnet die einzige Hilfe die Werner
beizusteuern wusste, bestand darin seine Mutter ins Haus
zu holen, damit diese sie im Haushalt entlastete. Und die
hatte ihr Leben in eine Hölle verwandelt. Sie kommandierte
sie gnadenlos herum, nichts konnte Manuela richtig machen,
aber auch gar nichts. Sie war eine schlechte Hausfrau,
eine schlechte Mutter. Die Litanei der Schuld, die Manuela
in Ingeborgs Augen auf sich geladen hatte, war endlos.
Und Werner stand ihr auch nie bei "sie ist doch meine
Mutter" blökte er hilflos, um dann zu argumentieren
"sie hilft dir doch, wo sie kann." Dazu lag sie
ständig im Clinch mit Frau Schwenger, die die andere Mietpartei
bildete, und die bedachte sie gelegentlich auch mit giftigen
Blicken, die besagen sollten "Wieso hast du diese
Frau nur hergeholt". Ja warum.
Sie wusste sofort als sie die Tür öffnete, dass es wieder
soweit war. Ingeborg stand saugend in der Diele, und gebärdete
sich so, als läge dort der Dreck von Jahrzehnten "Und
wo haben deine Wanderwege dich getrieben?" bemerkte
sie spitz. "Ich war arbeiten" antwortete sie
langsam und gedehnt und unterdrückte die heftigen Ausdrücke,
die ihr auf der Zunge lagen. "Tatsächlich" antwortete
ihre Schwiegermutter und bearbeitete heftig weiter den
Boden wie einen Feind. "ich mache ja nur DEINE Arbeit
im Haushalt, weil DU es nicht geschafft hast, dich um deinen
Mann und deinen Sohn zu kümmern, und diese Wohnung in eine
Räuberhöhle hast verkommen lassen...." Sie konnte
nicht anders, sie schnappte den Köder auf "ja klar,
ich arbeite auch bloß mich im Blumenladen dumm und dämlich,
aber was ist das schon" "Ja eben" keifte
Ingeborg "du bindest bloß ein paar alberne Blumen
zusammen, während andere
hier deine Arbeit tun" "Weißt du, wenn dein Herr
Sohn, endlich wieder arbeiten würde, dann könnte ich endlich
wieder jemanden einstellen, und dann..." würdest du
nicht hier sein, lag ihr auf der Zunge. Aber sie wusste,
dass sie sich das nicht leisten konnte. Leider war sie
von ihrer Schwiegermutter abhängig, da die hier das Zepter
fest in der Hand hielt. Hämisch sah Ingeborg sie an, sich
sichtlich ihrer überlegenen Position bewusst. Später im
Chat der "Schwiegermutter-Hasser" klagte sie
ihr Leid "Ich halte es nicht mehr aus schrieb sie.
Sie schilderte die Situation und erhielt den Rat sich nicht
auf Diskussionen einzulassen, sondern ruhig und gelassen
zu bleiben. Sie nahm sich fest vor, für den nächsten Tag
ruhig und gelassen zu bleiben.
Leider blieb es nur bei diesem Versuch, wie es sich dann
herausstellte. Und alles begann so harmlos. Ihr Sohn Niklas
sah sie erwartungsfroh an "Nächste Woche am Montag
haben wir im Kindergarten eine Aufführung. Alle Eltern
kommen, kommt ihr auch? Ich habe eine ganz große Rolle"
Sie konnte Ingeborgs gehässigen Blick fast spüren, sie
weiß, dass ich nicht kann, schließlich brummte der Laden
nur so und sie konnte es sich nicht leisten, auch nur einen
Tag zu schließen. Ganz vorsichtig nahm sie ihn in die Arme
und sagte ganz sanft "Schätzchen, weißt du, das geht
leider nicht...." Zu spät, schon kullerten Tränen
aus den Augen und er riss sich los und rannte weinend aus
der Küche. Natürlich folgte ihm Ingeborg und sie konnte
Niklas schniefen hören "Die Mami ist voll fies"
Ingeborgs honigsüße Antwort lautete "du hast ja die
Omi, die kommt ganz bestimmt, die ist nicht wie Mami und
lässt dich allein." Manuela hätte schreien mögen,
aber sie tat es nicht. Ihr Mann sah sie schon fast beleidigt
an "Wirklich nie hast du Zeit für uns. Warum tust
du dem Jungen nicht den Gefallen?" Manuela lag eine
hitzige Antwort auf der Zunge, sie flüchtete aber lieber
aus der Wohnung. Lange halte ich das nicht mehr aus, dachte
sie, und vermied die spöttischen Blicke von Sophie Schwenger,
die zu ihrer Wohnung ging. Sie war so aufgebracht, dass
ihr gar nicht in den Sinn kam zu fragen, warum zum Teufel,
denn Werner nicht am Montag zu der Aufführung seine Sohnes
konnte.
Zufrieden betrachtete Ingeborg den Ablauf dieses Morgens.
Sie hatte mal wieder ihre Schwiegertochter in die Schranken
gewiesen. Wirklich, warum war Manuela ihr auch nicht dankbarer
gegenüber und vor allen Dingen respektvoller. Aber was
konnte man schließlich von der auch erwarten. Sie hatte
es direkt gewusst, als sie diesen Haushalt betreten hatte.
Geradezu schändlich diese Unordnung. In den Kleiderschränken
herrschte das reinste Chaos und die Unterwäsche war auch
nicht gebügelt, so wie es sich gehörte. Ein lautes Lachen
drang an ihr Ohr. Sophie Schwenger, natürlich! Warum die
noch im Haus war, wusste sie wirklich nicht. Dabei hatte
sie schon 14 Beschwerden geschrieben an den Vermieter.
Es wurde höchste Zeit dort wieder anzumahnen. Und schon
schrieb sie "ich mache mir langsam Sorgen. Sophie
Schwenger empfängt dauernd Herrenbesuche." Lieber
Himmel, natürlich musste sie auch die Lärmbelästigung erwähnen.
Mit halben Auge sah sie wie Werner die Wohnung verließ
"Wo gehst du denn h in" fragte sie. Der sah hastig
den Boden an und antwortete sehr schnell "Arbeiten."
Schnell raus hier, dachte er, bevor sie noch mehr Fragen
stellt. Denn er wollte lieber nicht die Besuche bei Sophie
erwähnen, die einzige Freude, die ihm schließlich in einen
Haushalt mit zwei ewig keifenden Frauen, geblieben war.
Die empfing ihn schließlich mit offenen Armen. "So"
sagte sie und klang auf einmal ganz mild "überanstreng
dich aber nicht wie das letzte Mal. Da warst du ja ganz
fertig und außer Atem. Du wirst noch krank" "Ja
Mama" sagte er und verschwand hastig. Gut, dass Sophie
die Jalousien runtermachen konnte. Und Ingeborg beugte
sich auch wieder über ihren Brief. Angeblich Messehostess
war diese Sophie, lächerlich, dass konnte ihr niemand weismachen.
Manuela saß mit verquollenem Gesicht am PC und chattete.
"Was ist los" wollte jemand wissen. "Ich
halte es nicht mehr aus" schrieb sie, "was ist
passiert" "sie hetzt meinen Sohn gegen mich auf
und mein Mann steht mir nicht bei" antwortete sie
"ich halte diese Situation nicht mehr aus." Die
Antwort, die kam war einleuchtend "Du brauchst dringend
Hilfe, denn so geht es nicht weiter." Ja, dachte sie
düster, so ging es wirklich nicht weiter. Bald würde Weihnachten
sein, und ihr Blumenladen würde noch mehr Aufträge bekommen,
das bedeutete, das sie noch länger arbeiten und noch mehr
auf Ingeborg angewiesen sein würde. Seit Januar 2004 wohnte
diese Frau bei ihnen, und sie wusste es, irgendwann konnte
sie sich nicht mehr beherrschen. Aber was konnte sie tun?
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